Hugh Grant steht vor einer Holztür in einem Berliner Hotel © picture alliance/dpa | Christoph Soeder Foto: Christoph Soeder

Hugh Grant über Panikattacken und seinen Horrorfilm "Heretic"

Mit "Tatsächlich Liebe", "Notting Hill" oder "Bridget Jones" hat sich Hugh Grant sein charmantes Lausbuben-Image erarbeitet. Nun spielt der 64-Jährige in "Heretic" einen psychopathischen Serienmörder. Ein Gespräch.

Sie haben gesagt, dass Sie keine Horrorfilme schauen würden, weil Sie es nicht ertragen. Warum haben Sie sich dann ausgerechnet dafür entschieden, in einem mitzuspielen und haben Sie "Heretic" schon gesehen?

Hugh Grant: Ich schaue mir solche Filme nicht an, weil ich zu ängstlich bin. Allerdings habe ich mir "Heretic" tatsächlich schon gesehen. Und wenn du Teil davon bist, ist es etwas ganz anderes, und er hat mich überhaupt nicht geängstigt. Außerdem habe ich hauptsächlich eine ganz ausgeprägte, spezifische Abneigung gegen den Teufel, oder teuflische Besessenheit von Menschen. Irgendein Slasher-Film macht mir eigentlich nichts aus.

Sie haben auch gesagt, das Skript war einzigartig - inwiefern?

Grant: Es war eines der besten Drehbücher, die ich je gelesen habe. Und das einzige, in dem am Ende eine lange Liste stand mit den Texten, auf denen sich die Autoren bezogen haben - ungefähr 50 hoch intellektuelle Bücher. Ich war schwer beeindruckt. Sie haben sechs Jahre lang nichts anderes gemacht als intensiv zu recherchieren. Sie haben jeden Text über Weltreligionen, Sekten und Atheismus gelesen, um die Grundlage für die Argumente von Mr. Reed zu haben. Zu allem und jedem gab es irgendeine Anmerkung.

Gab es Fußnoten, wie in einer wissenschaftlichen Arbeit?

Grant: Fast. In jedem Fall waren auch die beiden Persönlichkeiten meiner Figur, Mr. Reed, in ihrer Unterschiedlichkeit hervorragend herausgearbeitet. Denn das eine ist der Mr. Reed, der sich seinen beiden Besucherinnen nach außen präsentiert und das andere ist die "innerliche" Seite des Mannes, der sich als Biest entpuppt. Eine Sache lag mir besonders am Herzen und die Autoren und Regisseure, Scott Beck und Ryan Woods, haben es akzeptiert: Ich wollte, dass Mr. Reed niemals lügt. Und ich glaube, das haben wir geschafft!

Sie waren sehr erfolgreich mit romantischen Komödien. Jetzt gibt es viel Aufmerksamkeit, weil Sie den Bösewicht geben, was Sie allerdings auch schon in einigen Mini-TV-Serien in den 80er-Jahren getan haben...

Grant: ... allerdings, und ich hätte da mehr dran bleiben sollen. Ich bin aber ja nicht der einzige Schauspieler, dem Bösewichte gefallen. Da ist einfach mehr "Fleisch dran", wie man so schön sagt. Ich habe außerdem die schreckliche Vermutung, dass unsere menschliche Natur ziemlich viele scheußliche Eigenschaften hat. Wir können grausam und eifersüchtig, narzisstisch, gierig und gewalttätig sein. Und Schauspieler suchen immer nach dem, was in der Tiefe liegt. Freundlichkeit hingegen, befürchte ich, ist etwas Angelerntes. Das sehe ich an meinen Kindern, die scheinen keinerlei natürliche Nettigkeit zu besitzen. (grinst ironisch)

In dem Film besuchen zwei junge Zeuginnen Jehovas einen Mann, eben jenen Mr. Reed, um ihn zu ihrem Glauben zu bekehren. Der bringt als Professor wie in einer Vorlesung diverse Argumente für und gegen Glaubensvorstellungen und Religionen hervor. An einer Stelle müssen sich die Frauen für oder gegen ihren Glauben entscheiden. Wie stehen Sie dazu?

Grant: Ich war mein ganzen Leben auf der Seite des Nicht-Glaubens. Aber ich muss zugeben, je älter ich werde, desto mehr denke ich in die andere Richtung.

Ihre Mutter hegte sogar mal den Wunsch, Sie würden Erzbischof werden.Wie bibelfest sind Sie?

Grant: Überhaupt nicht.

Mr. Reed ist ein schräger Typ, durchaus mit Humor, und bedeutend älter als seine Besucherinnen. Er benutzt popkulturelle Anspielungen aus Musik und Filmen vornehmlich aus den 80er-Jahren, wie Zitate aus der Anfangszeit der "Star Wars-Saga", die die Frauen nicht einordnen können. Wessen Idee war das?

Grant: Jar Jar aus "Star Wars" stand im Drehbuch, aber es war meine Idee, ihn zu imitieren. Der Humor in diesem Film dient dazu, Mr. Reed nicht als vertrockneten, übellaunigen Professor darzustellen. Ich weiß nicht, wie es in Deutschland aussieht, aber ich habe in Großbritannien eine ganze Menge "Fun-Professoren" gehabt, die immer einen Witz auf Lager hatten oder eben mit Zitaten um die Ecke kamen, um so eine besondere Verbindung zwischen dem Stoff und ihren Studenten herzustellen und als cooler Typ da zu stehen. Nur, dass das eben nicht immer gelang, weil wir entweder zu jung waren oder Dinge verwechselt wurden. Oft wird Humor in Filmen dazu genutzt, um das Leid erträglicher zu machen. Das ist wahrscheinlich der Grund für die anhaltende Beliebtheit der Filme von Richard Curtis (Anmerkung d. Red.: Autor von "Vier Hochzeiten und ein Todesfall" und "Notting Hill"). Die sind nämlich eigentlich alle ziemlich schmerzhaft.

Sie bereiten sich sehr akribisch auf Ihre Rollen vor, weil Sie so eventuellen Hindernisse aus dem Weg gehen wollen?

Grant: Ob es wirklich hilft, weiß ich nicht, aber ich versuche damit meine Angst im Zaum zu halten. In den letzten 25 Jahren meiner Karriere bin ich immer während der Dreharbeiten ein- oder zweimal an einem Punkt gekommen, an dem ich ganz plötzlich eine Panikattacke hatte und das ist wirklich beschämend. Sobald ich einen Job annehme, warte ich geradezu nur darauf.

Die Fans warten schon sehnsüchtig auf "Bridget Jones 4 - Verrückt nach ihm", der nächstes Jahr in die Kinos kommt - wieder mit Ihnen in der Rolle des Ex-Liebhabers Daniel.

Grant: Und ich bin sehr optimistisch, denn es gab schon einige Testvorführungen, bei denen das Publikum begeistert war.

Das Gespräch führte Bettina Peulecke.

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