Marode "Soul Kitchen": Demo für Erhalt des berühmten Drehortes
Der Film "Soul Kitchen" machte sie auch über Hamburg hinaus berühmt - aber die ehemalige Fabrikhalle im Stadtteil Wilhelmsburg soll wegen Baufälligkeit abgerissen werden. Am Freitag fand eine Demo dagegen statt.
Der Abbruchantrag ist gestellt - wann genau es soweit ist, ist aber noch unklar. Das Restaurant "Soul Kitchen" war der Star im gleichnamigen Kinohit von 2009, bei dem der Hamburger Regisseur Fatih Akin Regie führte. Schon seit einem Jahrzehnt war in der ehemaligen Fabrik, die kurz auch Veranstaltungsort war, aber nichts mehr los. Die Bausubstanz ist marode. Die "Soul-Kitchen"-Halle ist akut einsturzgefährdet, im Juli 2022 ist dem Senat zufolge bereits ein Teil des Daches eingestürzt. Für die Halle bestehe auch keinerlei Verwendung mehr bei einer plangemäßen Nutzung als Industriefläche.
200 Menschen bei Demo gegen Abriss
Hamburger Kreative wollen das so nicht hinnehmen und haben gegen den geplanten Abriss protestiert. Die Initiative Kulturkanal hatte für Freitag Nachmittag zur Kundgebung aufgerufen. "Das lassen wir uns nicht bieten und appellieren an den wehrhaften Stadtteil", sagte ein Sprecher auf Nachfrage der Deutschen Presse-Agentur. Zur Demo kamen rund 200 Menschen. Der rot-grüne Senat hatte in einer Stellungnahme geschrieben, dass die bekannte Halle im Stadtteil Wilhelmsburg im Grunde nicht mehr zu retten sei.
In der Vergangenheit hatten sich etliche Kulturaktivistinnen und -aktivisten für den Erhalt des Gebäudes starkgemacht, darunter auch Fatih Akin selbst. Die Stellungnahme des Senats sei "wie ein Schlag ins Gesicht", sagte die Initiative Kulturkanal dazu. Die Antwort des Senats als Antwort auf die vielfältigen kulturellen Nutzungsanliegen rund um den Veringkanal habe im Reiherstiegviertel Fassungslosigkeit und Wut ausgelöst.
Keine Zukunftsideen für das "Soul Kitchen"
Marco Reyes Loredo ist der Nachbar des "Soul Kitchen", er sitzt im Vorstand des Kulturzentrums Zinnwerke gleich nebenan. Jahrelang hat er gehofft, dass der Ort erhalten werden kann - vergeblich. "Vor allem als Wilhelmsburger und Anwohner ist das traurig. Damit geht auch eine Chance dahin. Doch es wurden keine Ideen gefunden für den Erhalt der Fläche oder den Weiterbetrieb des Gebäudes. Wenn Wilhelmsburg eines hat, dann sind es eigentlich Ideen", moniert Loredo.
Er bezieht sich auf die Antwort des Senats auf ein Ersuchen der Bürgerschaft. Darin heißt es, dass das Gebäude für eine Nutzung des Grundstücks als Industriefläche ein "Hindernis" sei. Eine Gebäudeversetzung sei zu teuer, ein Projektvorschlag für die Einbettung in einen Neubau läge auch nicht vor. Kurz: Das Gebäude hat keine Zukunft.
Geschlossen wegen Einsturzgefahr
Im Film von Fatih Akin war es Kulisse für das Restaurant "Soul Kitchen". Danach wurde es zu einer beliebten Veranstaltungshalle. Die musste 2013 schließen: Einsturzgefahr. Der ehemalige Betreiber Mathias Lintl war vor kurzem dort: "Ich habe noch ein Foto gemacht für Facebook. Mir den Verfall angeschaut. Wir waren häufig oben auf dem Dach und haben es repariert. Aber klar, die Halle ist durch."
Zu dem Schluss kommt auch der Senat. Teile des Dachs seien eingestürzt. Das Eisenfachwerk ist zum Teil durchgerostet. Norbert Hackbusch, Bürgerschaftsabgeordneter der Linken, moniert, dass jahrelang nichts passiert sei. "Leute, die sehr aktiv sind, haben vor zwei Jahren eine Zwischennutzung vorgeschlagen. Auf alle diese Ideen ist die Stadt nicht eingegangen, sondern hat das die ganze Zeit brachliegen lassen." Auch jetzt sei keine konkrete Planung da.
Gastronomie im Industriegebiet nicht erlaubt
Kultur oder Gastronomie kann es im "Soul Kitchen" nicht geben, weil das Gelände Teil eines Industriegebietes ist und eine solche Nutzung daher nicht erlaubt ist. Unter Denkmalschutz steht das Gebäude auch nicht. Dennoch kritisiert Kristina Sassenscheidt vom Denkmalverein den Abriss: "Es ist traurig, dass die Halle verschwinden soll, denn sie erzählt ja ganz viel Industriegeschichte von Wilhelmsburg - mit ihrer Lage an der Industriestraße und direkt am Kanal."
Die ehemalige Fabrik zeige, dass früher ganz anders gelebt und gearbeitet wurde als heute. Reyes Loredo von den Zinnwerken will zumindest einen Teil des Gebäudes auf kreative Weise retten. Vielleicht könne man Teile des "Soul Kitchen" nehmen und an anderer Stelle wieder aufbauen, hofft er. Auf dem Hof der Zinnwerke sei dafür Platz.
Gespräche über Entwicklung des Geländes
Der Bezirk Mitte war auf Anfrage nicht zu erreichen. Die Wirtschaftsbehörde schreibt, es sei bisher kein Abriss beantragt oder vorgesehen. Das dürfte aber nur eine Frage der Zeit sein. Laut Senatsantwort gibt es zwei Bieter, die sich für eine Entwicklung der 16.000 Quadratmeter am Veringkanal interessieren. Darüber werde es nun Gespräche geben.
Und Fatih Akin? Der sitzt im Schnitt für seinen nächsten Film und war nicht zu erreichen. Vor einigen Jahren sagte er dem NDR dazu: "Warum kann Hamburg nicht eine Stadt sein wie Paris. Wie Rom? Eine Stadt, die in der Lage ist, ihr Altes zu schützen?" Dazu kommt es nun aber nicht. Ein Stück Hamburger Kultur- und Filmgeschichte wird für immer verschwinden.