Buchtipp: Warum Musik in unseren Genen liegt
Warum hören Menschen gern Musik? Warum stimmen uns Melodien fröhlich oder traurig? Seit sich Jörn Bullerdiek und Christine Süßmuth, kennen, haben sie viel über solche Fragen diskutiert und schließlich gemeinsam ein Buch geschrieben.
Jörn Bullerdiek ist kommissarischer Direktor des Rostocker Instituts für Medizinische Genetik, Christine Süßmuth ist Sopranistin. Der Biologe und die Sängerin sind beide fasziniert von der Musik. Aber sie blicken aus zwei ziemlich verschiedenen Perspektiven auf das Thema. Mit spürbarer Freude umkreisen sie es. Dabei blicken sie zurück in die griechische Mythologie. Jörn Bullerdiek fallen da zum Beispiel die Sirenen ein, "die ja allein mit ihrem Gesang es schaffen, Seeleute auf ihre Insel zu locken und sie dann umzubringen. Dann natürlich Orpheus, der es schafft, die Gottheiten der Unterwelt allein mit seinem Gesang zu überzeugen, dass seine Gattin wieder an die Oberwelt kommen kann."
Der Kampf um die Musik ist ein Kampf um die Macht
Der Kampf um die Musik war bei schon den Griechen der Kampf um Macht und das setzte sich in der Historie fort, betont Christine Süßmuth. "Im Barock haben ja die Herrscher Musiker zur Repräsentation, Machtausübung und Machtdarstellung um sich versammelt."
Die 47-Jährige, die selber im international gefragten Balthasar Neumann Chor singt, hat sich schon immer gefragt, warum Klänge eine so bezaubernde Wirkung auf den Menschen haben. "Es bleibt ja immer am Ende was Unerklärliches. Gerade nach so einem Konzert, wenn es dann vorbei ist und wenn es toll war - wie passiert das, wie geht es, dass es so toll ist?"
Erinnert Musik an frühere Geräusche?
Ihr Partner hat die Theorie, dass Musik uns an früher gehörte Geräusche erinnere. Und das Geräuschgedächtnis sei schon für den Ur-Menschen von elementarer Bedeutung gewesen, erklärt Bullerdiek. "Hören wir den Löwen in der Entfernung oder den Bären, oder ist es ein rauschender Wasserfall - das ist natürlich etwas, was über Leben und Tod entscheidet."
Christine Süßmuth setzt Lieder ganz bewusst ein, um ihre eigenen Stimmungen zu verstärken. "Wenn ich fröhlich sein will, höre ich zum Beispiel die vier Jahreszeiten von Vivaldi - den Frühling."
Bei der Erinnerung an positiv erlebte Geräusche schüttet das Gehirn Dopamine, Glückshormone, aus, meint der Biologe. Und so könne uns sogar schon der Gedanke an schöne Musik glücklich machen. Die Sopranistin glaubt allerdings, dass doch noch ein bisschen mehr dahinter steckt. "Man ist umgeben von Schallwellen und befindet sich in einem Sonaversum. Musik verbindet uns mit dem Universum. Das finde ich einen schönen Gedanken."
Musik stärkt das Zusammengehörigkeitsgefühl
Einig sind sich die beiden, dass gemeinsames Singen für die Entwicklungsgeschichte des Menschen wichtig gewesen sein muss. Bullerdiek sieht auch hier wieder Glückshormone im Spiel: "Wenn man in der Evolution nochmal schaut, was könnte wirklich der Vorteil des gemeinsamen Singens gewesen sein, dann ist es das Stärken des Zusammengehörigkeitsgefühls und diese Zusammengehörigkeit ist natürlich auch essentiell gewesen gerade in früheren Zeiten, um überleben zu können in der Gruppe."
Und vielleicht sei es auch das, was heute das Chorsingen wieder attraktiv macht, dass Menschen sich nach genau solchen, stark machenden Gemeinschaftserlebnissen sehnen.
Warum Musik in unseren Genen liegt
- Seitenzahl:
- 238 Seiten
- Genre:
- Sachbuch
- Verlag:
- Springer Berlin, Heidelberg
- Veröffentlichungsdatum:
- 20. Oktober 2023
- Bestellnummer:
- 978-3-662-67374-4
- Preis:
- 24,99 Euro €