Landesmuseen Schleswig-Holstein: Startschuss für den "Masterplan"
Seit Oktober ist Thorsten Sadowsky Chef der Landesmuseen Schleswig-Holstein. Im Interview spricht er über seine Pläne für das Museumsjahr 2023.
Herr Sadowsky, mit welchen Vorsätzen gehen Sie in dieses neue Museumsjahr als Direktor der Landesmuseen?
Thorsten Sadowsky: Wichtigster Punkt ist, dass wir die vielen Projekte, die wir uns vorgenommen haben, vor allen Dingen den Startschuss für den seit vielen Jahren in der Diskussion stehenden Masterplan, umsetzen.
Bei dem Masterplan geht es darum, die Verpackung, die Vermittlung der Ausstellungen zu modernisieren. Was heißt das konkret in unserer Zeit?
Sadowsky: Das heißt ganz konkret, dass sich einerseits die Bedürfnisse und die Sehgewohnheiten der Besuchenden geändert haben und dass sich Museen anstrengen müssen, dort auf dem aktuellen Stand zu bleiben. In Gottorf haben wir zwei Museen, die auf der Museumsinsel angesiedelt sind: das Museum für Archäologie und das Museum für Kunst- und Kulturgeschichte. An den dortigen Dauerausstellungen ist über Jahrzehnte wenig geändert worden, und da muss man in der Gegenwart ankommen, was die Vermittlung anbelangt. Das bedeutet, dass wir dort mit modernen Vermittlungsmedien stärker aktiv sind, dass die Ausstellungsobjekte neu inszeniert werden, und dass es vor allen Dingen geschlossene Narrative gibt. In Gottorf wird es auch darauf ankommen, dass sich die Archäologie und die Kunst- und Kulturgeschichte in ihren Erzählungen zusammenschließen. Es soll eine vielfältige Erzählung geben, aber trotzdem aus einer Hand oder aus einem Geist heraus entwickelt.
Auf der Museumsinsel Schloss Gottorf in Schleswig wird ein Erweiterungsbau entstehen - das Budget liegt mittlerweile bei 45 Millionen Euro. Wird das reichen bei den Preissteigerungen, die es im Moment gibt?
Sadowsky: Das kann man aus der jetzigen Situation nicht genau sagen. Der Masterplan ist in zwei Phasen eingeteilt: Es geht zunächst um den Erweiterungsbau und in einer zweiten Phase um das komplette Ausräumen des Schlosses und die anschließende Neueinrichtung der Dauerausstellung. Daran halten wir fest. Wir werden voraussichtlich in diesem Jahr beginnen können, wenn alle Bescheide vorliegen und wir das das Go bekommen, mit der Bauphase eins beginnen zu können. Und dann wird man sehen, wie weit man kommt. Uns ist es ganz wichtig, dass wir die Grundbedingungen herstellen, dass wir das Schloss über den Erweiterungsbau und über die Modernisierung im Inneren so herrichten können, dass wir die sehr komplexen Inhalte - das sind mehrere tausend Jahre Geschichte - angemessen vermitteln können. Wir sind zuversichtlich, dass uns das gelingen wird. Aber wir denken stärker in Prozessen und wissen, dass uns vielleicht nicht alles zu einem bestimmten Zeitpunkt gelingt. Aber wir werden grundsätzlich an der Idee der kompletten Erneuerung der Vermittlung und der Dauerausstellung auf Schloss Gottorf festhalten.
Die Landesmuseen haben eine gute Publikumsbilanz für 2022: Es gab gut 430.000 Besucherinnen und Besucher - im guten Vor-Corona-Jahr 2019 waren es 460.000. Wie erklären Sie sich das?
Sadowsky: Zum einen war das Wetter gut. Es gab aber darüber hinaus eine Sehnsucht, die Kulturinstitutionen wieder aufsuchen zu können.
Andere beschweren sich aber massiv - zum Beispiel Konzert- und Theaterveranstalter.
Sadowsky: Über die gesamte Stiftungslandschaft betrachtet hat einerseits das Wikinger Museum Haithabu gut gepunktet, was die Besucherzahlen anbelangt: Es gab viele Aktivitäten, die auch draußen an der frischen Luft stattfanden. Das Gleiche gilt für das Museum Molfsee, was als Museum, das sich in der freien Landschaft präsentiert, gewisse Vorteile hat. Außerdem hat auch der sommertouristische Aspekt eine Rolle gespielt. Innenräume haben es nach wie vor etwas schwerer. Darüber hinaus kommt es immer auch auf das spannende Programm an, was man anzubieten hat. Wir sind grundsätzlich ganz gut durch das letzte Jahr gekommen und sind motiviert, dass wir uns in 2023 noch steigern können. Das versuchen wir über besonders attraktive Sonderausstellungen zu erreichen.
Zum Beispiel die mit Christo- und Jeanne-Claude-Objekten und Geschichten über die Verpackungskünste der beiden. Ist es ein Teil dieser Idee, die Ausstellungsinhalte auch ein bisschen internationaler zu machen?
Sadowsky: Das ist ganz gewiss so. Nun ist diese Ausstellung vor meiner Zeit verabredet worden, aber ich stehe natürlich ganz und gar hinter so einer großartigen Präsentation. Das ist eine Kooperation mit dem Kunstpalast in Düsseldorf. Christo und Jeanne-Claude sind natürlich international hochrenommierte Künstler, und es passt gut zu unserem künftigen Profil, internationale Positionen wieder stärker nach Gottorf zu holen, gerade auch im Bereich der bildenden Kunst. Ich komme aus dem Bereich der Kunstmuseen und vertrete als Direktor auch das Museum für Kunst- und Kulturgeschichte im Stiftungsverband. Das ist für mich ein guter Start, dass wir mit so einer prominenten Ausstellung punkten können. Und natürlich auch mit einer großen Tagesaktualität: Unter den Projekten, die in der Ausstellung gezeigt werden, befindet sich auch das große Mastaba-Projekt, was Christo nicht hat realisieren können. Es besteht aus etwa 390.000 Ölfässern und ist als permanentes Werk in der Wüste von Abu Dhabi geplant. Das ist ein Projekt, an dem Christo zusammen mit Jeanne-Claude über Jahrzehnte gearbeitet hat und das hat einen sehr starken zeitaktuellen Bezug. Solche großartigen Projekte, die eine globale Implikation haben, das ist etwas, was wir künftig auf Gottorf häufiger sehen werden.
Das Interview führte Mischa Kreiskott.