"Krieg und Frieden" in der Elphi: Ergreifender Abend mit Jordi Savall
Die UNESCO hat ihn zum "Künstler für den Frieden" ernannt, die EU zum "Botschafter für den kulturellen Dialog". Beim Internationalen Musikfest Hamburg hat Dirigent Jordi Savall am Freitag sein Konzert "Krieg und Frieden" in der Elbphilharmonie gegeben.
An einer Stelle an diesem Abend hört man eine Trommel. Nichts weiter. Sofort löst sie etwas aus: Gedanken an Krieg. Es ist ein Stück, das im Dreißigjährigen Krieg komponiert wurde, und wirkt wie eine Erinnerung an etwas, das tief in uns steckt.
Krieg und Frieden und prachtvolle Musik gegossen
Das Konzert in der Elbphilharmonie ist eine musikalische Zeitreise durch 100 Jahre zwischen Krieg und Frieden, mit Musikstücken von 1618 bis 1714: Klagelieder, Säbelrasseln, Triumphgeheul und der Ruf zur Schlacht werden in prachtvolle Musik gegossen, immer mit dem frommen Verweis auf Gott. Ein Widerspruch? Ja, genau. Darum geht es an diesem bewegenden Abend.
Jordi Savall, der katalanische Dirigent und Gambenspieler, betritt die Bühne, auf der schon seine Musiker und Musikerinnen Platz genommen haben. Er geht am Stock, setzt sich nicht vor, sondern mitten zwischen seine Kollegen und Kolleginnen, packt sein Instrument aus. Dann dirigiert er, hochpräzise.
Vibrierende Übergänge zwischen den Kulturen
Das Besondere: Vorne, im Zentrum des Orchesters, haben vier Musiker mit orientalischen Instrumenten Platz genommen. Dadurch entstehen vibrierende Übergänge zwischen den Kulturen. Wenn wieder die westeuropäische Musik übernimmt, erklingen Händel, Schütz oder Charpentiers "Te Deum" - eine Melodie, die Erinnerungen an den ESC auslöst und hier gleichzeitig sehr kriegerisch und wie mit Pulverdampf daherkommt.
Die Sänger und Sängerinnen singen ausdrucksstark, lösen sich ab wie im Gespräch, keine Stimme dominiert. Fabelhaft! Die Stücke lassen sich wie ein einziger Fluss hören. Und es entsteht der Eindruck: Die Menschen sind sonderbar. Sie führen Kriege und machen darüber die ergreifendste Musik. Vielleicht, um das Schreckliche zu bannen, oder um sich zu erinnern. "Das macht einen schon sehr nachdenklich, weil es ja gerade wieder aktueller ist denn je", erzählt eine Besucherin später. "Die Menschen lernen halt nichts aus der Geschichte, das ist leider das Traurige."
"Frieden ist das Schönste, was es gibt"
Am Ende steht Jordi Savall zum ersten Mal an diesem Abend auf, bei einem Stück von Arvo Pärt, das dieser 2004 komponiert hat, aus Anlass der islamistischen Terroranschläge in Madrid. Und als Zugabe widmet er ein spanisches Klagelied den Opfern der Kriege von heute, als Gebet für Frieden in der Ukraine, in Israel, in Gaza. Es ist ein ernstes Konzert, mit einer zutiefst menschlichen Botschaft: "Frieden ist das Schönste, was es gibt", sagt ein Zuschauer beim Rausgehen. "Alles andere könnt ihr vergessen."
Das Internationale Musikfest Hamburg geht noch bis 2. Juni. Am Mittwoch, 15. Mai, gibt es zum Beispiel noch Karten für den gefeierten Mandolinisten Avi Avital aus Israel. Er tritt um 19:30 Uhr im Hamburger Michel auf.