"Refugium": Thriller im Stil der Millenium-Romane von Stieg Larsson
John Ajvide Lindqvists Roman ist ein solider Thriller mit vielen spannenden und gruseligen Momenten. Gleichzeitig kann man "Refugium" durchaus als Satire lesen.
Die Millenium-Trilogie von Stieg Larsson, das war ein weltweiter Thriller-Erfolg. Larsson starb aber schon 2004, seitdem wird die Reihe von anderen Autoren weitergeführt. Einer davon wollte John Ajvide Lindqvist sein. Er ist selbst Bestsellerautor, sein Buch "So Finster die Nacht" wurde gleich dreimal verfilmt. Sein Manuskript für einen neuen Millenium-Roman wurde aber abgelehnt. Den Text hat er dann aber nicht weggeworfen, sondern umgearbeitet. So ist sein neuer Thriller "Refugium" entstanden, der an der einen oder anderen Stelle doch sehr an die Millenium-Romane erinnert.
"Refugium" spielt mit Elementen der Millenium-Trilogie
Krimiautorin Julia hat es geschafft: Sie soll den neuen Millenium-Roman schreiben. Sie trifft ihre Lektorin Helena, um über das Manuskript zu sprechen.
"Wir finden, es ist ein sehr gutes Buch. Wirklich sehr gut, aber könnten wir uns auf eine andere Handlung einigen?" "Aber die Handlung ist doch das Buch." (…) "Sie wollen also, dass ich ein anderes Buch schreibe?" "Das habe ich nicht gesagt. Nur ein Buch mit einer anderen Handlung." Leseprobe
So ähnlich muss John Ajvide Lindqvist es wohl erlebt haben. Stieg Larssons Erben wollten sein Fortsetzungsmanuskript nicht haben. Tatsächlich spielt "Refugium" nun durchgehend mit den Elementen der Millenium-Trilogie. Zum einen mit der Meta-Handlung über die Krimiautorin Julia. Sie ist das, was in den anderen Büchern Mikael Blomkvist ist. Auch Lisbeth Salander hat ein Pendant: Kim Ribbing, ein Mann mit langen Haaren, von Narben übersäht. Er stöbert, wie Lisbeth Salander, viel im Darknet.
Sobald er in den Server der anderen Person eingedrungen war, durchsuchte er deren E-Mails nach Kontakten mit ähnlichen Interessen und schleuste einen Trojaner ein. Alle E-Mails, die der Pädophile anschließend in seinem Bekanntenkreis schickte, waren dann infiziert (…). Leseprobe
Kim und Julia treffen bei einer Recherche aufeinander. Dann wird ein Nachbar Julias zusammen mit seinen Grill-Gästen erschossen. Die Spur führt nach China und von dort wieder zurück nach Schweden. Es geht um Betrug in der Ölindustrie. Ein internationaler Fall.
John Ajvide Lindqvist übertreibt es mit dem Humor
"Refugium" kann man durchaus als Satire lesen. Gerade in Kims Vergangenheit gibt es Übeltäter, denen er es heimzahlen will, wie Lisbeth Salander. Stellenweise übertreibt Lindqvist es aber mit dem Humor. Dass eine der Hauptfiguren ein chinesischer Beamter namens Bruce Li ist, das haut einen beim Lesen einfach raus. Es gibt aber auch viele spannende und gruselige Momente.
Auf einem Stuhl zwei Meter von ihrem Bett saß ein älterer Mann (…). Im Schein des Nachtlichts betrachtete er Astrid. Sie fühlte sich nackt in ihrem dünnen Hemd, tastete nach der Decke und zog sie über sich. Leseprobe
Tiefe Schockerlebnisse und vor Spannung abgekaute Fingernägel, wie in den ersten drei Millenium-Romanen von Stieg Larsson, wird hier kaum ein Leser haben. Es ist ein solider Thriller, der nicht langweilt und den man im Sommer gut am Strand lesen kann. Er ist übrigens auch der Auftakt einer Trilogie - auch das hat sich John Ajvide Lindqvist bei Stieg Larsson abgeschaut. Vielleicht tut er aber besser daran, sich mehr auf den Thrill und weniger auf die Satire zu konzentrieren.
Refugium
- Seitenzahl:
- 528 Seiten
- Genre:
- Roman
- Zusatzinfo:
- Aus dem Schwedischen von Franziska Hüther, Ricarda Essrich, Thorsten Alms und Hannes Langendörfer
- Verlag:
- dtv
- Bestellnummer:
- 978-3-423-28364-9
- Preis:
- 24 €