Gestohlene Geigen, verlorene Celli: Instrumente und ihr Verschwinden
Von Dieben gestohlen, im Taxi vergessen oder achtlos aufs Autodach gelegt: Viele Instrumente haben eine bewegte Geschichte und oftmals einen unschätzbaren Wert. Das wussten auch die Nazis. Allein in Paris beschlagnahmten sie 8.000 Klaviere.
Für vier Millionen Dollar erstand Violonist Joshua Bell 2001 eine Stradivari. Die Geige hat eine wechselvolle Vergangenheit. Zweimal schon wurde sie gestohlen. Einmal 1919 aus dem Wiener Hotel Imperial, wo der damalige Besitzer Bronislaw Huberman während einer Tournee abgestiegen war. Damals brachte ihm die Polizei das Instrument drei Tage später zurück. Ein zweites Mal im Februar 1936 in New York, als Huberman in der Carnegie Hall spielte und die Violine aus seiner Garderobe verschwand.
Angeblich hat Huberman sehr gelassen auf den Diebstahl reagiert. Seine Geige war ja mit 8.000 Pfund versichert. Damals viel Geld. Bei den heutigen Preisen wie den vier Millionen Dollar, die Bell für die Stardivari zahlte, würde das allerdings lange nicht mehr reichen.
Denn diese Werte locken Kriminelle an. Deshalb ist allein die Liste mit gestohlenen Stradivari ziemlich lang. Zu den Beklauten gehören berühmte Geiger wie etwa Igor Oistrach, Eugene Ysaye oder Pierre Amoyal, der 1991 sogar ein Lösegeld an die Diebe gezahlt hat, um seine Luxusvioline zurückzukriegen, vier Jahre nach dem Diebstahl.
Cellist Yo-Yo Ma vergaß sein Instrument im Taxi
Um das Geschäft für Diebe zu erschweren und möglichst viele der guten Stücke wiederzufinden, warnt die Deutsche Musik- und Orchestervereinigung unisono auf ihrer Website vor dem Kauf bestimmter Instrumente, die dort als gestohlen gemeldet sind.
Manchmal kommen sie aber auch abhanden, ohne dass kriminelle Energie dahinter steckt. Yo-Yo Ma hat sein Stradivarius-Cello zum Beispiel mal in New York im Taxi vergessen und zum Glück einen Tag später wieder in den Händen gehabt. In Los Angeles hat jemand sein Instrument aufs Autodach gepackt und dort liegen gelassen. Es ist im Straßengraben gelandet, wo eine Amateurgeigerin die Stradivari gefunden und für sich behalten hat.
Diese Liebhaberin konnte das Instrument wenigstens wertschätzen und den Klang genießen. Das ist keine Selbstverständlichkeit. Ein kostbares Stradivari-Cello wäre mal fast unter der Säge gelandet. Der Freund der Finderin, ein Tischler, wollte ihr aus dem Holz ein CD-Regal zimmern.
Streichinstrumente sind offenbar besonders gefährdet. Aber die Geschichte über vermisste, verlorene und gestohlene Instrumente umfasst so ziemlich alle Gattungen, von der Querflöte über das Saxofon bis zur Westerngitarre, wie die Liste auf der Website von Unisono zeigt.
Gezielte Instrumentenraubzüge in der NS-Zeit
Besonders dunkel ist das Kapitel Instrumentenraub in der Nazizeit. Die Deutschen hatten eigens einen "Sonderstab Musik" eingerichtet, zu dessen Hauptaufgabe es gehörte, jüdisches Eigentum zu konfiszieren. Nach der Besetzung Frankreichs 1940 wurden alleine in Paris während der organisierten Plünderungen 8.000 Klaviere von jüdischen Familien abtransportiert. Und diese Klaviere sind nur ein Bruchteil aller damals geraubten Instrumente. Die Organisation Musique et spoliations hat sich zur Aufgabe gemacht, ihren Spuren nachzugehen.
Diese Massenplünderungen sind lange vorbei. Aber es gibt auch heute noch professionell ausgeführte Raubzüge. Wie erst im August 2023. Da haben Diebe aus der St. Marien-Kirche in Zahna in Sachsen-Anhalt eine ganze Truhenorgel geklaut.