Buchcover Isabelle Autissier, Aqua alta © mare Verlag
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AUDIO: Neue Bücher: "Acqua alta" von Isabelle Autissier (4 Min)

"Acqua alta": Wenn Venedig von einer Flut verschlungen wird

Stand: 26.03.2024 06:00 Uhr

In ihrem Roman beschreibt Isabelle Autissier, was in Venedig passieren könnte, wenn Hochwasser die Stadt überflutet. Es ist ein heftiger Vater-Tochter-Konflikt vor atemberaubender Untergangskulisse.

von Annemarie Stoltenberg

Zum Mythos der Stadt Venedig gehören schon lange auch Untergangsvisionen. Was geschieht, wenn diese einzigartige Stadt eines Tages überflutet wird? Isabelle Autissier beschreibt diesen Ort, der pro Jahr 30 Millionen Besuchern den Atem stocken lässt:

Wohin man auch blickt, alles ist besonders. Die Stadt präsentiert sich zugleich als kompakte, robuste Einheit mitten im Wasser und als eine unendliche Vielfalt ziselierter Steine, von denen jeder einzelne Geschichte atmet. Das Paradox ist augenfällig: das Venedig, das abgeschottet in seinem Bett aus Schlick und Schlamm daliegt, und das Venedig, das offen ist durch seine vielen Kanäle, durch die sämtliche Nationen der Welt gereist sind und noch immer reisen. Die Stadt pflegt ihre Superlative: zu viele Paläste, zu viele Kirchen, zu viel Eleganz an einem einzigen Ort. Selbst wenn man darauf vorbereitet ist, verblüfft einen Venedig, weckt Neugier, ist verwirrend und faszinierend. Leseprobe

Kann ein Sperrwerk Venedig retten?

In Isabelle Autissiers Roman gibt es zwei Hauptfiguren: Guido Malegatti und seine Tochter Léa. Guido stammt aus einfachen Verhältnissen und hat es weit gebracht. Er ist verheiratet mit einer beeindruckenden Frau aus venezianischem Adel. Als Wirtschaftsrat hat er den Tourismus nicht als Gefahr wahrgenommen, sondern als Grundlage üppig fließender Einnahmen. Er ist überzeugt davon, dass ein für aberwitzig viel Geld gebautes Sperrwerk mögliche Flutwellen aufhalten könnte. Umweltschützer haben jahrelang davor gewarnt, dass dieses Sperrwerk unter Umständen die Gefahr für die Menschen in der Stadt noch steigern könnte. 

Wir investieren kurzfristig, damit kurzfristig so viele Menschen wie möglich herkommen, obwohl die Stadt schon jetzt aus allen Nähten platzt. Das ist das Gegenteil von dem, was es zu tun gilt: den überflüssigen Ansturm begrenzen, die großen Schiffe auf Abstand halten, die Fahrgeschwindigkeit der Boote verlangsamen, die Feuchtgebiete wiederherstellen und der Verschmutzung Einhalt gebieten. Leseprobe

Der Untergang einer Stadt

Guidos Tochter Léa hat sich mit ihrem Vater schon lange überworfen, weil sie seine Entscheidungen als Wirtschaftsrat der Stadt kritisiert. Und nun ist es geschehen: Venedig wird von einer Flutwelle verschlungen. Die Menschen, die nicht evakuiert werden konnten, leben nicht mehr. Die Stadt ist gespenstisch leer.

Nicht ein einziges Bauwerk scheint der gigantischen Hand entkommen zu sein, die anscheinend alles gepackt, zerquetscht und wieder fallen gelassen hat, was der Stolz der Stadt war. Leseprobe

Léa konnte sich auf eine benachbarte, unbewohnte Insel retten, und ihr Vater sucht verzweifelt nach ihr.

Es ist ein heftiger Vater-Tochter-Konflikt vor einer atemberaubenden Untergangskulisse. Isabelle Autissier schildert keineswegs den Untergang der Welt, sondern den Untergang einer Stadt und erzählt dabei von der Hoffnung, dass man anderswo umsichtiger für eine mögliche Zukunft Sorge tragen könnte.

Acqua alta

von Isabelle Autissier
Seitenzahl:
208 Seiten
Genre:
Roman
Zusatzinfo:
Aus dem Französischen von Kirsten Gleinig
Verlag:
mare
Bestellnummer:
978-3-86648-708-6
Preis:
23 €

Dieses Thema im Programm:

NDR Kultur | Der Morgen | 26.03.2024 | 12:40 Uhr

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