Ausgrabung unter Harburger Gasthof: Spuren bis ins 14. Jahrhundert
Unter dem Standort des einst bekannten Gasthofs "Weißer Schwan" finden seit Juni 2023 Ausgrabungen statt. Hier, an der Ecke Harburger Schlossstraße/Kanalplatz, wollen die Archäologen mehr über die Siedlungsgeschichte Harburgs erfahren.
Zwei riesige Zelte geben an manchen offenen Stellen den Blick auf die tiefen Gruben frei. Es riecht ein bisschen nach Kanalisation - das liegt an den Pumpen, die das Grundwasser absaugen, das hier relativ schnell alles zu fluten drohte, als die Archäologen unter der Regie des archäologischen Museums Hamburg anfingen zu buddeln. "Ungefähr drei Meter haben wir in die Tiefe gegraben und das Grundwasser steht bei 1,6 Metern an, das heißt, wir mussten einen Grundwasser-sicheren Verbau herstellen und dann punktuell das Grundwasser absaugen", erklärt Grabungsleiter Martin Eckert.
Erschichten dokumentieren Bauphasen und Brände
Eckert zeigt auf die verschiedenen Erdschichten aus Torf, Lehm und schwarzen Ascheresten. Dieses Erdreich erzählt Geschichten. "Wir haben jetzt sieben Bauphasen bis ins 14. Jahrhundert identifiziert und dabei haben wir alleine drei Stadtbrände: einen Stadtbrand von 1396, einen von 1536 und einen weiteren von 1564", so Eckert. Aus dem, was in den einzelnen Schichten gefunden wird, lässt sich das Alter des Bauwerks bestimmen, das dort einmal stand - und aus der sogenannten Baumringanalyse, der Dendrochronologie.
Grabungen bei Gasthöfen sehr informativ
Damit tauchen die zehn Archäologen hier sozusagen in das mittelalterliche Harburg ein und gewinnen vor allem neue Erkenntnisse zur frühen Siedlungsgeschichte Harburgs. Eines ist bereits klar: Hier stand auch lange vor dem "Weissen Schwan" schon ein Wirtshaus. "Wir haben einiges erfahren über die Sozialgeschichte an dieser Stelle. Das ist ein sehr prominenter Platz hier, durch die Nähe zum Hafen haben wir hier den Fährverkehr und gleichzeitig haben sich hier wohl viele ausländische Gäste aufgehalten", freut sich Martin Eckert und fährt fort: "Ein Gasthof ist immer interessant zu überprüfen: welche Gäste hier sind, welche Moden herrschen, wo die herkommen, wo die Keramik herkommen, die Münzen, das Kleingeld."
Silbermünze vom dänischen König hilft beim Datieren
Der absolute Glücksfund neben vielen Bierkrügen und Weinkaraffen sowie Schuhen und Gürtelschnallen: eine Silbermünze vom dänischen König Christian V. von 1695, die auf die Bauzeit des ursprünglichen Wirtshauses hinweist. Mittlerweile sind die Archäologen bei einer Brandschicht von 1396 angekommen. Und dann war die Freude groß, als die Archäologen auf eine Hausecke gestoßen sind. "Wirklich eine tolle Hausecke! Das ist der älteste Hausgrundriss, den wir gefunden haben. Das heißt, zwei Schwellbalken und einen Hauspfosten, wahrscheinlich aus dem 14., 15. Jahrhundert", zeigt sich Grabungsleiter Eckert begeistert.
Parzellen geben Auskunft über Siedlungsgeschichte
Diese gemauerte Ecke liegt unter dem Fundament des Wirtshauses. Dort haben die Wissenschaftler auch zwei schmale Parzellen ausgemacht. "Die Häuser wurden auf so handtuchschmalen Parzellen errichtet und diese Parzellen, die wohnen auf sogenannten Wurten, das sind so Haushügel. Zwischen diesen Haushügeln befinden sich immer Entwässerungsgräben. Und die bezeichnen die Parzellengrenze. Wir würden gerne sehen, wie sich die Siedlungsgeschichte an den Parzellengrenzen abzeichnet."
So weiß man durch die Arbeiten inzwischen einiges mehr über das Leben der frühen Siedler im mittelalterlichen Harburg, denn die allerersten Häuser aus dem 11. Jahrhundert befanden sich nördlich dieser Stelle und sind heute längst im Wasser und Schlick des Lotsekanals versunken. Die Ausgrabungen sollen noch bis Ende Mai fortgesetzt werden.