Tabu-Bruch der stärkt: Kunst zum Thema Tod
"Leben mit dem Tod" heißt die neue Ausstellung im Rostocker Waldemarhof. Mitten in dem interkulturellen Zentrum, Tür an Tür mit einem Kindergarten, geht es um das Lebensende und alles, was dazu gehört.
Plastiken zum Thema Tod, eine Schautafel über die Wege eines Leichnams in unterschiedlichen Kulturen, Bilder. Die Sozialpädagogin Stefanie Müller vom Künstlerisch Kreativen Treff im Stadtteil sieht sich zufrieden im großen Saal des Waldemarhofs um. Vor einem Jahr hat sie im Berliner Humboldt Forum die Ausstellung "Unendlich" gesehen, die sich zum Ziel gesetzt hatte, das Sterben aus der Tabu-Zone zu holen. Nachdem diese sehr erfolgreich war, schmiedete die Rostockerin den Plan, selber etwas Ähnliches auf die Beine zu stellen: "Ich weiß, dass die ganz große Anfragen dazu hatten, sogar weltweit, bis nach Australien. Das war ganz interessant, da war ich auch wirklich begeistert, dass das so weite Kreise zieht und wir haben gedacht, wir fragen auch einen Teil für uns davon an - und das haben wir auch bekommen."
Kunstwerke, die Kraft geben
Zusätzlich zu den Stücken aus Berlin haben Künstler*innen aus dem Stadtteil Ausstellungsstücke geschaffen - einen Grabstein, auf dem als letzter Wille der Wunsch nach einem legalen Parkplatz eingemeißelt ist, ein Mobile der abgegebenen Löffel, und es gibt eine sogenannte Trauermauer, die Birgit Kobert vom ambulanten Hospiz- und Kinderhospizdienst mitgebracht hat. Sie besteht aus Pappkartons mit Texten, Bildern und Erinnerungsstücken, gestaltet von Trauernden und auch von den ehrenamtlichen Mitarbeiter*innen, die damit ihre Erlebnisse verarbeiten.
"Sie steht normalerweise bei uns im Büro", erzählt Birgit Kobert. "Es gibt auch Kartons, die ich angefertigt habe. Das ist das Schöne: Es gibt Tage, da habe ich das Bedürfnis, mich vor einen gewissen Karton zu stellen, einen Moment Ruhe zu haben, mich an diejenige oder denjenigen zu erinnern. Das gibt mir auch Kraft."
Was passiert mit der Asche?
Den Tod als einen Teil des Lebens begreifbar zu machen, das ist das zentrale Anliegen der Ausstellungsmacher*innen. Im Vorfeld haben sie auch mit den Vorschulkindern von nebenan gesprochen: "Glaubt ihr eigentlich, dass das normal ist, wenn man stirbt?" Ein Kind meldet sich: "Ja, das ist normal, wenn man alt wird, stirbt man auch irgendwann." Die Kinder kennen sich bestens aus, auch mit dem Thema Beerdigung sind viele schon vertraut: "Da wird man in den Sarg gesteckt und dann wird man unter der Erde einfach begraben." Ein anderes Kind weiß: "Dann ist man zu Asche geworden." Auch wo die Asche dann hinkommt, wissen die Kinder: "Dann macht man das in ein Glas oder einen Topf." Man könne sie auch ins Meer kippen, meldet sich ein weiteres Kind.
Nicht für alle ist die Ausstellung geeignet
Eine Unbefangenheit, die sich Stefanie Müller auch von Erwachsenen wünschen würde. Wobei schon das Gespräch im Hause gezeigt hat, dass das nicht so einfach ist: "Die Kollegen von Dien Hong meinten beispielsweise: Wir müssen mal sehen, ob wir in eure Ausstellung gehen können. Denn die haben natürlich auch Menschen da, die aus Flüchtlingsgebieten kommen, also damit durchaus sehr deutlich konfrontiert waren. Und es ist gar nicht so klar, ob die sich mit diesem Thema heute und morgen auseinandersetzen können und wollen, weil sie teilweise traumatisiert sind." Die Gesellschaft für Gesundheit und Pädagogik, zu der die Einrichtung gehört, plant für den September eine weitere Veranstaltung, dann zur Suizidprävention.
"Leben mit dem Tod", die Ausstellung ist noch bis zum 20. Juni täglich von 10 bis 17 Uhr im Waldemarhof zu sehen - begleitet von Lesungen, Filmvorführungen und Gesprächsrunden.