Filmfest Osnabrück: Fokus auf britischem Sozialrealismus
In einer Retrospektive zeigt das Festival eine Auswahl an Filmen von Ken Loach, Michael Winterbottom und Andrea Arnold. Arnolds aktuelles Filmdrama "Bird" wird zum Abschluss zu sehen sein.
Seit jeher will das Filmfest Osnabrückein offener Raum für Diskurs und Austausch für unabhängige Filmschaffende sein und ihren Geschichten ein Forum und damit ein Publikum bieten. So hält das Programm auch in diesem Jahr viele ungewöhnliche und damit umso spannendere Werke bereit.
Den Anfang machte das Drama "Shahid" der in Deutschland lebenden iranischen Regisseurin Narges Kalhor. Es geht um eine junge Asylsuchende, die sich mit der Bürokratie deutscher Behörden auseinandersetzen muss. Als experimentelle Mischung aus Schauspiel, Tanz, Essay und Film-im-Film angelegt, treffen darin Vergangenheit und Gegenwart aufeinander. Der Film trage durchaus autobiografische Züge, sagte die Festivalleiterin Julia Scheck im Vorfeld.
Filme über den Widerstand und die Widerstandsfähigkeit
Insgesamt werden vom 1. bis zum 6. Oktober 29 Lang- und 52 Kurzfilme an fünf Orten der Stadt zu sehen sein. Davon konkurrieren neun Spiel- und Dokumentarfilme um den mit 15.000 Euro dotierten Friedenspreis Osnabrück der Dieter Fuchs Stiftung. Sie alle vereint das Thema der Widerstandsfähigkeit und des Tatendrangs ihrer Protagonistinnen und Protagonisten gegen Ungerechtigkeit und eingrenzende Strukturen. Bei "In Liebe, Eure Hilde" von Andreas Dresen geht es etwa um den Widerstand von Hans und Hilde Coppi im Nazideutschland, "Disco Afrika. A Magasy Story" erzählt von der Korruption in Madagaskar, getragen von der an klassischen Afrobeats angelegten Musik, und "Our Land, Our Freedom" thematisiert die Nachwirkungen der Kolonialherrschaft in Kenia.
Insgesamt vergeben zwei Jurys und das Filmfest-Publikum in vier Wettbewerben Preise im Gesamtwert von 18.200 Euro. Neben dem mit 15.000 Euro dotierten Friedenspreis gibt es den von einer Jugendjury vergebenen und mit 2.000 Euro dotierten Filmpreis für Kinderrechte. Der beste Kurzfilm erhält 500 Euro, der beste studentische Kurzfilm 700 Euro.
In der neuen Sektion "Arts in Cinema" widmet sich das Filmfest der Musik der beiden US-Amerikaner Omar Rodriguez Lopez und Cedric Bixler Zavala. Außerdem sind dafür die Fotografien des in Essen geborenen Künstlers Jürgen Baldiga (1959-1993) und der aus Tschechien stammenden Fotografin Libuse Jarcovjakova ausgewählt worden. Aus Georgien wird ein Dokumentarfilm über die unter Stalin inhaftierte Kinopionierin Nuza Gogoberidze gezeigt. Das Verhältnis der Künste zu Frauenbildern und weiblicher Kreativität sind Thema in Katharina Pethkes Film "Reproduktion".
Britischer Sozialrealismus: Loach, Winterbottom und Arnold
In diesem Jahr blickt das Festival auf 30 Jahre Filmfest unter dem Dach des Trägervereins Osnabrücker Filmforum e. V. zurück. Aus diesem Anlass widmet es sich in seinem "Focus on European Cinema" dem britischen Sozialrealismus vor allem der 2000er-Jahre und mit Werken von Ken Loach, Michael Winterbottom und Andrea Arnold. Von Loach steht "Its'a Free World" von 2007 auf dem Programm, von Winterbottom "24 Hour Party People" aus dem Jahr 2002 und von Arnold "Fish Tank" von 2009. Von Arnold zeigt das Festival in der Sektion auch drei Kurzfilme.
Und auch der Abschlussfilm ist von der britischen Filmemacherin, Schauspielerin und Oscar-Preisträgerin. "Bird" ist eine Coming-of-Age-Geschichte mit Barry Keoghan, Franz Rogowski und der Nachwuchsschauspielerin Nykiya Adams. Der Film feierte in diesem Jahr in Cannes im Wettbewerb seine Weltpremiere.