Die Co-Direktorin der Kunsthalle Osnabrück, Juliane Schickedanz, die Kuratorin Anna Holms und der CDU-Fraktionsvorsitzende Marius Keite vor einem überdimensionalem Meerschweinchen, einem Kunstwerk von Sophia Süßmilch in der Kunsthalle Osnabrück © NDR Foto: Göran Theo Ladewig
Die Co-Direktorin der Kunsthalle Osnabrück, Juliane Schickedanz, die Kuratorin Anna Holms und der CDU-Fraktionsvorsitzende Marius Keite vor einem überdimensionalem Meerschweinchen, einem Kunstwerk von Sophia Süßmilch in der Kunsthalle Osnabrück © NDR Foto: Göran Theo Ladewig
Die Co-Direktorin der Kunsthalle Osnabrück, Juliane Schickedanz, die Kuratorin Anna Holms und der CDU-Fraktionsvorsitzende Marius Keite vor einem überdimensionalem Meerschweinchen, einem Kunstwerk von Sophia Süßmilch in der Kunsthalle Osnabrück © NDR Foto: Göran Theo Ladewig
AUDIO: Streit um Osnabrücker Ausstellung: Nun kam's zum Austausch (3 Min)

Streit um Osnabrücker Ausstellung: Nun kam's zum Austausch

Stand: 27.06.2024 12:36 Uhr

Die Osnabrücker CDU hatte zum Boykott der Schau von Sophia Süßmilch aufgerufen. Nun schaute sich der Fraktionsvorsitzende Marius Keite sie erstmals an. Bei seiner Warnung bleibt er trotzdem.

von Göran Theo Ladewig

CDU-Mann Marius Keite steht im Foyer der Kunsthalle zusammen mit Kuratorin Anna Holms und Museumsdirektorin Juliane Schickedanz. Die räumt direkt am Anfang mit dem nach ihrer Ansicht größten Missverständnis auf: Kannibalismus sei nicht Kern der Ausstellung. Stattdessen gehe es darum, wie Mütter sich um ihre Kinder sorgen.

"Der Kannibalismus ist ein Mittel, um diesen Gedanken quasi künstlerisch vorzutragen und auch nochmal künstlerisch vielleicht drastisch zu unterstreichen", erklärt Schickedanz. Da gehe es um die Frage, ob es vielleicht auch ein Akt der Fürsorge ist, wenn Mütter ihre Kinder essen, um sie vor der Welt zu bewahren.

In der entweihten Kirche ertönen "Kannibalistische Choräle"

Wie dieser Kannibalismus dargestellt wird, ist in der Ausstellung in einer entweihten Kirche zu sehen. In der Mitte hängt ein überlebensgroßes Modell eines nackten Meerschweinchens. Und ein Piano spielt wie von Geisterhand die eigens komponierten "Kannibalistischen Choräle".

Ganz schön explizit - und Kindern nicht zumutbar, findet der CDU-Politiker. Genau die könnten sich aber eingeladen fühlen vom Titel der Ausstellung: "Kinder, hört mal alle her!"

Weitere Informationen
Marius Keite von der CDU Osnabrück kritisiert eine neue Ausstellung der Osnabrücker Kunsthalle zum Thema Mutterschaft und Geburt. © Screenshot
2 Min

CDU kritisiert neue Ausstellung der Osnabrücker Kunsthalle

Die Kritik richtet sich an die Performance-Kunst von Sophia Süßmilch. Die Grünen appellieren an die Kunstfreiheit. 2 Min

Keite sorgt sich um Kinder und Jugendliche, die ohne Begleitung die Ausstellung besuchen. Eine Sorge, die Juliane Schickedanz sofort zerstreuen kann: "Kinder und Jugendliche unter 16 Jahre ohne Begleitung ihrer Eltern dürfen in die Ausstellung nicht rein", erklärt sie dem Politiker.

Marius Keite bleibt bei seiner Warnung

Und auch Erwachsene würden nicht allein gelassen mit diesen Ausstellungsstücken, die manchen Betrachter überfordern könnten. Schon am Eingang und am Infocounter weisen Museumsmitarbeitende auf die expliziten Inhalte hin, verteilen Raumpläne mit ausführlichen Texten in einfacher Sprache. "Die erläutern: Was sehen Sie in der Ausstellung? Und dann gibt es natürlich immer noch eine Dialogbereitschaft und eine Einladung zu den Führungen, wenn man mehr erfahren möchte", erklärt Musuemsdirektorin Schickedanz.

CDU-Mann Keite schaut sich all das an, oft mit skeptischem Blick. Er schätzt den Austausch, sagt er - bleibt aber schlussendlich bei seiner Meinung und erneuert den Aufruf an die Osnabrücker, die Ausstellung nicht zu besuchen. "Das bleibt aufrecht", sagt er entschieden und betont zugleich, dass er nie zu einem Verbot aufgerufen habe. "Aber ich kann jede Familie verstehen, die sagt: Sie geht nicht in die Ausstellung."

Marius Keite ist Fraktionsvorsitzender der CDU im Osnabrücker Stadtrat. Er hatte eine Pressemitteilung herausgegeben mit Kritik in markigen Worten. Angesehen hat er sich die Ausstellung erst jetzt - eineinhalb Wochen später. Zu spät, das warf ihm die Künstlerin Sophia Süßmilch vor.

Weitere Informationen
Sophia Süßmilch © Apollonia T. Bitzan Foto: Apollonia T. Bitzan

Künstlerin Sophia Süßmilch: Vorwürfe der CDU unhaltbar

Süßmilch äußert sich im Interview zu der Forderung der CDU, die Ausstellung zu schließen. mehr

Noch einen Vorwurf hatte die Künstlerin im Interview mit NDR Kultur erhoben: Marius Keite gehe es gar nicht um die Ausstellung. Vielmehr wolle er die Kunsthalle abschaffen.

"Ich weiß nicht, wo Frau Süßmilch das an der Stelle hergenommen hat. Wir haben durchaus gesagt, dass wir das Konzept weiterentwickeln möchten, aber wir haben keinesfalls irgendwo gesagt, dass wir die Kunsthalle abschaffen wollen", erklärt Keite.

Eine alte Debatte. Die CDU in Osnabrück fordert schon seit längerem, die Kunsthalle für ein breiteres Publikum attraktiv zu machen. Nun ist die Debatte wieder entflammt. Der direkte Dialog darüber ist wichtig, darin waren sich beim Ortstermin alle einig.

 

Weitere Informationen
Sophie Süßmilch steht neben einem ihrer Kunstwerke: Eine organisch wirkende, fleischfarbene Skulptur eines Wesens, das an Stahlringen von der Decke hängt. © Screenshot
1 Min

Osnabrück: Künstlerin Süßmilch bekommt Morddrohungen

Die Künstlerin sieht sich nach der Kritik an ihrer Performance in der Kunsthalle vielen Beleidigungen und Bedrohungen ausgesetzt. 1 Min

Buch-Cover: Jana Heinicke: "Aus dem Bauch heraus" © Penguin

Jana Heinicke: "Hätte gerne vieles vor der Schwangerschaft gewusst"

Als Jana Heinicke Mutter wird, ist einiges anders als in ihrer Vorstellung. Darüber hat sie das Buch "Aus dem Bauch heraus" geschrieben. mehr

Dieses Thema im Programm:

NDR Kultur | Der Morgen | 26.06.2024 | 07:20 Uhr

Schlagwörter zu diesem Artikel

Ausstellungen

Eine Frau sitzt auf einem Stuhl und lächelt in die Kamera. Neben ihr stehen die Worte "Die Hauda & die Kunst" © NDR/ Flow

Kunstwissen to go - serviert von Bianca Hauda

Bianca Hauda serviert Kunstwissen in kleinen Happen: Porträts von Künstler*innen, deren Bilder und Werke in deutschen Museen zu sehen sind. mehr

Der Arm einer Frau bedient einen Laptop, der auf einem Tisch in einem Garten steht, während die andere Hand einen Becher hält. © picture alliance / Westend61 | Svetlana Karner

Abonnieren Sie den NDR Kultur Newsletter

NDR Kultur informiert alle Kulturinteressierten mit einem E-Mail-Newsletter über herausragende Sendungen, Veranstaltungen und die Angebote der Kulturpartner. Melden Sie sich hier an! mehr

NDR Kultur App Bewerbung

Die NDR Kultur App - kostenlos im Store!

NDR Kultur können Sie jetzt immer bei sich haben - Livestream, exklusive Gewinnspiele und der direkte Draht ins Studio mit dem Messenger. mehr

Mehr Kultur

Lärz: An der Turmbühne, der größten Bühne auf dem ehemaligen russischen Militärflugplatz, tanzen Teilnehmer des Festivals "Plan:et C-alpha" © dpa-Bildfunk Foto: Bernd Wüstneck

Fusion Festival: Erste gefährliche Pillen im Drogencheck entdeckt

In diesem Jahr ist erstmals ein mobiles Labor der Unimedizin Rostock auf dem Gelände im Einsatz, das anonym Drogen checkt und die Besucher sofort warnt. mehr