Marlon Brando und Co.: Die krassesten Method-Acting-Momente
Vor 100 wurde Marlon Brando geboren. Er perfektionierte als einer der ersten die Technik, bei der Schauspielende ihre Figur wortwörtlich verkörpern. Später folgten andere wie Robert De Niro, Christian Bale und Adrien Brody seinem Beispiel.
Er war der erste große Method-Acting-Meister. In der Verfilmung von Tennessee Williams' Stück "Endstation Sehnsucht" spielte Marlon Brando 1951 die Hauptfigur Stanley Kowalski so natürlich, wie es das Kinopublikum bis dato nicht gesehen hatte. Schauspieler agierten damals, inspiriert vom Theater, eher affektiert. Brando dagegen ließ Kowalski murmeln und schreien, er war schroff, roh und aggressiv - und schaute sich die passenden Bewegungen von Affen in einem Zoo ab.
Perfides Method-Acting in "Der letzte Tango von Paris"
Brando war allerdings auch an einer sehr perfiden Form des Method-Acting beteiligt. Es geht dabei um eine Vergewaltigungsszene in Bernardo Bertoluccis "Der letzte Tango von Paris", in dem der fast 50-jährige Schauspieler seine damals 19-jährige Filmpartnerin Maria Schneider zu Boden drückt, ein Stück Butter als Gleitmittel benutzt und Schneiders Figur anschließend missbraucht. Die Idee dazu kam dem Regisseur und seinem Hauptdarsteller am Tag der Dreharbeiten spontan beim Frühstück. Bertolucci gab 2013 in einem Interview zu, Schneider bewusst im Dunkeln gelassen zu haben, damit sie ihr Entsetzen und ihren Abscheu nicht habe spielen müssen. Er habe ihre Reaktion "als Mädchen, nicht als Schauspielerin" einfangen wollen.
Rückgriff auf eigene Wut und Trauer
Die Schauspieltechnik des Method-Acting geht auf die Theorien des russischen Schauspielers und Regisseurs Konstantin Stanislawski zurück. Er war schon Ende des 19. Jahrhunderts überzeugt, dass Schauspielkunst immer eine Reflexion der Wahrheit sein sollte. Seine Schauspielschüler sollten sich mit ihren Rollen identifizieren und innerlich mit ihnen auseinandersetzen. Wichtig war dabei, dass sie auf eigene Erfahrungen und Erlebnisse zurückgriffen, um Emotionen wie Trauer oder Wut natürlicher spielen zu können.
Die beiden US-Schauspiellehrer Lee Strasberg und Stella Adler lehrten dann in den 1930er-Jahren Stanislawskis Schauspieltechnik und so kam Marlon Brando, als Schüler Adlers, mit dem Method-Acting in Berührung.
Robert De Niro: Ein Jahr Boxtraining für "Wie ein wilder Stier"
Mit den Jahren wurden die Vorbereitungen vieler Schauspieler immer extremer und krasser. Denken wir an Robert De Niro im Film "Wie ein wilder Stier". Darin spielt er den ehemaligen Box-Champion Jake LaMotta und schuftete für diese Rolle fast ein Jahr lang im Trainingsraum. Trainiert wurde er vom Porträtierten selbst, dem De Niro in Probekämpfen auch mal einen Zahn ausschlug und Rippen anknackste. Aber nicht nur, dass de Niro muskulös und trainiert vor die Kamera treten musste: Um den nach seiner Profi-Karriere tief gefallenen Boxer glaubhaft zu verkörpern, futterte sich der Schauspieler innerhalb von vier Monaten satte 27 Kilogramm Fett an.
Christian Bale: Täglich nur einen Apfel, Wasser und Kaffee
Ins gegenteilige Extrem ging Christian Bale im Film "Der Maschinist". Darin spielt er den Fabrikarbeiter Trevor Reznik, der nachts schlaflos in einer Flughafenbar herumhängt, und hungerte sich für diese Rolle auf 55 Kilo herunter. Er aß über mehrere Wochen lang täglich nur einen Apfel, trank Wasser und schwarzen Kaffee. "Durch das Hungern verliert man Energie, alles verlangsamt sich, selbst das Sprechen fällt immer schwerer. Ich wurde ruhiger, als ich es jemals zuvor in meinem Leben war", schilderte Bale später seine Erfahrungen. Er habe sich in einem bizarren Geisteszustand gefunden - aber dieses Gefühl sei genau das passende und damit äußerst hilfreich für die Rolle gewesen.
Daniel Day-Lewis: Selbst bei Drehpausen im Rollstuhl
Daniel Day-Lewis treibt es bei fast allen seinen Ausnahme-Auftritten auf die schauspielerische Spitze. Bei den Dreharbeiten von "Der letzte Mohikaner" aß er nur selbst Gesammeltes und Gejagtes. Und als er in "Mein linker Fuß" den zerebral gelähmten Maler Christy Brown spielte, der ausschließlich seinen linken Fuß koordiniert bewegen konnte, blieb er auch nach seinen Szenen in der Rolle und weigerte sich partout, seinen Rollstuhl zu verlassen. Also mussten die Crewmitglieder ihn kreuz und quer über das Set schieben und ihn, sofern er beim Catering mitaß, sogar füttern.
Adrien Brody: Auch im echten Leben alles aufgegeben
Auch Adrien Brody nahm für seine Rolle als "Der Pianist" in Roman Polanskis Film einiges auf sich. Er hat zur Vorbereitung auf die Rolle eines Mannes, der alles verliert, sein Apartment und sein Auto verkauft, sein Telefon abgestellt und seine Freundin verlassen. Dazu nahm er radikal ab, lernte Chopin spielen und wies in Interviews immer wieder auf die enorme Verantwortung dieser Rolle hin und dass sie ihn nachhaltig verändert habe. Nach "Der Pianist" fiel Brody in eine Depression und konnte ein Jahr lang nicht arbeiten.
Leonardo DiCaprio wird zum Pelzjäger
Der Lohn für all die Mühen war der Oscar - für Brody, Day-Lewis, de Niro und auch für Leonardo DiCaprio, der im Film "The Revenant - Der Rückkehrer" als Pelzjäger in der eisigen Wildnis ums Überleben kämpfen muss. Einer der interessantesten Filme, den er je drehen durfte, sei das gewesen und die wohl größte Herausforderung seiner Karriere.
Neun Monate lang dauerten die Dreharbeiten in der Natur. Tagsüber wurde geprobt und abends gab es dann ein etwa anderthalb Stunden langes Zeitfenster, in dem mit natürlichem Licht gedreht werden konnte. Zur Vorbereitung lernte DiCaprio Feuer machen, das Schießen mit einer Muskete und zwei indianische Sprachen. Und er entschied sich, eine rohe Bisonleber zu essen, obwohl er Vegetarier ist.
Jamie Foxx: 14 Stunden am Tag "blind"
Die Liste der Extrem-Engagierten ist lang: von Jack Nicholson in "Einer flog über das Kuckucksnest" über Jamie Foxx, der sich für die Rolle des blinden Pianisten und Sängers Ray Charles jeden Tag 14 Stunden die Augen zukleben ließ, bis zu Heath Ledger als bizarrer Bösewicht Joker in "The Dark Knight". Vor den Aufnahmen hatte sich Ledger einen Monat lang in der Wohnung eingeschlossen, um das Gefühl von Isolation und Misanthropie hautnah zu erleben.
Hilary Swank: Zur Vorbereitung von "Boys Don't Cry" als Mann gelebt
Auch einige Frauen haben sich der Method-Acting-Methode bedient. Für ihre Rolle eines Transgender-Mannes im "Boys Don't Cry" lebte Hilary Swank bereits vor und auch während der Dreharbeiten als Mann. Halle Berry spielte in Spike Lees Film "Jungle Fever" eine drogenabhängige Frau, besuchte zur Vorbereitung Suchthilfeeinrichtungen und wusch sich während des Drehs zehn Tage lang nicht, um sich auch körperlich in ihre Rolle zu versetzen. Und Charlize Theron war im Film "Monster" als Mörderin zu sehen, dabei aber fast gar nicht zu erkennen. Sie nahm 15 Kilo zu, trug Zahnprothesen und ließ sich mittels Make-ups in eine optisch 20 Jahre ältere Frau umwandeln. Auch hierfür gab es, man ahnt es, den Oscar als Beste Hauptdarstellerin.