Cover: Erich Kästner "Zwischen hier und dort Reisen mit Erich Kästner" © Atrium Verlag AG

"Zwischen hier und dort": Reisen mit Erich Kästner

Stand: 26.07.2024 18:03 Uhr

Erich Kästner liebte es zu verreisen: Vornehmlich mit der Bahn und oft an die Ostsee. "Zwischen hier und dort" liefert nun die besten Gedichte und Geschichten rund ums Reisen. Die ideale Urlaubslektüre für die ganze Familie.

von Anke Jahns

Besonders faszinierte Kästner vor 110 Jahren der Ort Müritz, der später dann - 1938 - mit Graal zu Graal-Müritz zusammengelegt wurde. Seine Tante Lina hatte dem Berliner, seiner Mutter und seiner Cousine Dora den Urlaub am Meer spendiert. Er entdeckte nicht nur Ostsee und Strand, ihn beeindruckte auch das Hinterland mit Heide und Wäldern. Seine Schilderungen des Strandes lassen erahnen, dass es bereits 1914 mancherorts Massentourismus gab:

"Wir borgten uns Räder und fuhren durch die Rostocker Heide nach Warnemünde, wo die Menschenherde auf der Ferienweide noch viel viel größer war als in Müritz. Sie schmorten zu Tausenden in der Sonne, als sei die Herde schon geschlachtet und läge in einer riesigen Bratpfanne. Manchmal drehten sie sich um. Wie freiwillige Koteletts. Es roch, zwei Kilometer lang, nach Menschenbraten. Da wendeten wir die Räder und fuhren in die einsame Heide zurück."

 

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Zeitdokumente von erstaunlicher Aktualität

Erich Kästner war 15, als er das erste Mal die Ostsee sah: "Dieser atemberaubend grenzenlose Spiegel aus Flaschengrün und Mancherleiblau und Silberglanz", hat er später sein Meeres-Erleben beschrieben. In "Als ich ein kleiner Junge war" hat er über seinen ersten Ostseeurlaub als Großstadtjunge aus Berlin alltägliche, lustige Begebenheiten aufgeschrieben, die heute Zeitdokumente von erstaunlicher Aktualität sind. "In diesem Buch will ich Kindern einiges aus meiner Kindheit erzählen. Nur einiges, nicht alles. Sonst würde es eines der dicken Bücher, die ich nicht mag, schwer wie ein Ziegelstein, und mein Schreibtisch ist schließlich keine Ziegelei."

Dieser erste Urlaub an der Ostsee endete abrupt:

"Mitten im Ferienglück, am 1. August, befahl der deutsche Kaiser die Mobilmachung. Der Tod setzte den Helm auf. Der Krieg griff zur Fackel. (...) Und das Schicksal trat mit dem Stiefel in den Ameisenhaufen Europa. (...) Niemand blieb in seinem Strandkorb sitzen. Alle packten die Koffer. Alle wollten nach Hause. Es gab kein Halten."

Gedicht: "Rekord wider Willen"

Dass Fett gewöhnlich oben schwimmt,
Das stimmt.-

In Sassnitz sprach Direktor Braun
Zu seiner Frau "Auf Wiederschaun!"

Und während sie sich weitersonnte,
Probiert’er, ob er schwimmen konnte.

Es ging: Es gab ihm förmlich Spaß,
Sodass er Sassnitz ganz vergaß.

Dann kriegte er den Krampf ins Bein
Und warf sich rücklings. Und schlief ein.

Als er erwachte, sah er Strand.
Braun suchte Grund und ging an Land.

Er wollte mit den Leuten reden.
Das ging nicht gut. Er war in Schweden.

Man filmte ihn, man gab ihm Orden.
Man faselte von Schwimmrekorden.

Der König gratulierte gar.
Braun fand das alles sonderbar.-
Im Postamt gab er ne Depesche
An seine Frau; er brauche Wäsche.

Und etwas Geld. "Denn", schloss er bieder,
den Rückweg schwimme ich nicht wieder.

Trotzdem kehrte Kästner 1921 als Student wieder an die Ostsee zurück. Bis 1935 verbrachte er zahlreiche Urlaube in Müritz und Rostock ("Pfingsten am Meer"), vor allem, um Menschen zu beobachten ("Ferien und Menschenkunde"). Die Beobachtungen im Ostsee-Urlaub verwandelte er in Geschichten und Gedichten wie   "Rekord wider Willen" oder "Ball im Osten: Täglich Strandfest".

"Emil und die drei Zwillinge" - für Fans von "Emil und die Detektive"

Von Warnemünde aus fuhr Kästner mehrfach mit der Eisenbahnfähre nach Dänemark: Vorlage für sein Kinderbuchuch "Emil und die drei Zwillinge". "Die Fortsetzung des Kinderbuchklassikers "Emil und die Detektive" ist genauso spannend, witzig und zeitlos. Kästner veröffentlichte diesen zweiten Teil 1935, nachdem die Verfilmung der Detektivgeschichte um Emil ein Riesenerfolg geworden war. Der Nachfolger erschien außerhalb Deutschlands, denn Kästners Bücher waren - bis auf "Emil und die Detektive" - von den Nazis verboten.

Es ist ein Wiedersehen mit den ans Herz gewachsenen Kindern des ersten Teils. Emil Tischbein und seine Freunde Gustav mit der Hupe, der kleine Dienstag und Pony Hütchen wollen dem Artisten Jacky Byron, der eigentlich zu schwer für die Kunststücke geworden ist, helfen, weiter auftreten zu dürfen. Für alle, die "Emil und die Detektive" lieben, und ein Lesespaß für die ganze Familie, von sechs bis 99!

Zwischen hier und dort

Seitenzahl:
176 Seiten
Verlag:
Atrium
Veröffentlichungsdatum:
27.02.2012
Preis:
12 €

Dieses Thema im Programm:

NDR Kultur | Der Nachmittag | 29.07.2024 | 14:20 Uhr

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