"Verwandlung": Graphic Novel aus Wismar

Stand: 17.04.2023 14:39 Uhr

Ein ganzes Jahr Arbeit für eine Graphic Novel. Für Lara Swiontek war es die Abschlussarbeit an der Hochschule Wismar - am Ende gab es in großen deutschen Medien überaus positive Besprechungen und Empfehlungen. "Verwandlung" ist eine spannende Geschichte mit einem ungewöhnlichen Hauptdarsteller.

von Benjamin Unger

Party, Alkohol, Drogen, Exzess - und mittendrin: Gudio Carega. Der hatte seiner Jugendfreundin Julie eigentlich gerade erst ewige Treue geschworen - aber jetzt eskaliert er erst mal, geht auf einen Egotrip. Eine eher unsympathische Hauptfigur, findet auch seine Erschafferin, die Grafikdesignerin Lara Swiontek. "In erster Linie mochte ich Guido überhaupt nicht", sagt sie. "Also der erste Teil der Geschichte, da geht es ja um 'ich bin reich, ich bin toll, ich bin arrogant' - das war der Teil den ich am wenigsten zeichnen wollte."

Basis ist unbekannteres Werk der Autorin von "Frankenstein"

Die Graphic Novel mit dieser doch eher ambivalenten Hauptfigur heißt "Verwandlung" und basiert auf einer Novelle von Merry Shelly. Die ist vor allem bekannt als "Frankenstein"-Autorin, aber Lara Swiontek hat eine ihrer weniger bekannten Geschichten entdeckt. Für ihre Abschlussarbeit an der FH Wismar verlegt sie diese alte Handlung ins Heute: Autos statt Kutschen, Smartphones statt Brieftaube, Ecstasy statt Wein. Ihr Medium ist der Comicroman, eine gezeichnete Bildgeschichte mit wenigen kurzen Texten und Dialogen. "Das Medium finde ich total spannend", sagt Swiontek. "Mich hat schon immer Bewegung und Emotion in bildlicher Form interessiert."

Bilder werden zuerst mit Bleistift gezeichnet

Szene aus der Graphic Novel "Verwandlung" von Lara Swiontek. © Lara Swiontek/Avant-Verlag

Lara Swiontek koloriert ihre Zeichnungen auf einem Grafiktablet.

Für die Geschichte zeichnet sie die Bilder zuerst mit Bleistift, scannt sie dann ein und koloriert auf einem Grafiktablet. Es sind klare, reduzierte Bilder - schnörkellos, präzise, auf den Punkt. Die Farbwelt ebenso: je nach Dramatik und Atmosphäre oft nur rosa oder blaugrau. "Wenn ich das noch alles bunt gemacht hätte, mit mehr Tiefen, dann wäre das, was ich erzählen wollte ein bisschen untergegangen", erklärt sie. "Dadurch, dass ich viele Emotionen gezeichnet habe, dass es auch an einigen Stellen sehr genau sein soll. Also nicht zu comichaft, die Köpfe nicht zu groß oder unproportional, sondern ein wenig naturalistischer."

"Das Monster ist das Interessanteste"

Nachdem der untreue Guido das Vermögen des Vaters verprasst hat, kehrt er zurück, will wieder zu Juliet. Aber erneut handelt er impulsiv, zerschlägt wortwörtlich jede sich bietende Chance. Verzweifelt und völlig am Ende geht er einen verhängnisvollen Pakt mit einem hässlichen Zwerg ein. "Mich hat der eine Charakter sehr interessiert, der Zwerg", sagt Swiontek. "Da hatte ich sofort ein Bild im Kopf. Das ist ein Twist wie bei Frankenstein, da ist das Monster ja auch das Interessanteste."

Begonnen als Diplomarbeit an der Hochschule Wismar

Das Buch ist ein perfekter Einstieg in die Welt der Graphic Novel: leicht zugänglich, besonders gezeichnet, eine spannende Dramaturgie. Kaum zu glauben, dass es für Lara Swiontek ihre allererste Graphic Novel ist. Begonnen als Diplomarbeit an der Hochschule Wismar entwickelt sich ihr Werk überraschend: ein renommierter Berliner Graphic Novel Verlag bringt das Buch auf den Markt und die großen Medien sind verzückt. Die taz begeistert die charmante erzählerische Leichtigkeit, der tagesspiegel lobt das ausdrucksstark gezeichnete Buch und der rbb kürt "Verwandlung" gar zum Comic des Monats. Eine Graphic Novel aus Norddeutschland. Ungewöhnlich, aber unbedingt lesens- und sehenswert.