Regisseure Yuval Abraham (l) und Basel Adra © picture alliance/dpa | Monika Skolimowska
Regisseure Yuval Abraham (l) und Basel Adra © picture alliance/dpa | Monika Skolimowska
Regisseure Yuval Abraham (l) und Basel Adra © picture alliance/dpa | Monika Skolimowska
AUDIO: Berlinale: Israelischer Regisseur bezeichnet Antisemitismus-Vorwurf als absurd (4 Min)

Israelischer Regisseur bezeichnet Antisemitismus-Vorwurf als absurd

Stand: 29.02.2024 09:08 Uhr

Der israelische Filmemacher Yuval Abraham hat die Antisemitismusvorwürfe zu seinen Aussagen auf der Berlinale als "absurd" bezeichnet. Es sei empörend, dass deutsche Politiker im Jahr 2024 die Dreistigkeit besäßen, diesen Begriff gegen ihn zu verwenden, wo ein Großteil der Familie seines Großvaters von Deutschen im Holocaust ermordet worden sei.

Während der Gala am Samstagabend war der Nahostkonflikt mehrfach thematisiert worden. Zahlreiche Mitglieder aus Jurys sowie Preisträgerinnen und Preisträger forderten verbal oder mit Ansteckern einen Waffenstillstand im Gaza-Krieg. Der US-amerikanische Regisseur Ben Russell, der mit seiner Dokumentation "Direct Action" in der Kategorie "Encounters" ausgezeichnet wurde, sprach in seiner Dankesrede von einem "Genozid in Gaza". Yuval Abraham beklagte die Ungleichbehandlung zwischen Palästinensern und Israelis im Westjordanland und nutzte dabei den Begriff "Apartheid".

Mehrere deutsche Politiker äußerten daraufhin Kritik und bezeichneten die Aussagen bei der Berlinale als "antisemitisch". "Das, was auf der Berlinale vorgefallen ist, war eine untragbare Relativierung. In Berlin hat Antisemitismus keinen Platz, und das gilt auch für die Kunstszene", sagte etwa Berlins Regierender Bürgermeister Kai Wegner (CDU). Kulturstaatsministerin Claudia Roth (Grüne) beklagte die Einseitigkeit von Vorwürfen gegen Israel und dass von niemandem der "bestialische Terrorangriff der Hamas" angesprochen wurde.

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Yuval Abraham beklagt Verwässerung des Antisemitismus-Begriff

"Cease Fire Now" (Feuerpause jetzt) steht auf dem Rücken vom Jurymitglied Verena Paravel, während der Preis Übergabe an Regisseure Yuval Abraham. © Monika Skolimowska/dpa Foto: Monika Skolimowska
"Cease Fire Now" steht auf dem Rücken von Jurymitglied Verena Paravel, während sie den Preis für den besten Dokumentarfilm an Yuval Abraham (rechts) und Basel Adra (links) überreicht.

Yuval Abraham bezeichnete die Antisemitismusvorwürfe am Dienstag auf X (ehemals Twitter) als absurd. "Da meine Großmutter in einem Konzentrationslager in Libyen geboren wurde und der größte Teil der Familie meines Großvaters von Deutschen im Holocaust ermordet wurde, finde ich es besonders empörend, dass deutsche Politiker im Jahr 2024 die Dreistigkeit besitzen, diesen Begriff in einer Weise gegen mich zu verwenden, die meine Familie gefährdet", so Abraham. "Der entsetzliche Missbrauch dieses Wortes durch Deutsche, nicht nur um palästinensische Kritiker Israels zum Schweigen zu bringen, sondern auch um Israelis wie mich zum Schweigen zu bringen, die einen Waffenstillstand unterstützen, der das Töten in Gaza beenden und die Freilassung der israelischen Geiseln ermöglichen würde, entleert das Wort Antisemitismus seiner Bedeutung und gefährdet damit Juden in der ganzen Welt."

Morddrohungen gegen Yuval Abraham und seine Familie

Abraham sagte weiter, er erhalte seit der Berlinale Morddrohungen und seine Familie werde in Israel bedroht. "Ein rechtsgerichteter israelischer Mob kam gestern zum Haus meiner Familie, um nach mir zu suchen, und bedrohte enge Familienmitglieder, die mitten in der Nacht in eine andere Stadt fliehen mussten." Er selbst habe seine Rückreise verschieben müssen.

Yuval Abraham hatte bei der Berlinale gemeinsam mit dem palästinensischen Aktivisten Basel Adra den Preis für den besten Dokumentarfilm gewonnen. In "No Other Land" dokumentieren sie, wie in Adras Heimatregion Masafer Yatta im Westjordanland Soldaten im Auftrag der israelischen Regierung Häuser abreißen und deren Bewohner vertreiben.

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Wie wird in Israel auf die Berlinale-Debatte geschaut?

Wie in Israel auf die Berlinale-Debatte geblickt wird, berichtet ARD-Korrespondent Jan Chrisoph Kitzler aus Tel Aviv. "Es gab nicht nur in Deutschland heftige Reaktionen, sondern es gab auch in Israel den Bericht eines großen Fernsehsenders, in dem Yuval Abrahams Rede als antisemitisch bezeichnet wurde. Der Beitrag wurde inzwischen gelöscht, aber das hat doch zu heftigen Reaktionen geführt", so Kitzler.

In Tel Aviv begegne einem aber viel Kopfschütteln. "Man wundert sich in liberalen Kreisen schon darüber, wie schnell man jetzt auch in Deutschland dabei ist, diesen Antisemitismus-Vorwurf auszusprechen." Es gebe in Israel, viele Menschen, die mit dem Blick auf die Besatzung palästinensischer Gebiete von "Apartheid" sprechen. Kritik daran sei man von rechten Politikern in Israel gewohnt. "Es ist Teil einer bestimmten, auch staatlich gelenkten Propaganda, die das Ziel hat, Kritik an den Verhältnissen in Israel pauschal als antisemitisch zu diskreditieren." Dass auch einige Politiker in Deutschland in diese Kerbe hauen, verwundere viele. "Zumindest die, mit denen ich gesprochen habe und die, die sich dafür interessieren, was auf der Berlinale passiert."

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NDR Kultur | Der Morgen | 27.02.2024 | 09:20 Uhr

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