"Freud" und andere filmische Begegnungen, die es nie gegeben hat
Im Kinofilm "Freud - Jenseits des Glaubens" liefert sich der Gottvater der Psychoanalyse mit dem Oxford-Professor C.S. Lewis ein Streitgespräch über Religion - welches so nie stattgefunden hat! Und auch andere spannende Begegnungen gab es nur im Film.
London, kurz nach Kriegsausbruch im September 1939. Sigmund Freud, gespielt von Sir Anthony Hopkins, empfängt im englischen Exil - drei Wochen vor seinem Tod - noch einmal Besuch: C.S. Lewis, den späteren Autor der "Chroniken von Narnia". Streitlustig bittet der erklärte Atheist und Religionskritiker Freud den Professor herein, und sogleich beginnt ein intellektueller Schlagabtausch.
Wie Freud den gläubigen Christen mit rationalen Argumenten von der Nicht-Existenz Gottes überzeugen will, verrät viel über seine Denkungsart, seine Lust an der Provokation, auch seinen Humor. Ein höchst interessanter und aufschlussreicher Diskurs also. Nur dass er eben erfunden ist. Welcher Oxford-Professor Freud kurz vor seinem Tod noch besucht hat, ist nicht überliefert.
"Maria Stuart, Königin von Schottland": Moderne Neuinterpretation
Ein klärendes Gespräch für zwei, die nie die Gelegenheit dazu hatten oder suchten, nachträglich zu erfinden - die Idee hatte schon Friedrich Schiller: "Maria Stuart", dritter Aufzug, vierter Auftritt, Treffen der Königinnen. Die alles entscheidende Szene, in der Maria Elisabeth eigentlich um Gnade bitten will, dann aber durch ihren Hochmut alles verspielt, wird natürlich auch im Kino-Historien-Drama "Maria Stuart, Königin von Schottland" nicht ausgelassen. Die Regisseurin nutzt das fiktive Treffen der Königinnen allerdings für eine moderne Neuinterpretation des Stoffes: Einen Moment lang herrscht ein tiefes Verständnis zwischen zwei Frauen mit politischer Macht, die sich permanent männlichem Dominanzstreben widersetzen müssen.
"Ich bin ganz und gar allein."
"Wie ich. Allein."
"Seid meine wahre Schwester! Gemeinsam können wir alle besiegen, die an uns zweifeln! Ich weiß, Euer Herz ist weiter als das der Männer, auf deren Rat Ihr hört!"
Filmszene
"Die zwei Päpste": Geistreiche Dialoge im Vatikan
Sehr spannend auch, was sich "Die zwei Päpste" zu sagen haben, die sich in der gleichnamigen Netflix-Produktion treffen. Papst Benedikt, zermürbt von Kirchen-Skandalen und amtsmüde, bestellt 2012 den späteren Papst Franziskus ein, um ihn mit seinen Rücktritts- und Nachfolgeplänen zu schockieren.
"Ich stimme den meisten Dingen, die Sie sagen, denken oder tun, nicht zu. Aber die Kirche muss sich verändern, und Sie könnten diese Veränderung sein."
"Nein, bestimmt nicht! Niemals! Ich könnte es niemals sein."
Filmszene
Das Treffen der beiden, gespielt von Anthony Hopkins und Jonathan Pryce, kann wohl stattgefunden haben. Gesprächsprotokolle gibt es natürlich nicht - reine Drehbuch-Fantasie also, was hier besprochen wird. Die geistreichen Dialoge aber möchte man nicht missen.
"Elvis & Nixon": Elvis als Retter des Vaterlandes
Natürlich verrät so eine gut erfundene Konversation auch viel über die beteiligten Charaktere, siehe "Elvis & Nixon". In dieser Komödie besucht der King of Rock 'n' Roll 1970 Präsident Nixon im Weißen Haus, was tatsächlich so geschah. Auch hier gibt es keinen Mitschnitt aus dem Oval Office. Aber wenn es nicht anders war, muss es so gelaufen sein wie im Film: Elvis fläzt sich im weißen Glitzer-Overall aufs Sofa, futtert Nixon die M&Ms weg und bietet sich als Retter des bedrohten Vaterlandes an…
"Ich will undercover arbeiten."
"Verzeihung, Sie wollen was?"
"Ich will ein Agent sein. Verstehen Sie, mit einer Dienstmarke der Drogen-Behörde kann ich Amerika meines Erachtens davor bewahren, in die Anarchie abzugleiten."
"Nun, äh…"
"Ich könnte eine Band infiltrieren oder eine Hippie-Kommune - als Spion oder Doppelagent. So was in der Art."
Filmszene
Michael Shannon macht Elvis mit diesem herrlich skurrilen Auftritt posthum auch noch zum King of Comedy. Was soll’s, dass keine Zeile dieses Gesprächs belegt ist. In guter Fiktion, so viel ist sicher, steckt eine Menge Wahrheit. Weshalb Menschen, die sich im richtigen Leben nie getroffen haben, im Kino gerne weiter an einen Tisch gesetzt werden dürfen.