Sammlung Wallmoden: Erbprinz Ernst August will Skulpturen zurück
Die Sammlung Wallmoden ist die älteste private Sammlung antiker Skulpturen in Deutschland. Beherbergt ist sie seit 44 Jahren an der Uni Göttingen. Nun will ihr Besitzer, Erbprinz Ernst August von Hannover, die über 2.000 Jahre alten Stücke zurückhaben.
Hinter einer unscheinbaren weißen Tür im altehrwürdigen Gebäude der Archäologie an der Uni Göttingen verbirgt sich ein kultureller Schatz von immensem Wert. Zumindest noch. Hier, im 2. Stock der Archäologie, lagert die Sammlung Wallmoden. Sie gehört dem Erbprinzen Ernst August von Hannover, einem Nachkommen des englischen Königshauses. Und der möchte seine Sammlung nach fast einem halben Jahrhundert wieder haben - nur warum? Das weiß niemand, nicht einmal der Direktor des archäologischen Instituts, Johannes Bergemann: "Das entzieht sich letztendlich unserer Kenntnis, das können wir nur erahnen - und selbst da haben wir nur wenige Anhaltspunkte."
Wallmoden-Sammlung: Römische Kaiser, antike Götter
Die Sammlung besteht aus über 50 Figuren, Skulpturen und Büsten, darunter Römische Kaiser und antike Götter. 1765 wurde sie von Johann-Ludwig von Wallmoden erstellt, erklärt Bergemann: "Der Sammler, Graf Wallmoden, war ein Sohn des englischen Königs Georg des II., der zugleich die Universität Göttingen gegründet hatte. Bei seinem Sammeln war er in Kontakt mit den Wissenschaftlern seiner Zeit, unter anderem mit Christian Gottlob Heine, der hier in Göttingen das Fach Archäologie mit begründet hat. Deshalb hat es sehr gut gepasst, dass diese Sammlung in Göttingen ist."
Schon Graf Wallmoden hatte seine Sammlung ausgestellt
Den verschlungenen Weg der Antikensammlung ins beschauliche Göttingen kennt Daniel Graepler. Er kümmert sich seit 1999 um die Sammlungen der Göttinger Archäologie. "Erstmal hat sich Wallmoden entschieden, nicht nach England zurückzukehren, sondern nach Hannover zu gehen", erklärt Graepler. "Er hat sich dort ein kleines Schloss gebaut, das es heute noch gibt: das jetzige Wilhelm-Busch-Museum. Dort hat er die Sachen auch für die Öffentlichkeit ausgestellt. Er ist dann 1811 ziemlich verschuldet gestorben, so dass die Dinge verkauft wurden an das Königshaus - die Welfenfamilie, die ja heute noch existiert."
Großes Bedauern bei den Experten
Nach einem Erbstreit über die Sammlung und einer kurzen Zeit auf dem Schloss Marienburg entdeckte 1979 der Göttinger Professor Klaus Fitschen die Sammlung und organisierte zunächst eine Sonderausstellung, aus der später eine Dauerausstellung werden sollte. Und die gibt es jetzt seit 44 Jahren in Göttingen, wo sie geliebt und geschätzt wird. Dass der Erbprinz sie nun ohne Begründung wieder haben will, versteht hier niemand so richtig. Sie ist fester Bestandteil des Lehr- und Forschungsbetriebs und in den Augen der Archäologie nicht mehr wegzudenken aus der südniedersächsischen Universitätsstadt, allein schon wegen der vielen Göttingen-Bezüge der Sammlung. "Natürlich könnte die Sammlung auch irgendwo anders in Niedersachsen stehen", so Bergemann. "Aber es ist eben ein landeshistorisches Monument für das Königreich Hannover und insofern passte das so gut hierher."
Auch Graepler ist traurig über den Wegfall der Sammlung und betont die Wichtigkeit für den Forschungsbetrieb: "Wie man sich denken kann, fühle ich da ein großes Bedauern, weil sie hier so nützlich war. So geht ein Stück unserer Grundarbeit, die wir hier leisten, verloren."
Letzte Besichtigung am 28. Mai möglich
Es scheint, als ließe sich der Erbprinz von Hannover nicht mehr davon abbringen, seine Skulpturen erst einmal der Öffentlichkeit zu entziehen. Und das, obwohl es dem Grafen Wallmoden damals so wichtig war, dass seine Skulpturen der Öffentlichkeit zugänglich sind. Der Speditionstermin ist schon gebucht. Am 28. Mai kann die Sammlung ein letztes Mal besichtigt werden.