"15 Jahre": Hannah Herzsprung über die Rolle der Jenny von Loeben
Mit dem Film "Vier Minuten" begann 2006 die Karriere von Hannah Herzsprung. Jetzt kommt die Fortsetzung unter dem Titel "15 Jahre" ins Kino - für sie eine Herzensangelegenheit.
Nicht eine Sekunde hat Hannah Herzsprung gezögert, als der Regisseur und Autor Chris Kraus sie fragte, ob sie sich vorstellen könne, noch einmal Jenny zu sein. Jenny von Loeben, diese musikalisch hochbegabte, aggressive junge Frau, die 15 Jahre im Gefängnis sitzt für einen Mord, den sie nicht begangen hat.
Zum Drehen mit Regisseur Kraus sagt die Schauspielerin: "Ich finde, wenn man miteinander arbeitet, ist es das Schönste, wenn man sich aufeinander verlassen und eben vertrauen kann. Das sollte in der Zusammenarbeit immer da sein. Dann kann man auch mutig sein und loslassen, dann ist das eine tolle Lebenszeit."
Sie hat losgelassen, sich eingelassen. Noch immer wirkt sie schmal in dem schwarzen Glitzerpulli, doch der Körper ist ungleich weicher als im Film. Und obwohl die langen Haare in einem strammen Dutt stecken, gilt auch für das Gesicht: Die Wangen sind wieder etwas runder. Sieben Monate lang hat die Schauspielerin vor den Dreharbeiten täglich trainiert und für Jenny diszipliniert Körperfett ab- und Muskeln aufgebaut.
Fitnesstraining zur Vorbereitung: "Das ist gar nicht mein Körper"
"Man kann halt nicht alles spielen", erklärt Herzsprung. "Solche Dinge helfen einem einfach, wenn sie gegeben sind. Und dadurch hat die Figur auch einen ganz anderen Gang und eine ganz andere Körperlichkeit. Das ist gar nicht mein Körper, den ich da hatte, in '15 Jahre', überhaupt nicht."
Auch das Klavierspiel, das Jenny virtuos beherrscht, musste sie wieder lernen. Sie hat Unterricht genommen - und wer sieht, wie sie mit den Tasten umgeht, wie sie sich mal zart, mal wild hineinwirft in das Spiel, kommt nicht sofort auf die Idee, dass im fertigen Film natürlich nicht sie zu hören ist. "Die waren so kompliziert die Stücke, da konnte ich nie am Stück alle Tasten treffen. Die Anfänge konnte ich meistens ziemlich perfekt, aber die Stücke waren ja auch meistens ziemlich lang, und da war das gar nicht möglich."
Nach "Vier Minuten" wollte sie wirklich Schauspielerin werden
Akribisch hat sich Herzsprung vorbereitet, das gehört für sie dazu. Sie will ihren Figuren die höchstmögliche Glaubwürdigkeit schenken, sie ganz und gar durchdringen. Wie erfüllend das sein kann, hat sie zum ersten Mal gespürt bei den Dreharbeiten für "Vier Minuten". Danach entschied sie, wirklich Schauspielerin zu werden. Eine entsprechende Ausbildung hat sie nie absolviert: "Das lag ganz klar daran, dass ich Prüfungsangst habe. Und Angst vor der Bühne. Ich hatte nicht Angst vor dem Nein, sondern vor der Prüfungssituation: auf der Bühne zu stehen, vorzusprechen und geprüft zu werden. Da bin ich nicht gut drin."
Noch heute ist sie ziemlich aufgeregt, wenn sie sich für eine Rolle bewirbt. Im Alltag, sagt sie, sei sie eher zurückhaltend, eine Beobachterin. "Ich finde, das ist das Schönste. Auch wenn ich mir überlege, wie ich eine Figur spiele, dann würden mir Regisseur*innen wahrscheinlich ganz oft sagen: Nein, so kannst du das nicht spielen, das macht kein Mensch! Und ich würde sagen: Doch, habe ich gestern in einem Café gesehen."
Hannah Herzsprung: "Ich liebe es, ins Kino zu gehen"
Wenn Hannah Herzsprung spielt, versinkt sie, alle anderen Gedanken sind ausgeschaltet. Sie wünscht sich, dass das auch die erleben, die ihr dabei zuschauen - und bricht eine Lanze für die große Leinwand: "Ich liebe es, ins Kino zu gehen. Das ist für mich das Schönste: In diesem Saal zu sitzen, das Licht geht aus, und dann hört man so die Popcorntüten, und im besten Fall hört das irgendwann auf. Die besten Filme sind, wenn die Popcorntüte danach nicht leer ist, weil ich einfach vergesse, dass ich dieses köstliche Popcorn auf meinem Schoß habe."