Die verlorene Pracht Ägyptens auf Schloss Hohenzieritz
Seit Jahrhunderten geht von dem Land am Nil eine Faszination aus - auch in Mecklenburg. Das Schloss Hohenzieritz beherbergte einst einen Ägyptischen Saal. Der symbolisierte auch den Herrschaftsanspruch im Sinne der Freimaurer.
Orientalische Skulpturen, das Relief einer Sphinx, hunderte Hieroglyphen: Der Ägyptische Saal von Schloss Hohenzieritz - das zeigen alte Fotos - war aufwendig gestaltet. "Wahrscheinlich war das Deckenbild in Blautönen, die Wände leuchtend grün mit den Naturmotiven. Das kann ich mir schon gut vorstellen", sagt die Kunsthistorikerin Friederike Werner und zeigt auf die kahle Decke und weiße Wände.
Der einst herrlich dekorierte Saal ist heute ein schlichter Tagungsraum. "Bis 1945 war er tatsächlich noch so, wie wir ihn auf den Fotografien kennen, mit den Wandmalereien", erzählt Susanne Bocher, Leiterin der Luise-Gedenkstätte im Schloss Hohenzieritz. Durch die Nutzung des Schlosses als Dorfkonsum, Kindergarten und Verwaltungssitz zu DDR-Zeiten sei nahezu alles verloren.
"Das ist natürlich ein großer Kulturverlust. Wir sind ja froh, dass es die Fotografien noch gibt, dass man mal sieht, wie dieser Raum ausgesehen hat. Es ist natürlich ein absolutes Unikat", sagt Susanne Bocher.
Das sieht auch die aus der ZDF-Sendung "Bares für Rares" bekannte Expertin Friederike Werner so. Die promovierte Ägyptologin hat in den vergangenen sieben Jahren Geschichte und Bedeutung des Ägyptischen Saals erforscht und nun ein spannendes, reich illustriertes Buch ("Das ägyptische Geheimnis ", Verlagsgruppe arts + science weimar) veröffentlicht.
Das Wissen der Besucherinnen und Besucher testen
Darin beschäftigt sie sich auch mit den Hunderten Hieroglyphen, die den Saal schmückten. Einige wenige sind noch in einer Ecke zu sehen. Darunter ein Delphin, eine Sonne und eine Zimmermannsaxt - 230 Jahre alt. "Man wollte den Besucher, der hier reinkam, wohl herausfordern - nach dem Motto, ob der Besucher durch sein Wissen oder durch Kontemplation dahinterkommt, was hier steht", erklärt die Kunsthistorikerin Werner.
Für sie ist Schloss Hohenzieritz ein besonderer, ein geheimnisvoller Ort, ein "verhüllter Tempel". "Wir sehen ja auch hier, dass dieser Saal im Obergeschoss ist. Er ist nicht so einfach zugänglich und von außen kommt niemand auf die Idee, dass es hier ein ägyptisches Thema gibt", sagt sie. Von außen erkenne man nur die gewohnte klassizistische Fassade eines Schlosses.
Geschaffen wurde der Saal 1795 von Carl II., Herzog - später Großherzog - von Mecklenburg-Strelitz. Er war aktiver Freimaurer. Der Geheimbund und seine Mitglieder verstanden sich als Suchende nach der ewigen Wahrheit. Sie beriefen sich auf Symbole des Alten Ägyptens. Auf die Göttin Isis und den Totengott Osiris. So wie in Mozarts fast zeitgleich entstandener "Zauberflöte", die als "Freimaurer-Oper" gilt und den Ägyptenkult am Ende des 18. Jahrhunderts illustriert.
Herrschaftsanspruch des Adels und der Freimaurer
"In dieser Zeit haben auch die Freimaurer ganz großes Interesse am Alten Ägypten, weil man sich auf die Weisheit der Priesterschaft berief. Und welcher Mensch möchte nicht in Geheimnisse eingeweiht werden?", führt Friederike Werner aus. Hinzu sei ein Herrschaftsanspruch des Adels gekommen, der mit einem Rückgriff auf die alte Geschichte untermauert worden sei. Am Ägyptische Saal in Hohenzieritz zeige sich das.
"Die Herrscher verbinden sich gedanklich mit den Pharaonen. Das ist der Rückbezug. Man träumt von einer ewigen Herrschaft, wie es in Ägypten möglich war. Was da genau vonstattenging, ob es dazu Rituale gab, das wissen wir nicht. Und wir dürfen auch letzten Endes nicht das gesamte Geheimnis entschleiern", sagt Werner weiter.
Viele neue Erkenntnisse dank Friederike Werner
Für die Hohenzieritzer Schloss-Direktorin Susanne Bocher haben sich durch die Forschungsarbeit trotzdem viele Frage geklärt. "Man wusste, dass es fiktive Hieroglyphen waren, weil man ja damals noch nicht die Hieroglyphen entziffern konnte. Aber viel mehr war über den Hintergrund nicht bekannt." Entsprechend spannend sei es nun, dass alles von einer Fachfrau wie Friederike Werner wissenschaftlich aufgearbeitet zu bekommen.
Der Ägyptische Saal von Hohenzieritz ist ein Ort, der weit über Mecklenburg hinaus bedeutend sei, sagt die Kunsthistorikerin Friederike Werner. Sie hofft, dass er irgendwann wieder im alten Glanz erstrahlt.