"Das große Blau: Côte d‘Azur": Kulturgeschichte mit Augenzwinkern

Stand: 10.07.2024 13:50 Uhr

Einer der schönsten Küsten Südfrankreichs hat Autorin und Journalistin Katja Eichinger ein ganzes Buch gewidmet. Darin lässt sie den Leser in der Geschichte und Natur, aber auch in der Welt des Glamours schwelgen.

von Benedikt Scheper

Blauer als das schönste Blau wirkt das Meer an der Côte d’Azur. Die mondäne Küste ist ein Magnet der Reichen und Schönen. Seit einem Jahrhundert: Refugium von Adel und Geld-Adel. So beschreibt es Katja Eichinger in ihrem unterhaltsamen Buch. Die Autorin kennt die Magie der Riviera, besucht sie seit 30 Jahren: "Die Côte d’Azur ist für mich deswegen so ein magischer Ort, weil er so viele Widersprüche verbindet. Einerseits den Exzess, die Super-Yachten, die extremen Autos, die großen Villen. Und andererseits die schöne Natur und sehr viele schöne Kunst."

Schon Pablo Picasso liebte es, durch die südfranzösischen Häfen zu flanieren: empfangen wie ein Pop-Star, erklärt der Band. Gunther Sachs und Brigitte Bardot waren damals das Traumpaar. Sie begründeten den "Mythos Côte d’Azur"

Mit den Prominenten kamen die Paparazzi, die Freiwildjäger der Unterhaltungsindustrie. Die Paparazzi unterlegen mit ihren Foto-Trophäen die Klatschgeschichten, die genauso zum "Markt der schönen Lügen" gehören - so Bertolt Brecht über Hollywood - wie die Filme, Musik, Mode, Bücher und Magazine der Popkultur. Zitat aus "Das große Blau: Côte d‘Azur"

Côte d‘Azur: Paradies der Superreichen

Katja Eichinger kennt den internationalen Jetset, hat selbst als Film-PR-Agentin gearbeitet. Sie beschreibt, wie spätestens seit der Hochzeit des monegassischen Fürsten mit Schauspielerin Grace Kelly ein Hauch von Hollywood in Europa weht. Das Film-Festival an der Croisette ist gestern wie heute ein Schaulaufen der Stars. Eskapaden inklusive. "Das sicherlich extremste Erlebnis", erzählt Eichinger, "war, als ich mich um Charlie Sheen kümmern musste, der am Abend zuvor die Hotelbar leer getrunken hatte: Am Abend vor den Interviews, und dann am nächsten Tag den Journalisten erzählte, er habe Gott gefunden, und niemand wollte die Bar-Rechnung bezahlen."

Von Cannes bis Saint-Tropez: Glanz und Glamour, soweit das Auge reicht. Amüsiert entfaltet Katja Eichinger das Paradies der Superreichen und spannt einen kritisch-philosophischen Bogen.

Hier kann man sie beobachten, die winzige Gruppe an Superreichen, die mit ihrer ständig wachsenden wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Macht den Rest der Menschheit scheinbar hinter sich gelassen haben. (…) Es birgt eine gewisse Ironie, dass der fast bettelarme Nietzsche an demselben Ort ein Konzept zur Vollendung brachte, wo es heute von den vermeintlichen Übermenschen des digitalen Turbokapitalismus wieder einmal fehlinterpretiert wird. Zitat aus "Das große Blau: Côte d‘Azur"

Stilistisch und inhaltlich elegant skizziert

Leben wie Gott in Frankreich, das wollte schon die Zaren-Familie, erzählt Katja Eichinger in kurzweiligen historischen Rückblicken, auch wenn mittlerweile die Oligarchen nicht mehr kommen, seit Russlands heutiger Herrscher einen Krieg begann.

Stilistisch und inhaltlich elegant skizziert Katja Eichinger die Welt aus Casinos und Grand-Hotels und kommt am Ende zu einem interessanten Fazit: Das wahre Lebenselixier der Côte d’Azur gehört jedermann. Das große Blau von Himmel und Meer: "Yves Klein, der Künstler, hat es als junger Mann zum Kunstwerk erklärt und patentieren lassen. Es ist heute das Yves-Klein-Blau. Das wir aus dem Alltag kennen, von Tassen, von Bettwäsche, überall, das ist das Blau der Côte d’Azur, das uns allen gehört." "Das große Blau", so der Titel, ist eine augenzwinkernd erzählte Kulturgeschichte der Côte d‘Azur.

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