Ich bin Ich - Die Frauen des Blauen Reiter
Die Gründer der Künstlervereinigung "Blauer Reiter", Franz Marc und Wassili Kandinsky, sind weltberühmt. Dabei gab es auch die "Frauen des Blauen Reiter", die sich um 1900 gegen zahlreiche gesellschaftliche Vorurteile als Künstlerinnen durchsetzten. Nun erinnert der Bildband von Birgit Poppe "Ich bin Ich. Die Frauen des Blauen Reiter" an diese Malerinnen. Anette Schneider stellt ihn vor.
Leseprobe:
"Sehen Sie Fräulein, es gibt zwei Arten von Malerinnen: die einen möchten heiraten - und die anderen haben auch kein Talent."
So spottete 1901 der "Simplicissimus". Malen als Zeitvertreib, das war jungen Mädchen damals erlaubt. Ganz anders sah es aus, meinte es eine ernst mit der Kunst, wie etwa Marianne Werefkin.
Leseprobe:
"Ich will arbeiten bis zur Tollheit! All mein Sinnen und Trachten gehört der Arbeit!" (Marianne Werefkin)
Die Kunst als Privatsache
Da verstanden die Herren der Schöpfung keinen Spaß mehr: Frauen erhielten keinen Zugang zu den Akademien. Wollte eine dennoch Künstlerin werden, musste sie dies gegen familiäre und gesellschaftliche Widerstände erkämpfen - und sich mit Privatunterricht begnügen.
Gleich drei solcher Frauen stellt nun die Kunsthistorikerin Birgit Poppe in ihrem Buch vor: Es sind die "Frauen des Blauen Reiter", Gabriele Münter, Marianne Werefkin und Maria Frank.
Birgit Poppe (Buchzitat):
100 Jahre nach der Gründung des Blauen Reiters ist es an der Zeit, diese tatkräftigen und schöpferischen Frauen, die erstmals für sich das Recht in Anspruch nahmen eine eigene künstlerische Karriere anzustreben, anhand umfangreichen Materials genauer vorzustellen.
Dichte Schilderung der Lebensumstände
Zwar sind Leben und Werk Münters, die viele Jahre mit Wassili Kandinsky liiert war, längst umfassend erforscht. Das gleiche gilt für die Russin Marianne Werefkin, die bei Ilja Repin gelernt hatte, bevor sie zehn Jahre lang das Malen aufgab, um den jungen Alexander Jawlensky zu fördern. Und die kaum bekannte Dritte im Bunde, Maria Franck, die später Franz Marc heiratete, bleibt auch bei Poppe blass.
Dennoch gelingt es der Autorin dank umfangreichen historischen Materials, ein atmosphärisch dichtes Bild von den Lebensumständen der Künstlerinnen zu entwerfen, die kurz nach 1900 in München aufeinandertrafen.
Leseprobe:
Die quirlige Kunststadt mit ihren zahlreichen Ateliers, innovativen Ausbildungsstätten und berühmten Künstlerpersönlichkeiten lockte Jahrzehntelang kreative und schöpferische Kräfte aus dem In- und Ausland an. Hier gab es interessante Kontakte, diskussionswürdige Ausstellungen und viele Künstlervereinigungen mit neuen Ideen.
Ein Kampf um die Kunst
Fotos zeigen die Frauen bei der Arbeit, im Gespräch mit Freunden, auf Ausflügen. Zitate aus Briefen und Tagebüchern erzählen von privaten Problemen ebenso wie über die Zweifel an der eigenen, künstlerischen Arbeit.
Schließlich rangen die drei darum, den vorherrschenden Kunstvorstellungen etwas Neues entgegenzusetzen.
So notierte Gabriele Münter 1908 begeistert (Zitat):
"Ich habe da nach kurzer Zeit der Qual einen großen Sprung gemacht - vom Naturabmalen - mehr oder weniger impressionistisch - zum Fühlen des Inhaltes, zum Abstrahieren - zum Geben des Extraktes."
In einer Männerdomäne behauptet
Auch wenn die vielen, durchweg farbigen Abbildungen die künstlerische Entwicklung der drei Malerinnen deutlich machen - in ihrem Text widmet sich Poppe vor allem dem Beziehungschaos der Frauen, die lange in zermürbenden "wilden Ehen" und Dreiecksbeziehungen lebten.
Die gesellschaftlichen Zwänge, gegen die sie tagtäglich ankämpfen mussten, um sich überhaupt als Künstlerinnen durchsetzen und behaupten zu können, geraten ihr dabei leider zur Nebensache.
Ich bin Ich
- Seitenzahl:
- 160 Seiten
- Genre:
- Bildband, Sachbuch
- Verlag:
- DuMont, 160 Seiten mit 72 farbigen und 38 Schwarzweiß-Abbildungen
- Bestellnummer:
- 978-3-8321-9359-1
- Preis:
- 29,99 €