Thomas Gottschalk liest in Hamburg: Ein Abend voller Widersprüche
Thomas Gottschalk hat ein Buch mit Beobachtungen über die Gegenwart geschrieben. Im Zeise Kino in Ottensen hat er "Ungefiltert" vorgestellt. Er beklagte sich über neue Empfindlichkeiten und darüber, dass man nicht mehr alles sagen dürfe.
Nicht über eine Showtreppe, sondern durch den Hintereingang kommt Thomas Gottschalk in die Zeise Hallen. Er trägt eine schwarze Lederhose, ein T-Shirt mit einer Madonna und ein schwarzes Jackett. Geduldig schreibt er Autogramme, noch vor der eigentlichen Signierstunde. Dann geht es auf die Bühne. "Ich bin kein mürrischer alter Mann, sondern ich bin der, den ihr kennt und auf den ihr euch hoffentlich gefreut habt", eröffnet Gottschalk den Abend.
400 Fans bei Gottschalk-Auftritt
Der Auftritt dauert gerade mal knapp über eine Stunde. Dafür unterschreibt Gottschalk hinterher tapfer alles, was die fast 400 Fans ihm hinhalten - Poster, Fotos und sein neues Buch: "Ungefiltert. Bekenntnisse von einem, der den Mund nicht halten kann". Das klingt zum Beispiel so:
Liebe Lesende. Geht schon los. Lieber Leser stand da eigentlich, als ich in den 50er-Jahren des vergangenen Jahrhunderts angefangen habe, Bücher zu lesen. In meiner damaligen kindlichen Einfachheit habe ich gedacht, die Mädchen würden sich problemlos eine Leserin hinzudenken. Ich würde völlig zurecht beiseite rutschen, um Platz zu machen, den sie völlig zurecht für sich beanspruchten. Leseprobe
Ex-Showmaster beklagt Empfindlichkeit der Menschen
Wer sein Buch liest und ihm zuhört, merkt: Thomas Gottschalk ist unzufrieden. Mehrfach sagt er an diesem Abend, dass man nicht mehr alles sagen dürfe. Sagt aber auch, dass er keiner sei, der sage, man dürfe nicht mehr alles sagen. Es gibt viele Widersprüche an diesem Abend. Wie derzeit über ihn berichtet werde, gefalle ihm nicht. "Im Moment werde ich reduziert auf die paar Sachen, an die ich mich gar nicht mehr erinnere", so Gottschalk. Zudem seien viele viel zu empfindlich.
"Ich bin niemand, der irgendjemandem in seinem ganzen Leben zu nahe treten wollte. Nur ist die Frage, ich entscheide ja heute gar nicht mehr, ob ich jemandem nahe treten will. Sondern der, dem ich zu nahe getreten bin, der entscheidet, dass ich ihm zu nahe getreten bin", so Gottschalks Sichtweise.
Fans im Zeise verehren "Held meiner Jugend"
Ob er womöglich schon früher Menschen zu nahe getreten sein könnte und ob nicht er, sondern sein Gegenüber entscheide, was zu viel sei, darüber spricht Gottschalk nicht. Kritik muss er im Zeise nicht fürchten, er hat hier Heimspiel. Als Helden ihrer Kindheit und Jugend oder lebende Legende bezeichnen viele den ehemaligen Showmaster. "Er redet so, wie er früher geredet hat. Heute eckt er an, weil viele empfindlicher geworden sind. Aber unsere Generation empfindet das eigentlich nicht so", findet eine Zuhörerin.
Gottschalk beharrt auf eigener Sichtweise
Als die Mikros schon ausgeschaltet sein müssen, quasselt Thomas Gottschalk über alles mögliche, das Buch ist schon Nebensache. In eine rechte Ecke lasse er sich nicht drängen. 3Sat und Arte finde er gut. Wenn er Zigeunerschnitzel oder Mohrenkopf sage, dann greife das niemanden an. Kinder schlagen sei keine Frage von Gewalttätigkeit, sondern fehlender Beherrschung.
Leider selten gibt es lustige Showgeschäft-Anekdoten. "Bei 'Wetten, dass..?" saßen Menschen, die nicht glauben konnten, dass es eine Sendung ohne Werbung gibt. Die haben gesagt, 'When do we have a break, I need to talk to my Make-Up person.' Da hab' ich gesagt: 'Es ist zu spät, jetzt geht nichts, jetzt läuft nichts.'"
Gottschalk scheint in Vergangenheit zu leben
Es entsteht nicht der Eindruck, dass Thomas Gottschalk ein besonders schlimmer Mensch ist. "Ich bin der Thomas", sagt er zu den nervösen Fans bei der Fragerunde. Aber er scheint in der Vergangenheit zu leben. Fraglich, ob er andere Meinungen akzeptiert. Oder ob sie ihn interessieren. Auch wenn die Fans im Saal begeistert wirken - enttäuschend ist das alles schon.