Generationenwechsel im Museum: Was machen die Jüngeren anders?
Was bedeutet ein Generationenwechsel in der Kulturlandschaft? Das zeigt Anne Gemeinhardt. Die 42-Jährige Historikerin ist seit einem halben Jahr Direktorin bei den Museen für Kulturgeschichte Hannover, es ist der ersten Wechsel auf diesem Posten seit 25 Jahren.
"Das ist in der Karmaschstraße 40. Das wird unser Interims-Standort mit dem Historischen Museum." Anne Gemeinhardt steht in ihrem Büro vor einer breiten, blauen Pinnwand. In der Mitte hängt der Grundriss eines Gebäudes in der Innenstadt Hannovers. Während das Historische Museum renoviert wird, soll hier auf 300 Quadratmetern Geschichte erlebbar werden. Auf ovalen Karteikarten drumherum pinnen Wörter wie "Veranstaltung", "Wechselfläche" und "Zeitstrahl" - dazwischen kleine Bilder von Exponaten.
Neue Generation, neue Routinen
"Als ich hier anfing, wurde ich gefragt, was ich als Büroausstattung brauche", erzählt Gemeinhardt. "Ich habe gesagt, als erstes brauche ich eine ganz große Pinnwand, denn ich arbeite sehr visuell. Man kann das heutzutage natürlich auch alles digital machen, aber ich habe das gerne im Raum auf Karten, was mich gerade beschäftigt, was ich so mitnehme aus Meetings. Wir arbeiten jetzt auch häufig sehr stark in unseren Routinen."
Eine neue Generation mit neuen Routinen hat übernommen, eine Frau statt eines Mannes leitet jetzt das Historische Museum Hannover, das Museum August Kestner sowie das Museum Schloss Herrenhausen. Wie kommuniziert wird und Entscheidungen getroffen werden, das habe sich verändert. Eine Umstellung für die Mitarbeitenden, sagt Anne Gemeinhardt:
"Ich glaube, dass es für die Mitarbeitenden am Anfang manchmal etwas ungewöhnlich war, wie stark ich versuche, Entscheidungen gemeinsam zu treffen, und dass das nicht immer bequem ist." Klassischerweise erwarte man natürlich von der Führungskraft: Wenn es unbequem ist, dann entscheidet die Führungskraft. "Und natürlich entscheide ich auch. Ich halte auch hinterher den Kopf hin, wenn es vielleicht die falsche Entscheidung ist. Aber ich versuche, möglichst alle mitzunehmen in diesen Entscheidungsprozess."
Frischer Wind für die Museen für Kulturgeschichte Hannover
Stärker teamorientiert zu arbeiten, das habe auch mit einer veränderten Arbeitsweise der Museen zu tun. Statt Welterklärer zu sein und vorhandenes Wissen zu vermitteln, gehe es heute auch ums Zuhören, um Partizipation und darum, dem Publikum auf Augenhöhe zu begegnen. Doch nicht nur der Generationenwechsel, sondern auch die persönlichen Erfahrungen spielten eine Rolle, sagt Anne Gemeinhardt, die zuletzt am Historischen Museum Frankfurt den Bereich Bildung und Vermittlung geleitet hat.
"Mir ist es in der Tat immer wichtig, Brücken zu schlagen - also Brücken zwischen den Generationen, zwischen den Wissenschaftler*innen und den Besuchern da draußen", so Gemeinhardt. "Insofern arbeite ich mich jetzt vielleicht weniger an einem Beispiel ab, wie ich es anders machen würde, sondern es kommt sozusagen einfach aus meiner Tätigkeit heraus."
25 Jahre lang hat Thomas Schwark vor Anne Gemeinhardt die Museen für Kulturgeschichte Hannover geleitet - eine Zeitspanne, die man gemeinhin als Generation bezeichnet. Von einem Generationenwechsel zu sprechen, ist also legitim und gewollt, auch von seiner Seite. "Was ich von ihm mitgenommen habe, ist das gute Gefühl, dass auch er sagte: Das kommt jetzt auch genau zur richtigen Zeit, dieser Wechsel", erzählt Gemeinhardt. "Es ist jetzt auch Zeit, dass jemand Jüngeres, jemand Neues, jemand auch von außerhalb kommt und da wieder frischen Wind rein bringt.