Brand in Kopenhagen: Dänischer Historiker über Trümmer einer Ikone
Der dänische Neuzeithistoriker Karl Christian Lammers, der in Kopenhagen lehrt und lebt, erklärt im Gespräch mit NDR Kultur, welche Bedeutung das verbrannte historische Gebäude in Kopenhagen hat und was gerettet werden konnte.
Die Bilder erinnern an den Brand der Kathedrale Notre-Dame in Paris vor genau fünf Jahren: Am Dienstag ist in Kopenhagen die 400 Jahre alte Börse in Flammen aufgegangen. Arbeiter, Rettungskräfte und Anwohner versuchten gemeinsam, Kunstschätze aus dem historischen Gebäude zu retten. Inzwischen hat die Feuerwehr den Brand gelöscht. Die Ursache ist weiter unklar. Auch die Schadenshöhe steht noch nicht fest. Bis 1857 war dieses dänische Wahrzeichen mit dem charakteristischen spitzen Turm mit Drachenschwänzen ein Mittelpunkt des Handels. Ein Gespräch.
Mit welchem Gefühl schauen Sie auf die dramatischen Ereignisse gestern in Kopenhagen? Sind Sie nach so einem Tag heute anders aufgewacht als normalerweise?
Karl Christian Lammers: Die Sonne scheint, aber das Ereignis gestern fühlt sich immer noch wie eine große Katastrophe an. Denn die Börse war eines der ältesten und schönsten Gebäude in Kopenhagen. Für viele Dänen hat sie etwas Ikonisches an sich.
Was für eine historische Bedeutung hat dieses Gebäude?
Lammers: Sie ist in den 20er-Jahren des 17. Jahrhunderts von König Christian IV. beauftragt und vom holländischen Baumeister Hans van Steenwinkel gebaut worden. Sie wurde gebaut, um den Handel zu fördern. Ursprünglich gab es in dem Gebäude in zwei Stockwerken Läden, wo Dänen und andere Menschen einkaufen konnten.
Bis 1857 war sie ein Mittelpunkt des Handels. Erst danach wurde sie zur Börse. Das Gebäude ist im sogenannten niederländischen Renaissance-Stil gebaut worden. Außen sind Backsteine, im Inneren ist viel Holz und Kupfer verbaut. Das Dach ist aus Kupfer gemacht.
Welche architektonische Besonderheit hat die Börse?
Lammers: Es ist vor allem die Turmspitze, die aus den zusammengeschlungenen Schwänzen von vier Drachen besteht. Die ist leider gestern abgestürzt und zertrümmert worden. Das ist ein ikonischer Bau.
Wir haben die Aufnahmen gesehen von Freiwilligen, die aus dem brennenden Gebäude mehrere hundert Kunstwerke gerettet haben. Was waren das für Bilder?
Lammers: Es sind meistens Porträts von dänischen Leuten aus der Wirtschaft. Sehr berühmt ist ein großes Gemälde eines Malers aus Skagen, Peter Severin Krøyer, das die Menschen zeigt, die ihre Arbeit in der Börse machten. Ein ganz großes Bild. Es war schwierig, es herauszubekommen, damit es nicht beschädigt wurde. Im großen Saal gibt es auch große Holzwerkdekorationen, wie es um die steht, ist ungewiss. Die konnten nicht herausgeschleppt werden. Nur die Gemälde.
In Paris hat der Brand von Notre-Dame vor fünf Jahren die Menschen schwer getroffen. Wie werden die Kopenhagener mit dem Verlust vor Ort umgehen?
Lammers: Sie hoffen, dass es kein Verlust sein wird. Der jetzige Besitzer des dänischen Gewerkes hat gestern gesagt, dass man alles daran tun wird, um das Gebäude wieder aufzubauen und zu rekonstruieren. Das wird ziemlich viel Geld kosten. Die Organisation hat sich bereit erklärt, das teilweise zu finanzieren und hofft dann auch darauf, dass das dänische Finanzministerium darauf eingehen wird, um Teile davon zu bezahlen.
Man hofft, dass das Gebäude wieder in seiner historischen Form rekonstruiert wird. Auch mit der Turmspitze. Obwohl das ziemlich schwierig werden wird.
Das Gespräch führte Alexandra Friedrich, NDR Kultur.