Stand: 25.04.2023 17:54 Uhr

"Secret of Light": Magische Fotos von Ralph Gibson in Hamburg

von Kerry Rügemer

Die Deichtorhallen zeigen den Werdegang Ralph Gibsons zu einem der bedeutendsten Fotografen Nordamerikas. Die umfassendste Schau des Fotografen überhaupt mit rund 300 Werken von den 1960ern bis heute.

Der Korpus einer Gitarre mit einer Hand, die die Saiten zupft, dahinter ein geflochtenes Babybett. Fast schemenhaft, wie ein Schatten, streckt sich daraus eine winzige Kinderhand empor. Dieses Foto ist eines der frühen Bilder Ralph Gibsons aus den 60er Jahren. Damals war der bei der Navy zum Fotografen ausgebildete Künstler noch Dokumentarfotograf, erzählt er. "Fotografie hat mir schon immer die Möglichkeit geboten, meine Wahrnehmung der Welt auszuloten. Das, was ich durch den Sucher meiner Kamera sehe, ist echt."

Surrealistische Serie:" Der Schlafwandler"

Ab 1970 wandte sich Gibson einer ganz neuen Art der Fotografie zu: Mit der Serie "Der Schlafwandler" werden seine Fotos fast surrealistisch, magisch und geheimnisvoll. Eine halb geöffnete Tür, durch die das Licht auf den Holzboden fällt – auch hier wieder eine Hand, die strahlend beleuchtet nach dem Türknauf greift. Dieses Foto zeigt genau das, wofür Gibson seit dieser Serie so bekannt ist: Fragmente von Körpern, manchmal Gegenstände, von denen man nur ihre Form wahrnimmt, extreme Kontraste zwischen schwarz und weiß, Licht und Schatten. "Für mich ist Licht etwas absolut Perfektes. Wie das Wetter. Das Wetter ist immer perfekt. Es ist ein Zustand, der nicht verhandelbar ist. Es ist, was es ist – unabhängig von unserem Einfluss. Das Licht ist immer perfekt!"

Statistenrollen in Hitchcock-Filmen

Licht faszinierte Gibson schon als Kind, als er in der glamourösen Filmwelt Hollywoods der 40er und 50er Jahre groß wurde. Sein Vater war Regieassistent bei Alfred Hitchcock, in dessen Filmen Ralph Gibson manchmal Statistenrollen übernahm. Die riesigen Scheinwerfer damals beeindruckten ihn zutiefst: "Ich fand die heiß strahlenden Scheinwerfer toll! Diese ganzen Kontraste von schwarz und weiß! Damals entschied ich mich tief in meinem Unterbewusstsein, Fotograf zu werden."

Weitere Informationen
Ein weinendes Gesicht im Eis. © Ragnar Axelsson

Wo die Welt schmilzt: Weinende Gesichter im Eis

Ragnar Axelsson fotografiert seit Jahrzehnten in der Arktis. Die Deichtorhallen präsentieren seine Fotos in "Where the World is melting". mehr

"Zeichner mit Licht" in den Deichtorhallen

Ralph Gibson zeichnet in seinen Fotos geradezu mit Licht. Geschichten zu erzählen oder die Realität zu dokumentieren – das interessiert ihn dabei nicht. Seine Werke jenseits der konventionellen Fotografie sind ästhetisch, oft fast grafisch. "Ich bin kein Geschichtenerzähler – ich bin Formalist!", betont er.

Strukturen und Formen fotografiert er oft nur in Ausschnitten: den karierten Hosenbund am nackten Bauch, ein zu eng geknöpftes Jacket, dessen gequälter Stoff Dreiecke bildet. In seiner Serie "Nudes" von nackten Frauenkörper geht es nicht um die Körper selbst. Auch hier manchmal kaum zu begreifende Ausschnitte, wie die zarten Schlüsselbeine mit dem Halsansatz in nuancierten Grautönen. "Ich bin nicht mehr so an den Motiven interessiert, sondern daran, welchen Affekt das Foto auf den Betrachter hat", erklärt er.

Ralph Gibson mit größter Schau in Hamburg

Mit rund 250 Fotos aus Gibsons Privatbesitz und knapp 60 aus der Sammlung F. C. Gundlachs aus den Deichtorhallen ist die Ausstellung die umfassendste Schau des 84-jährigen Fotografen überhaupt. Sie ist beeindruckend und lässt Besucherinnen und Besucher in eine faszinierende Welt von Kontrasten und Formen eintauchen, die eine magische, traumhafte Realität entstehen lassen.

"Secret of Light": Magische Fotos von Ralph Gibson in Hamburg

Der Fotograf zählt zu den bedeutendsten Nordamerikas. Rund 300 seiner Werke sind jetzt in den Deichtorhallen zu sehen.

Art:
Ausstellung
Datum:
Ende:
Ort:
Deichtorhallen - Halle für aktuelle Kunst
Deichtorstraße 1-2
20095  Hamburg
Öffnungszeiten:
Dienstag - Sonntag 11-18 Uhr
Jeden 1. Donnerstag im Monat 11-21 Uhr außer an Feiertagen
Montags geschlossen
In meinen Kalender eintragen

Dieses Thema im Programm:

NDR Kultur | Kulturjournal | 25.04.2023 | 19:30 Uhr

Schlagwörter zu diesem Artikel

Fotografie

Ein leerer Bilderahmen hinter Polizei-Absperrband. © NDR Foto: Foto: [M] Aleksandr Golubev | istockphoto, David Wall | Planpicture

Kunstverbrechen - True Crime meets Kultur

Lenore Lötsch und Torben Steenbuck rollen spektakuläre Kunstdiebstähle auf. Sie nehmen uns mit an Tatorte, treffen Zeugen und Experten. mehr

Eine Grafik zeigt einen Lorbeerkranz auf einem Podest vor einem roten Hintergrund. © NDR

Legenden von nebenan: Wer hat Ihren Ort geprägt?

NDR Kultur erzählt die Geschichte von Menschen, die in ihrer Umgebung bleibende Spuren hinterlassen haben - und setzt ihnen ein virtuelles Denkmal. mehr

Hände halten ein Smartphone auf dem der News-Channel von NDR Kultur zusehen ist © NDR.de

WhatsApp-Channel von NDR Kultur: So funktioniert's

Die Kultur Top-News aus Norddeutschland direkt aufs Smartphone: NDR Kultur ist bei WhatsApp mit einem eigenen Kanal aktiv. mehr

Der Arm einer Frau bedient einen Laptop, der auf einem Tisch in einem Garten steht, während die andere Hand einen Becher hält. © picture alliance / Westend61 | Svetlana Karner

Abonnieren Sie den NDR Kultur Newsletter

NDR Kultur informiert alle Kulturinteressierten mit einem E-Mail-Newsletter über herausragende Sendungen, Veranstaltungen und die Angebote der Kulturpartner. Melden Sie sich hier an! mehr

NDR Kultur App Bewerbung © NDR Kultur

Die NDR Kultur App - kostenlos im Store!

NDR Kultur können Sie jetzt immer bei sich haben - Livestream, exklusive Gewinnspiele und der direkte Draht ins Studio mit dem Messenger. mehr

Mehr Kultur

Ein Sänger steht auf einer Bühne, hält in einer Hand das Mikrofon und die andere ist nach oben gestreckt. © picture alliance / Gonzales Photo/Nikolaj Bransholm Foto: Gonzales Photo/Nikolaj Bransholm

Hurricane Festival: The Prodigy, Apache 207 und Sam Fender kommen 2025

Die englische Elektro-Punk-Band The Prodigy und ein Who-is-Who der deutschen Pop- und HipHop-Szene haben sich für 2025 angekündigt. mehr

Das Logo von #NDRfragt auf blauem Hintergrund. © NDR

Umfrage zum Fachkräftemangel: Müssen wir alle länger arbeiten?