Drama "Alle die du bist": Vom Anfang und Ende einer Beziehung
Auf der Berlinale wurde "Alle die du bist" als eine der ungewöhnlichsten Liebesgeschichten des Festivals beschrieben. Nun kommt das außergewöhnliche Beziehungsdrama in die Kinos.
"Alle die du bist" ist die facettenreiche Betrachtung einer Liebesbeziehung, ihres Anfang und die Geschichte vom Ende. Angesiedelt im von Kündigungen bedrohten Arbeitermillieu des Kohleabbaus bei Köln. Düster und sozialkritisch, formal fordernd und zunächst auch ein wenig verwirrend.
Konsequent aus Nadines Perspektive erzählt
Gleich zu Beginn sehen wir, wie Nadine, großartig verkörpert von Aenne Schwarz, ihrem Ehemann Paul zu Hilfe eilt. Aber es wird dauern, bis wir Paul, dargestellt von Carlo Ljubek, als eben diesen Mann sehen. Für Nadine ist er in seinem Wesen ohnehin öfter weit weg, was Nadines Kollegin nicht nachvollziehen kann:
"Kennste das, wenn du manchmal einen fremden Mann anschaust und das komisch findest, wie der redet oder wat der sagt und nach ner Weile fällt dir auf, dass es dein Mann ist?"
"Nee, kenn ich nicht."
Filmszene
Grundsätzlich betrachtet, kennt Nadine ihren Mann ja auch sehr gut. Sie ist die Einzige, die gerufen wird, wenn es mal wieder Probleme gibt. Dementsprechend startet der Film: Paul hatte bei einem Vorstellungsgespräch eine Panikattacke, ist weggerannt und hat sich im Heizungskeller verbarrikadiert. Das wird Nadine von den Mitarbeitern der Firma erzählt, die sie gerufen haben. Nadine bekommt Zugang zu ihm, und als sie ihn findet, erscheint Paul in diesem Moment als ein wutschnaubender Stier, dem Nadine beruhigend das Fell streichelt. In ihren Armen wird er zu einem kleinen Jungen, der selbst erschrocken scheint über sein animalisches Ich. Wenig später sieht man Paul als Erwachsenen, der sich für sein Verhalten entschuldigt.
Paul erscheint auf der Leinwand immer als das, was er für Nadine als Partner in dem Moment von seinem Wesen her gerade ist. Dieser formale Trick wird fortgeführt, und Paul tritt auch mal in Gestalt eines Teenagers oder einer Großmutter auf. Nie wird aus Pauls Perspektive erzählt, radikal wird alles aus Nadines Sicht gesehen. Sie ist die Starke, die sich um alles kümmert. Auch auf der Arbeit, wo alle Angst, aber auch Wut im Bauch haben. Auf der Betriebsversammlung hält sie ebenso die Zügel in der Hand.
"Alle die du bist": Kein einfacher Film
"Alle die du bist" ist Sozialdrama und Liebesgeschichte in einem, wobei die Sequenzen, in denen die anfängliche Verliebtheit und die glücklichen Momente mit den Kindern weniger präsent sind als das zähe Ende der Beziehung, das Entlieben - selbst wenn Paul seine charmante, lustige Seite zeigt.
"Warum lieb' ich dich nicht mehr?", fragt Nadine eines Tages ihren Mann. Diese schwierige Frage beantwortet auch dieser außergewöhnliche, aber nicht einfache Film natürlich nicht.
Alle die du bist
- Genre:
- Drama, Romanze
- Produktionsjahr:
- 2024
- Produktionsland:
- Deutschland, Spanien
- Zusatzinfo:
- Mit Aenne Schwarz, Carlo Ljubek, Youness Aabbaz u.a.
- Regie:
- Michael Fetter Nathansky
- Länge:
- 104 Minuten
- FSK:
- ab 12 Jahre
- Kinostart:
- 30. Mai 2024