Kriminalfälle in Göttingen von Schriftsteller Wolf S. Dietrich
Die Krimireihe des Autors dreht sich um die Göttinger Journalistin Anna Lehnhoff, die mit der Hilfe eines Polizisten Fälle löst.
Wolf S. Dietrich lebt seit etlichen Jahren im Göttinger Stadtteil Nikolausberg zusammen mit seiner Frau Kristine und schreibt dort seine Göttingen-Krimis. "Meine treuen Regional-Krimi-Fans spornen mich an, immer weiterzuschreiben." Er brauche keine Kritiken in den Feuilletons der Zeitungen, wenn er seinen Leserinnen und Lesern begegnet, die mit strahlenden Augen auf ihn zukommen. "Ich kann es immer gar nicht fassen und dann stelle ich fest: Ich habe tatsächlich eine Leserschaft, und das ist toll."
"Wolf S. Dietrich" - das ist ein Pseudonym
1947 wird Wolf S. Dietrich in Bad Grund im Harz geboren. Eigentlich heißt der Autor mit richtigem Namen Wolf-Dietrich Schumacher. Doch seine Göttingen Krimis sind allesamt unter seinem Pseudonym Wolf S. Dietrich erschienen. Sein Abitur macht er 1967 in Hameln. Vor seiner Karriere als Autor studiert er Germanistik und Theologie, arbeitet später als wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Georg-August-Universität in Göttingen und auch als Lehrer an einer Schule in Moringen, einer Kleinstadt, die rund 20 Kilometer nördlich von Göttingen liegt. Zum Roman-Schreiben sei er eher zufällig gelangt, berichtet Wolf S. Dietrich. "In Zeiten des Hauptstadtumzugs von Bonn nach Berlin stand nahezu wöchentlich etwas in der Zeitung über kriminelle Machenschaften im Zusammenhang mit dem Umzug. Da dachte ich mir: Darüber müsste man einmal einen Krimi schreiben." Am nächsten Tag kauft sich Wolf S. Dietrich ein Schulheft im Supermarkt und fängt an zu schreiben.
Zunächst will die Bücher niemand veröffentlichen
Allerdings findet sich kein Verlag, der das Manuskript veröffentlichen will. Auch das darauffolgende Buch findet keinen Abnehmer. Das dritte Buch publiziert Wolf S. Dietrich kurzerhand selbst. Er ist kurz davor aufzugeben, doch dann wird der Prolibris Verlag in Kassel auf ihn aufmerksam. Gemeinsam mit Verlagschef Rolf Wagner entwickelt Wolf S. Dietrich die Idee zu einer Göttingen-Krimi-Reihe. Die Figur Anna Lehnhoff wird geboren. Bisher sind acht Anna-Lehnhoff-Bände erschienen, der letzte 2019 mit dem Titel "Wenn Habich kommt". Noch vor Weihnachten soll der neunte Göttingen-Regional-Krimi erscheinen.
In der Göttingen-Reihe wird nicht nur gemordet
Die Anna-Lehnhoff-Bücher seien keine klassischen Ermittlerkrimis, sagt Dietrich. Der Schwerpunkt liege auch nicht immer auf Mord und Totschlag. Anna Lehnhoff arbeitet als Autorin beim "Göttinger Tageblatt" und stolpert immer wieder über Kriminalfälle, die es zu lösen gilt. Ein Freund bei der Polizei hilft ihr dabei. "Meine Heldin ist eine Frau, da ich in meinem Leben überwiegend gute Erfahrungen mit Frauen gemacht habe. Ich habe nicht nur die beste Frau der Welt geheiratet, sondern bin in meinem Leben vielen Frauen begegnet, von denen ich sagen kann, dass sie besser, interessanter waren als Männer."
Göttingen als Krimischauplatz war naheliegend
Göttingen als Krimi-Schauplatz zu etablieren, sei ihm nicht schwergefallen. Im Gegenteil. "Ich liebe meine Heimat, ich liebe meine Stadt. Es ist meine Heimatstadt. Klar, dass ich meine Geschichten hier ansiedele, die ich mir ausdenke." Der Entstehungsprozess bestehe dabei aus unterschiedlichen Phasen. Von der ersten Idee bis zum gedruckten Exemplar gingen meist neun Monate ins Land, erklärt Dietrich. "Ich spreche gerne von einer Brutto- und einer Nettozeit. Die reine Schreibzeit beträgt immer sechs Monate. Dann ist der Roman aber noch nicht fertig." Das Drumherum dauert dann auch noch einmal drei Monate. Erst kommt das Lektorat. Dann muss noch ein Titel gefunden, das Cover gestaltet werden. Danach sei er platt und lege erst einmal eine Pause ein. "Jedes Mal denke ich: noch einmal schaffe ich das nicht. Aber das habe ich bis jetzt schon 20 bis 25 Mal gedacht. Bis heute – toi, toi, toi – ist mir immer wieder etwas eingefallen", erzählt Wolf S. Dietrich und lacht.
Die besten Ideen kommen allein am Schreibtisch
Zum Schreiben braucht er ein ruhiges Plätzchen. Ganz für ihn allein. Die besten Ideen kommen ihm am Nachmittag. Dann sitzt er in seinem Arbeitszimmer am Schreibtisch mit dem Computer. Mehr braucht Dietrich nicht zum Scheiben. Und einen Stadtplan. "Viele wundern sich, wenn ich das erzähle. Aber wenn Anna Lehnhoff unterwegs ist, dann muss ich doch kontrollieren, ob ich das auch richtig schreibe." Im Laufe der Jahre habe er festgestellt, dass er sich gar nicht so gut in Göttingen auskenne, wie er immer geglaubt habe. Das Gedächtnis spiele ihm manchmal Streiche. So vertausche er Straßennamen oder Ortsmarken. Deswegen der Stadtplan. Und: "Ich bin bestimmt schon hundert Mal, tausend Mal durch die Weender Straße gelaufen. Und dann will ich an einem bestimmten Haus die Front beschreiben - und es fällt mir nicht ein, ob das Haus Rundbogenfenster oder Spitzbogenfenster hat. Dann muss ich doch hingehen und gucken."
Krimis zu schreiben, ist nicht immer nur Freude
In seinen Krimis aus der südniedersächsischen Stadt versucht Wolf S. Dietrich seine fiktiven Geschichten so mit der Realität verknüpfen, dass die Grenzen fließend sind. Die Leserinnen und Leser sollen die Grenzen kaum merken. Und so stößt Anna Lehnhoff zum Bespiel auf dem Uni-Gelände oder im Weender Krankenhaus auf ungelöste Kriminalfälle. Was Wolf S. Dietrich am Schreiben gefällt? Es sei das Eintauchen in andere Welten. Welten, die seiner Fantasie entspringen. Dieses Eintauchen sei zwar nicht immer nur Freude, es könne manchmal auch anstrengend, manchmal frustrierend sein, wenn er nicht weiterkomme. "Aber wenn es gut läuft, ist es großartig. Ich bin dann in einer anderen Welt, kann da hantieren, wie ich will, kann Figuren erfinden, kann Figuren sterben lassen, großartig."