"Zwei in einem Leben": Unterhaltsame, aber zu brave Liebesgeschichte

Stand: 06.09.2024 06:00 Uhr

Der Roman "Zwei an einem Tag" des Engländers David Nicholls wurde 2009 ein internationaler Bestseller. Jetzt ist sein neues Buch erschienen, dessen deutscher Titel etwas fantasielos an den Erfolg anzuknüpfen versucht.

von Katja Eßbach

Die zwei Titelprotagonisten heißen Marnie und Michael, und es ist von Anfang an klar, dass da was geht. Aber diese Vorhersehbarkeit ist bei romantischen Liebesgeschichten - und nichts anderes ist "Zwei in einem Leben" - Teil der Abmachung und mindert das Vergnügen nicht. Marnie ist freiberufliche Lektorin und vor allem eines: einsam. Seit ihrer Scheidung lebt sie allein.

Auch Michael hat eine Trennung hinter sich und versucht, in seinem neuen Leben Fuß zu fassen. Der Erdkundelehrer liebt Ruhe und lange Spaziergänge. Dass die beiden im Leben Gestrandeten aufeinandertreffen, haben sie ihrer gemeinsamen Freundin Cleo zu verdanken. Die nötigt sie zu einem Wanderausflug, inklusive unbekannten Mitwanderern und englischem Mistwetter. Einigen Wanderern setzt das Wetter so zu, dass sie aufgeben. Übrig bleiben nur Marnie und Michael.

Nicholls' Roman fehlt das gewisse Etwas

Was haben wir Nicholls' Roman "Zwei an einem Tag" geliebt: romantisch, witzig, charmant, mit genau der richtigen Prise Tiefgang. David Nicholls kann das einfach schreiben! Aber in seinem neuen Roman gelingt ihm diese Mischung nicht so recht. Irgendwie fehlt das gewisse Etwas. Die ganze Zeit wartet man auf einen Plot-Twist, irgendwas, dass zündet und die Geschichte befeuert. Leider passiert das nicht und so ist "Zwei in einem Leben" ein bisschen zu brav. Was sehr schade ist, denn die Geschichte ist gut, Nicholls' Ton gewohnt unterhaltsam und witzig. Beispielsweise als er beschreibt, wie Marnies Freundeskreis im Laufe der Zeit immer kleiner wurde:

An ihrem einundzwanzigsten Geburtstag hatte sie locker ein Hinterzimmer im Pub gefüllt und an ihrem dreißigsten einen langen Tisch beim Italiener. Zu ihrem vierzigsten überlegte sie nun, mit ein, zwei Freundinnen im Park spazieren zu gehen - eine ehemals populäre Band, die gezwungen ist, in zunehmend kleineren Locations zu spielen. Leseprobe

Lebendige Protagonisten

Marnie und Michael kommen sich beim Wandern im Regen selbstredend näher. Und das beschreibt David Nicholls wirklich wunderbar. Wie zwei verletzte Menschen versuchen, den Mut aufzubringen, sich wieder zu öffnen und zu vertrauen. Überhaupt sind die beiden Protagonisten das große Plus des Buches. Nicholls zeichnet sie facettenreich und lebendig. Genau wie die fragwürdigen Unterkünfte, in denen beide absteigen müssen:

Eine Glühbirne an der Decke, Vinylboden in Holzoptik, eine speckige schwarze Tagesdecke, Ausblick auf die Gleise. Leseprobe

"Zwei in einem Leben" ist eine warmherzige, nette Geschichte. Das ist mehr, als andere Autoren zu schreiben vermögen, für David Nicholls ist es leider zu wenig.