Ein Symbol für männlich und weiblich übereinander gelegt. © Theater Lübeck Foto: Theater Lübeck

Binär oder nicht-binär?: Spielclub "Gender!" am Theater Lübeck

Stand: 04.06.2023 15:06 Uhr

Mann, Frau, trans* oder nicht-binär - Mit Fragen rund um Geschlechternormen, Identitäten und sexuelle Orientierung beschäftigt sich ein junges Ensemble am Theater Lübeck - im Stück "Gender!"

von Astrid Wulf

"Letztens habe ich geträumt, dass alle Menschen gleich sind. Und damit meine ich nicht, dass alle gleich aussehen oder den gleichen Charakter haben. Damit meine ich, dass die Geschlechternormen, wie sie aktuell im Patriarchat bestehen, niedergelegt und in einer gewissen Form besiegt haben." Szene aus "Gender!"

Utopien abseits von Genderkategorien – aber auch Alltagsszenen voller Intoleranz und Unverständnis gegenüber allen, die von der 0815-binären-heterosexuellen Norm abweichen, bringen acht junge Schauspielerinnen und Schauspieler auf die Bühne.

Mehr Respekt und Empathie

In collagenhaften Szenen stellt das Stück viele Fragen: Brauchen wir Gender-Kategorien? Wie sehen Sexismus und Diskriminierung im Alltag aus? Was hilft? Was sorgt für mehr Respekt und Empathie - gendersensible Sprache womöglich?

"Die Auswirkung der Sprache wird oft unterschätzt. - Wir reden aneinander vorbei! - Das ist dumm. Das ist unsinnig! - Woher weiß ich, dass wir das Gleiche meinen? Woher weiß ich, dass wir die gleichen Gesprächsregeln haben?" Szene aus "Gender!"

Projekt mit viel Herzblut

Für Theaterpädagogin und Regisseurin Katrin Ötting ist das Stück "Gender!" ein besonderes Projekt, in dem viel Herzblut der jungen und selbst sehr diversen Ensemblemitglieder steckt, sagt sie. "Alle Leute, egal, ob sie dabei sind oder nicht, haben ihre Gedanken, ihre Gefühle, ihr Wissen in dieses Projekt eingebracht. Es stehen acht auf der Bühne, aber insgesamt waren 15 bis 20 daran beteiligt. Und wir haben unglaublich viel zu dem Thema geredet, gelesen, ausprobiert, geschrieben."

Gern anderen zugehört

Mit im Spielclub, dem Nachwuchsprojekt des Theater Lübeck für Jugendliche und junge Erwachsene, ist Smilla Judel, 16 Jahre alt. Bisher hat sie nur an der Schule Theater gespielt. In "Gender!" steht sie zum ersten Mal auf einer richtigen Theaterbühne. Auch sie hat ihre Erlebnisse im Stück verarbeitet. "In diesem Ensemble hat ja jede Person unterschiedliche Erfahrungen, da wir so divers sind. Ich bin primär von Sexismus betroffen, habe meinen Anteil zu Szenen, die eher darauf basiert haben, gesetzt – habe aber auch sehr gern anderen Menschen zugehört."

Mann oder Frau, warum ist das wichtig?

"Kennst du die Momente, in denen dir Menschen im Winter in dicken Jacken, in Mützen und Schals entgegenkommen und du fragst dich: War das ein Mann oder eine Frau? Wieso hast du das Bedürfnis, das zu wissen?" Szene aus "Gender!"

Mit "Gender!" will das Ensemble Jugendliche ab der neunten Klasse ansprechen. Smilla wünscht sich, dass die Zuschauerinnen und Zuschauer etwas mitnehmen, nachdem sie das Stück gesehen haben. "Dass sie etwas erfahren, was sie vielleicht noch nicht wussten. Und: Dass sie sich verstanden fühlen, vielleicht, weil sie selbst gerade auf der Suche sind – nach ihrer Identität, nach ihrer sexuellen Orientierung, oder wenn sie unter Geschlechter-Normen oder Diskriminierung leiden."

"Meine Probleme werden gesehen, meine Probleme stehen auf einer Bühne, sie sind da, sie sind legitim, und es geht nicht nur mir so." Szene aus "Gender!"

Die Premiere von "Gender!" war am 3. Juni im Studio des Theater Lübeck – weitere Termine sind im Herbst geplant.

Dieses Thema im Programm:

NDR 1 Welle Nord | Theater auf NDR 1 Welle Nord | 04.06.2023 | 16:30 Uhr

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