"Das kleine Haus am Sonnenhang": Nostalgietrip von Alex Capus
Oft geht es in den Romanen des Schriftstellers Alex Capus um das eigene Leben - so auch in "Das kleine Haus am Sonnenhang". Aber eigentlich geht es in diesem schmalen Buch vor allem ums Schreiben.
Als ich noch ein ziemlich junger Mann war, nicht mehr Student und noch nicht Schriftsteller, habe ich für fast kein Geld im Piemont ein kleines Haus gekauft. Es war ein wirklich kleines Haus. Ganz allein stand es in einem Seitental des Seitentals an einem terrassierten Sonnenhang, der wohl einst ein Rebberg gewesen war. Leseprobe
Hier verbringt Capus mit seiner Freundin Nadja, die heute seine Frau ist, verwunschene Sommer - mit Blick auf das Dorf, das aus der Ferne wie ausgestorben scheint.
Capus ist ein Meister der pointierten, präzisen und doch wie hingetupft wirkenden Beschreibung. Der damals angehende Schriftsteller bleibt auch über die Winter in dem kleinen Haus - bis sein erster Roman fertig ist. Nur ab und zu radelt er ins Dorf und trifft in der Bar Da Pierluigi Mauro, Roberto, Sergio und die anderen. Männer, die wie er ein bisschen Gesellschaft suchen.
Die Suche nach den eigenen Wurzeln und Prinzipien
Capus nimmt uns mit auf einen Nostalgietrip in die "letzten Jahre des 20. Jahrhunderts", als es noch Tankstellen mit Tankwart gab, schriftliche Nachrichten nur per Post zugestellt wurden und fast niemand ein Handy besaß. Er erzählt von alltäglichen Begebenheiten - dem Kauf eines Ofens für sein kleines Haus - und außergewöhnlichen: An einem Winterabend wird der Opferstock in der Kirche aufgebrochen. Da reicht es nicht, dass die Carabinieri ermitteln, der "Maresciallo" muss gerufen werden. Und wie er dieses "Verbrechen" regelt, ist unbedingt lesenswert. Am Ende holt er die eigene Geldbörse hervor:
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Aber eigentlich geht es in diesem schmalen Buch vor allem ums Schreiben, um die Suche nach den eigenen Wurzeln und Prinzipien. In dem Maresciallo, der gedankenverloren die Spuren im Schneefeld vor der Kirche betrachtet, erkennt Capus einen "Wesensverwandten":
Wenn ich einen Roman schreibe, stehe ich wie er vor dem Schneefeld der Vergangenheit und versuche mir aus den Fußstapfen, welche die Menschen hinterlassen haben, einen Reim zu machen. Leseprobe
Erst allmählich kristallisiere sich dann eine "Fährte" heraus.
Alex Capus: "Ich lebe, weil ich ein Mensch bin."
Es ist erstaunlich, wie es Alex Capus gelingt, die verschiedenen Ebenen zu verbinden - die Alltagsgeschichten aus dem Dorf mit den ebenso unterhaltsamen wie erhellenden Gedanken über sein Schreiben und das, was ihm im Kern am wichtigsten zu sein scheint: die Liebe und das Leben. In dem er eben nicht Tag und Nacht auf der Suche nach neuen Figuren und Stoffen sei:
Ich weiß, dass es Autoren gibt, die bei jeder Beerdigung, jeder Liebesnacht und jedem Kneipengespräch an literarische Verwertbarkeit denken. Ich arbeite nicht so. Das fände ich unredlich, vielleicht sogar hinterhältig (...). Ich lebe, weil ich ein Mensch bin. Meine Arbeit als Schriftsteller verrichte ich zu Bürozeiten. Leseprobe
Anfangs, in dem kleinen Haus am Sonnenhang, auch mal nachts. Irgendwann erobert ein Siebenschläfer den Dachboden, wird der Ofen gestohlen, ist der Roman fertig. Alex Capus bricht auf - und wir freuen uns auf weitere Geschichten von ihm.
Das kleine Haus am Sonnenhang
- Seitenzahl:
- 160 Seiten
- Genre:
- Roman
- Verlag:
- Hanser
- Bestellnummer:
- 978-3-446-27941-4
- Preis:
- 22 €