Molière: Draufgänger, Menschenkenner und zeitloser Komödiant
Am 15. Januar 1622 wurde Molière geboren. Wer war der Mann, der das europäische Theater geprägt hat wie niemand sonst? Ein Porträt.
Jubeltag um einen der ganz Großen der französischen Kultur, denjenigen, der die französische Sprache und zugleich das europäische Theater geprägt hat wie niemand sonst: Molière. Schon zu Lebzeiten war er ein Superstar, der aber zugleich heftig bekämpft wurde, vom Klerus wie auch von der Konkurrenz.
Zeitlose Theaterstücke
Wir Heutigen leben in einer vollständig anderen Zeit; aber Stücke wie "Tartuffe", "Der Geizige" und vor allem "Der eingebildete Kranke" gelten als zeitlos komisch und werden immer gern gespielt - und gesehen.
Sein Leben war Arbeit, schwere Arbeit fürs leichte Spiel:
"Bei ernsten Stücken genügt es, ohne sich im geringsten zu blamieren, hochbedeutende Dinge gut zu formulieren; für unsereins reicht das nicht aus. Wir müssen erheitern, und das ist eine vertrackte Sache, Leute von Geschmack zum Lachen zu bringen." Molière
Molière, getauft am 15. Januar 1622 in Paris auf den Namen Jean-Baptiste Poquelin, verstand sich meisterhaft auf diese vertrackte Sache. Die Menschen in ihrer Lustigkeit und Lächerlichkeit kann ja nur darstellen, wer sie wirklich kennt. Molière kannte die Menschen - ganz normale Menschen mit all ihren Eigenheiten. Dreizehn Jahre lang war er mit einer Wandertheatertruppe durchs ganze Land gereist, als Schauspieler und bald dann auch als Theaterdirektor. Vielleicht waren diese Jahre der Wanderschaft sogar die fröhlichste Zeit in seinem Leben. Charles d'Assoucy, einer der umherziehenden Komödianten, erinnerte sich später: "Da ein Mensch niemals arm ist, solange er Freunde besitzt und ich Molière als Mentor hatte, lebte ich, dem Teufel zum Trotz, wohlhabend und zufrieden wie nie zuvor".
Die Lust am Wortspektakel und an der Pointe
Schon die frühen Stücke, die Molière in dieser Zeit schrieb - übrigens gar nicht so sehr aus innerem, künstlerischem Drang, sondern aus dem ganz praktischen Grund, dass das Repertoire der Gruppe einfach zu klein war und die Stücke anderer Autoren viel zu oft durchfielen -, sind übervoll von seiner Lust am Wortspektakel, seiner Lust an der Pointe. Man kann gar nicht sagen, dass sein Werk dramaturgisch oder gar literarisch übermäßig reizvoll wäre. Aber Einfälle hatte er, mon Dieu, Einfälle wie kaum ein anderer, wie ein Zitat aus dem Einakter "Die Eifersucht des Angeschmierten" beweist:
"Du hältst mich also für einen Menschen, der Geld machen will, für einen Interessenjäger, eine Krämerseele? Vernimm denn, mein Freund: Wenn du mir eine Börse gäbst, randvoll mit Goldstücken, und diese Börse befände sich in einer reich verzierten Schachtel und diese Schachtel in einem kostbaren Futteral und dieses Futteral in einer wunderbaren Truhe, und diese Truhe stünde in einem geheimnisvollen Erker, und dieser Erker wäre in einem herrlichen Zimmer und dieses Zimmer in einer geräumigen Wohnung und diese Wohnung in einem pompösen Schloss und dieses Schloss in einer uneinnehmbaren Festung und diese Festung in einer berühmten Stadt und diese Stadt auf einer fruchtbaren Insel und diese Insel in einer protzigen Provinz und diese Provinz in einer blühenden Monarchie, und diese Monarchie umfasste die ganze Welt - und du gäbst mir die Welt, in der diese blühende Monarchie sich befände und darin diese protzige Provinz und darin die fruchtbare Insel und darin die uneinnehmbare Festung und darin dieses pompöse Schloss und darin diese geräumige Wohnung und darin dieses herrliche Zimmer und darin der geheimnisvolle Erker und darin die wunderbare Truhe und darin das kostbare Futteral und darin die verzierte Schachtel, in der sich die Börse befände, von Goldstücken voll - ich würde mich um dein Geld so wenig kümmern wie um dich, nämlich überhaupt nicht."
Molière: Ein Draufgänger
Molière war ein mutiger Draufgänger, der sich von den Autoritäten seiner Zeit kaum beeindrucken ließ - und sich doch zugutehielt, hoch in der Gunst Ludwigs XIV. zu stehen. Der Sonnenkönig gewährte der Wandertruppe einen festen Spielort in Paris, zunächst den Stadtpalast "Petit Bourbon", dann den "Palais Royal". Da blieben Molière noch 15 Jahre bis zu seinem frühen Tod mit 51. Sie waren angefüllt mit gelegentlicher Liebesverwirrnis und, ansonsten, unaufhörlicher Arbeit. Tagsüber spielte er, was er in der Nacht geschrieben hatte. Seine letzte Komödie war "Der eingebildete Kranke".
Todkrank spielte Molière den eingebildeten Kranken - und brach bei der vierten Vorstellung, am 17. Februar 1673, auf der Bühne zusammen. Sein alter Freund d’Assoucy schrieb ihm einen berührenden Nachruf: "Gott, was ein Los! Molière verschied, der alle fröhlich machte! Leb, Lachen, wohl! Lebt wohl, geliebte Spiele!" Sie leben bis heute: das Lachen mit Molière, die Freude am Spiel dank Molière.