Roman "Rosa": Eine junge Frau schöpft neuen Lebensmut
Wenn man sich auf Anne Cathrine Bomanns Roman "Rosa" einlässt, dann haftet sich die Geschichte im Gedächtnis der Leserinnen und Lesern fest - wie die Saugnäpfe eines Oktopusses.
Ein hell-orangener Einband. Darauf sind vier Arme eines blass-blauen Oktopusses zu sehen, einer umspielt lässig die Buchstaben des Titels. Sein Körper windet sich raumgreifend über den Buchrücken bis auf die Rückseite. Wenn es einen Preis für das schönste Cover der Saison gäbe, dieser Roman hätten große Chancen auf den Titel.
Zurückgezogen in der eigenen Welt
Ebenso tastend, wie die Arme des Oktopusses, bewegt sich die dänische Autorin Anne Cathrine Bomann durch ihren dritten Roman. Hauptfigur ist Vigga, Mitte 20, die ihren Platz in der Welt sucht. Schon als Kind spürt sie, dass eine innere Wand sie von anderen Menschen trennt. Einzig ihrer Freundin Maiken kann Vigga sich öffnen - bei anderen Menschen hat sie damit Schwierigkeiten. Doch als Maiken ein Kind erwartet, droht Vigga ihre einzige echte Bezugsperson zu verlieren. Den Kontakt zu ihrer Familie beschränkt sie auf das Nötigste, einen Job hat sie nicht. Deshalb vermittelt ihr das Arbeitsamt immer wieder Praktikumsplätze. Seit kurzem arbeitet sie in Dänemarks größtem Aquarium:
Leere und volle Becken, Eimer und Tische mit Resten von Eingeweiden und klebrigen Schuppen, fettige Fingerabdrücke auf den Glasscheiben. Alles muss in einem ewigen Kreislauf gewischt, geputzt und getrocknet werden. (…) Die meisten haben daneben noch andere Zuständigkeiten, sind für bestimmte Tierarten verantwortlich, müssen Vorträge halten, aber ich nicht. Leseprobe
Vigga ist gelangweilt und hat Mitleid mit den Tieren. Doch dann passiert etwas: Die scheue Vigga trifft auf Rosa, den Oktopus.
Rosa verharrt einige Sekunden in ihrer Warteposition, dann legt sich die äußerste Spitze eines Arms auf meinen Handrücken. (…) Ich muss lächeln, hautsächlich vor Überraschung. Rosa schaut mich jetzt direkt an, und irgendwie finde ich, sie hat etwas Abgeklärtes. (…) Das Gefühl ihrer Saugnäpfe an meiner Haut, als sie sich meinen Arm hinaufwindet, ist anders als alles, was ich je erlebt habe. Leseprobe
Vigga wagt einen Neuanfang
Zwei Einzelgänger begegnen sich - ein Moment, der Viggas Leben verändert. Nun hat sie wieder einen Grund, morgens aufzustehen. Sie verbringt viel Zeit vor Rosas Aquarium und liest sich Wissen an über die schlauen Kraken. Auch als Leser profitiert man davon. Letztlich geht es in "Rosa" aber um einen Aufbruch, einen Neuanfang - auch wenn man eigentlich große Angst vor Veränderungen hat. Warum es sich trotzdem lohnt, über den eigenen Schatten zu springen - davon erzählt dieser leise, tiefgründige Roman.
Ein Buch mit einer Protagonistin, die einerseits nicht immer sympathisch ist, die man andererseits aber einfach mal in den Arm nehmen möchte. Wenn man sich auf Anne Cathrine Bomanns Geschichte einlässt, dann haftet sie sich im Gedächtnis der Leserinnen und Lesern fest - wie die Saugnäpfe eines Oktopusses.
Rosa
- Seitenzahl:
- 240 Seiten
- Genre:
- Roman
- Zusatzinfo:
- Aus dem Dänischen von Franziska Hüther
- Verlag:
- hanserblau
- Bestellnummer:
- 978-3-446-28154-7
- Preis:
- 22 €