Opernmusical "Emilia Pérez": Ein berauschendes Kinoerlebnis
Jacques Audiards Film über einen mexikanischen Drogenboss, der nicht nur aus seinem mörderischen Geschäft aussteigt, sondern auch sein Geschlecht umwandelt, ist ein witziges, tiefgründiges Meisterwerk.
"Emilia Pérez" war schon in Cannes die große Entdeckung und bekam den Preis der Jury und die erste Schauspiel-Ensemble-Auszeichnung in der Geschichte des Festivals für die vier Hauptdarstellerinnen des Films. Das Musical ist der aussichtsreichste Oscar-Kandidat für den besten internationalen Film, und auch beim europäischen Filmpreis, der Anfang Dezember verliehen wird, gehört Audiards Film zu den großen Favoriten.
Aus einer gewagten Idee wird ein großartiges Erlebnis
Jacques Audiards "Emilia Pérez" gehört zu den wenigen handverlesenen Filmen, denen man mit bloßer Beschreibung von Inhalt und Form kaum gerecht werden kann. Die auf dem Papier nach einer unmöglichen Kopfgeburt klingen und auf der Kinoleinwand zum großartigen Erlebnis werden.
Die Geschichte: Zoe Saldana als zwar hervorragende, aber sich immer wieder übersehen und unterbezahlt fühlende Anwältin Rita in Mexiko bekommt eine ebenso einmalige wie spezielle Chance: Sie soll einem führenden Kartellboss helfen, nicht nur auszusteigen und unterzutauchen, sondern das Geschlecht umzuwandeln.
Die Männlichkeit in Person und der Inbegriff mexikanischer Gewaltstrukturen will eine Frau werden - allein das schon klingt nach einer gewagten Idee, die Jacques Audiard dann auch noch wie ein Musical singen lässt.
Ein neuer Mensch dank Geschlechtsumwandlung
Entstanden ist "Emilia Pérez", als Audiard durch einen befreundeten Autor von einem mexikanischen Kartellmitglied hörte, das eine Geschlechtsumwandlung machen wollte. Der erste Entwurf der Geschichte war dann auf einmal kein Drehbuch-Treatment mehr, sondern eher ein Opernlibretto.
Die spanische Schauspielerin Karla Sofía Gascón, selbst offen lebende Transfrau, spielt im ersten Akt zunächst den Gangsterboss und nach der langjährigen Umwandlung großartig die Seele des Films, Emilia Pérez. Die will ihr früheres Leben, vor allem ihre Kinder und die von Selena Gomez gespielte Mutter ihrer Kinder, doch nicht ganz hinter sich lassen und taucht plötzlich wieder bei Rita auf.
Als Tante Emilia versucht sie ihren Kindern nah zu sein, als neuer Mensch Emilia Pérez versucht sie das Leid, das sie in ihrem früheren Leben verursacht hat, wiedergutzumachen. Sie wird in ihrer Heimat zu einer Leitfigur, die Opfern der Kartellgewalt ein bisschen Trost bietet. Obwohl ihr das gelingt, sie wirklich neues Glück findet, wird sie dennoch von ihrer Vergangenheit eingeholt, weil sie nie ganz mit ihr abschließen konnte.
"Emilia Pérez": Tiefgründiges Meisterwerk
Aus einer unwahrscheinlichen Idee ist ein berauschendes, witziges, tiefgründiges Meisterwerk entstanden - eine faszinierende Tragödie über Schuld und Sühne, über Liebe und Leidenschaft und über Korruption und Machtgefüge. Getragen wird der Film von grandiosen Musikeinlagen, die nie wie Fremdkörper wirken. Ein wuchtiges, kraftvolles Opernmusical und nicht mehr und nicht weniger als ein sinnliches, bewegendes Kinoereignis.
Emilia Pérez
- Genre:
- Drama, Musical, Thriller
- Produktionsjahr:
- 2024
- Produktionsland:
- Frankreich
- Zusatzinfo:
- mit Zoe Saldana, Karla Sofía Gascón, Selena Gomez und anderen
- Regie:
- Jacques Audiard
- Länge:
- 130 Minuten
- FSK:
- ab 12 Jahren
- Kinostart:
- 28. November 2024