Kulturförderung über Staatsgrenzen hinweg in Euroregion Pomerania
Die EU gibt einiges an Fördergeldern aus, um den kulturellen Austausch über die Grenzen der Mitgliedsstaaten hinweg zu unterstützen. Auch zwischen Greifswald, Anklam und Stettin gibt es gut gepflegte Verbindungen.
Katarzyna Jackowska ist im Anklamer Büro der RAA tätig, einer Regionalen Arbeitsstelle zur Förderung von Bildung und Demokratie. Seit 15 Jahren bringt sie Menschen aus Polen und Deutschland über Kultur in Kontakt miteinander. "Für mich ist die Grenzregion eine 'ganze' Region" betont Jackowska. "Ich kann mich auch an die alten Zeiten erinnern, wo man, um nach Pasewalk oder Löcknitz zu fahren, an der Grenze stand. Heutzutage, wenn ich jeden Tag zwischen Stettin und Mecklenburg-Vorpommern pendle, dann spüre ich die Grenze nicht."
Geboren in Stettin, lebt die 43-jährige Kulturnetzwerkerin seit Jahren in Vorpommern. Gerade bereitet sie ein Musikfestival auf der deutschen Seite für den Spätsommer vor. Sie arbeitet mit der Plattform PolenmARkT aus Greifswald zusammen. "Es kommt wirklich vor, dass man eigene deutsche Nachbarn in Stettin auf Kulturfesten trifft. Und das ist ein schönes Erlebnis", freut sie sich. "Und es gibt tolle, grenzüberschreitende Projekte, die auch den Stettinern zeigen, wie schöne Sachen es auch in Mecklenburg-Vorpommern gibt."
1945 gezogene Grenze wird durchlässig
Brüssel fördert viele dieser Projekte in der sogenannten Euroregion Pomerania. 2,7 Millionen Menschen leben in Polen und Deutschland auf dem Gebiet der früheren preußischen Provinz Pommern. Die politische Grenze ist für europäische Verhältnisse jung, erst Ende 1945 gezogen - und heute wieder durchlässig. Der geografische Mittelpunkt der Region und Sitz des Regionsrates Pomerania ist Stettin.
Grenzüberschreitende Kultur im Gutshaus Ramin
Vom Gutshaus Ramin aus ist die Großstadt an der Oder nur knapp 20 Auto-Minuten entfernt, sagt Edward Orlowski, Vorstand des Fördervereins Gutshaus Ramin. "Das Hauptproblem ist nicht der Unterschied zwischen Polen und Deutschen, es ist der Unterschied zwischen ländlicher Raum und Metropolregion Stettin", erklärt Orlowski. Da gebe es ganz andere Gewohnheiten. "Aber zu kulturellen Veranstaltungen kommen keine 'Feinde', sag ich mal, sondern die Leute, die Kontakte suchen und dieser Drang, etwas Neues kennenzulernen, ist in Großstädten etwas höher angesetzt als im ländlichen Raum, wo das Angebot nie so richtig breit war."
Sprache ist Hindernis
Edward Orlowski ist in den 60er-Jahren in Stettin geboren.Vor der Deutschen Einheit hatte Edward Orlowski 30 Jahre in Schleswig-Holstein gelebt. Anfang der 90er-Jahre erwarb er mit seiner Frau das Raminer Gutshaus, nahe seiner Heimatstadt. Er beschreibt sich als Europäer mit Leib und Seele und setzt mit seinem Verein unter anderem Kunstdialoge, Tanzworkshops und Austauschprojekte um, auf beiden Seiten der Grenze. Er arbeite meistens mit Übersetzern, weil die Sprache ein Hindernis sei. "Aber meistens sind die Künstler sehr aufgeschlossen und kontaktfreudig, und das klappt alles", freut er sich.
Kulturelle Nachbarschaft profitiert von EU-Mitteln
Ohne EU-Mittel wäre diese gute kulturelle Nachbarschaft aber nicht möglich. Die Gelder stammen aus verschiedenen Förderprogrammen. So gibt es allein knapp 2 Millionen Euro für die Kooperation der pommerschen Museen und 4 Millionen Euro für das deutsch-polnische Theaternetzwerk "via TEATRI" zwischen Anklam, Stettin und Schwedt. Die Theater planen im Juli das erste gemeinsame deutsch-polnische Schultheaterfest.
Förderanträge bedeuten viel Bürokratie
Das sind nur die größeren Einzelposten, die Zahl der kleinen Kulturprojekte ist deutlich höher. Aber: Förderanträge bedeuten auch viel Bürokratie, sagt Ramins Kulturnetzwerker Orlowski aus eigener Erfahrung. "Man könnte aus der Politik ein bisschen mehr Unterstützung erwarten, indem man solche Kerntätigkeiten ein bisschen mehr unterstützt", kritisiert er. Auch die Sorge um die Nachfolge treibt ihn um. "Was passiert mit dem Gutshaus Ramin, wenn wir nicht da sind, wir haben den Verein aufgebaut, haben auch viele junge Leute Mitte 30, die mit uns arbeiten. Aber ich glaube, dass sie das nicht tun, wenn man man die Connection verliert", betont Orlowski.
Orlowski wünscht sich eine nachhaltigere Förderung und längere Laufzeiten. Schließlich sei hier in 30 Jahren viel für die Verständigung der Menschen in beiden Ländern erreicht worden. Den Grenzprojekten dürfe finanziell und personell nicht die Luft ausgehen, sagt der in Polen geborene Deutsche, der ganz selbstverständlich in zwei Kulturen zu Hause ist.
Grenzüberschreitende Metropolregion Stettin soll entwickelt werden
Kulturkontakte über die Grenze sind aber nicht alles. Die Entwicklung einer grenzüberschreitenden Metropolregion Stettin ist auch erklärtes Ziel der Landesregierungen in Mecklenburg-Vorpommern und Brandenburg. Auch hier gibt es bereits einen Fonds, mit dem Projekte aus Bildung, Kultur, Wirtschaft und Wissenschaft gefördert werden.