"Hier im Dunkeln": Spannungsvoller Krimi über den Theaterbetrieb
Alexis Soloski ist eine preisgekrönte Theaterkritikerin der "New York Times". Aus ihrem Insiderwissen über den Theaterbetrieb hat sie jetzt einen spannungsvollen und sehr besonderen Roman geschrieben.
Ein Krimi aus dem Theatermilieu oder präziser: aus dem Theaterkritikermilieu - das ist endlich mal was anderes als die manchmal etwas ermüdenden Regional- und Schmunzelkrimis. Im Mittelpunkt steht Vivian Parry, eine berüchtigte New Yorker Theaterkritikerin, gefürchtet für Verrisse und sparsames Einfühlungsvermögen.
Ein Uniabsolvent verschwindet
Vivian ist Single, hat einen unguten Hang zu Alkohol und Tabletten; allein dem Theater gehört ihr Herz. Und so zögert sie zwar, als David Adler, ein Uniabsolvent, sie für seine Abschlussarbeit interviewen will, sagt aber schließlich zu. Nach dem Treffen mit ihr verschwindet Adler spurlos. Und Vivian hat ein ungutes Gefühl:
Wohin verschwand er in den darauffolgenden Stunden? Und wie und wann und weshalb hat er gelernt, sich in dieser Welt so gut zu verstellen? Und war irgendetwas von dem, was er mir gezeigt hat - die Nervosität, seine Aufregung -, auch nur ansatzweise echt gewesen?
Diese Fragen lassen Vivian keine Ruhe, und obwohl sie es mit Menschen und - Gott bewahre - Gefühlen nicht so hat, macht sie sich auf die Suche nach David Adler.
Von der Theaterkritikerin zur Privatermittlerin
Alexis Soloski hat einen sprachlich, aber auch dramaturgisch sehr eleganten Roman geschrieben. Wie an feinen Fäden zieht sie uns Leserinnen und Leser immer tiefer hinein in eine dunkle Geschichte, verkompliziert durch Tabletten und Alkohol. Wem können wir, wem kann Vivian noch trauen? Die geht inzwischen ganz und gar auf in ihrer Rolle als Privatermittlerin. Und scheint in Gefahr zu geraten:
Da liegt ein gefaltetes Blatt Papier, das unter der Tür durchgeschoben wurde. Eine Nachricht der Hausverwaltung, nehme ich an. Aber die Hausverwaltung hat mich noch nie auf diese Weise kontaktiert, mit rotem Permanentmarker und nur mit vier Worten. Ein Imperativ, der für jeden Theaterkritiker unmöglich zu befolgen ist. Sie lauten: HÖR AUF ZU SUCHEN!
Alexis Soloski pointierte, originelle Sprache
Angetrieben von Schlafmangel, Selbstüberschätzung und Alkohol macht Vivian weiter. Sie schleust sich mit falscher Identität in eine Firma ein, in der Adler gearbeitet hat, verliert immer mehr den Kontakt zur Realität und sich selbst. Das beschreibt Alexis Soloski pointiert und mit fröhlichen Seitenhieben in Richtung Theaterszene. Und in origineller Sprache:
Die Haare, eine Mähne aus fettigem Blond, ihr Gesicht gleich den nicht zusammenpassenden Winkeln einer kubistischen Strichzeichnung. Die daunengefüllten Ringfalten ihres schwarzen Mantels verschlingen ihre Figur, aber Hals und Knöchel lassen auf eine Statur schließen, die selbst einen Rührstab noch fett erscheinen lassen würde.
"Hier im Dunkeln" ist ein sehr feiner psychologischer Spannungsroman, dessen Sog man sich kaum entziehen kann. Und an dessen Ende Vivian Parry alles ist, aber kein Opfer.
Hier im Dunkeln
- Seitenzahl:
- 384 Seiten
- Genre:
- Krimi
- Zusatzinfo:
- Aus dem Amerikanischen von Christian Lux
- Verlag:
- Eichborn
- Bestellnummer:
- 978-3-8479-0182-2
- Preis:
- 24 €
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