"Weißt du noch": Eine Beziehungskomödie, die weh tut
Das Schöne an "Weißt du noch" ist, dass der Film ehrlich und schonungslos auf eine erstarrte Beziehung blickt, aber nicht hoffnungslos. Senta Berger und Günther Maria Halmer spielen sich die Seele aus dem Leib.
Wohl jeder kennt so ein altes Ehepaar, das nur noch genervt voneinander wirkt. Ausdauernd nörgeln sie und er aneinander herum, gerne auch vor Publikum. Und man möchte immer nur sagen: Seid doch nett zueinander - solange Euch noch Zeit dafür bleibt! Genau so eine Art Paar sind Marianne und Günter - geworden. Denn selbstverständlich war es mal die große Liebe. Nach über 50 Ehejahren aber sind die positiven Gefühle weitgehend verpufft.
"Weißt Du eigentlich, wie das aussieht? Eine Frau in Deinem Alter, wenn sie so tut, als wäre sie noch jung?"
"Immerhin komme ich noch zu meinen Fußspitzen."
"Hast Du was gesagt? Ich hör Dich leider nicht."
"Kauf Dir endlich ein Hörgerät, dann würdest Du’s hören!"
"Zu Deiner Information, ich war gerade einkaufen für uns. Zu Fuß. Zwei Kilometer hin, zwei zurück. Ich scheine also gegen Deine Theorie doch noch kein akuter Pflegefall zu sein."
Filmszene
Senta Berger und Günther Maria Halmer liefern sich hier einen verbalen Ringkampf, der so einiges zu Tage befördert: erlittene Verletzungen und Enttäuschungen aus Jahrzehnten; vor allem aber die Angst vor dem Alter mit seinen Schikanen. Während Marianne versucht, optimistisch und unternehmungslustig zu bleiben, wirkt Günter stur und verbittert. Das macht die beiden einander so schwer erträglich.
Schwierigeres Thema: Das gemeinsam Alt-Werden
Regisseur Rainer Kaufmann und Drehbuchautor Martin Rauhaus lieferten zusammen schon die Beziehungskomödie "Und wer nimmt den Hund?" Da saßen zwei trennungswillige Middle-Ager in der Paartherapie, und das war sehr lustig. Auch "Weißt Du noch" ist eine Komödie, aber eine, die weh tut. Weil es um ein schwierigeres Thema geht: Das gemeinsam Alt-Werden. Und weil alle mit langjährigem Beziehungsleben ein klein bisschen sich selbst gespiegelt sehen. Senta Berger jedenfalls ging es so: "Ich habe gedacht, es betrifft mich - wie kaum ein anderes Buch in den letzten Jahren. Das kommt mir sehr nahe, und ich erkenne mich auch. Und zwar erkenne ich mich nicht nur in der Figur der Marianne. Ich erkenne mich auch in der Figur des Günter."
Etwas komödiantischer wird der Film noch, weil Günter ein besonderes Geschenk besorgt hat: kleine, blaue Erinnerungspillen, die das Gedächtnis in Schwung bringen sollen. Und siehe da: Sie wirken! Der spitze Ton wird weicher, als Günter plötzlich wieder die junge Marianne vor sich sieht, in die er sich einst Hals über Kopf verliebt hat.
"Weißt du noch" bietet ein Rezept für dauerhafte Liebe
Das Schöne an "Weißt du noch" ist, dass der Film so ehrlich und schonungslos auf eine erstarrte Beziehung blickt, aber ganz und gar nicht hoffnungslos. Im Gegenteil, ein Rezept für dauerhafte Liebe wird gleich mitgeliefert: den Zauber des Anfangs nie zu vergessen und sich öfter mal auf das Verbindende zurückzubesinnen.
"Wenn man in die Laune kommt, Wahrheiten auszusprechen, sich wieder zu berühren, was man lange nicht gemacht hat, dann braucht man natürlich keine Pille", sagt Senta Berger. "Es könnte also auch sein, dass die Pille, die wir schlucken, überhaupt nichts bewirkt. Sie bewirkt etwas in unserem Kopf."
Senta Berger und Günther Maria Halmer spielen sich die Seele aus dem Leib in dieser widerborstigen Komödie, die zum Thema Leben, Lieben und Älterwerden viel Wahres zu sagen hat.
Weißt du noch
- Genre:
- Komödie
- Produktionsjahr:
- 2023
- Produktionsland:
- Deutschland
- Zusatzinfo:
- Mit Senta Berger, Günther Maria Halmer, Konstantin Wecker u.a.
- Regie:
- Rainer Kaufmann
- Länge:
- 91 Minuten
- FSK:
- ab 6 Jahre
- Kinostart:
- 21. September 2023