"Georgia O'Keeffe": Pionierin der amerikanischen Malerei
Georgia O’Keeffe war bereits zu ihren Lebzeiten die berühmteste amerikanische Malerin. Geboren wurde sie 1887 im ländlichen Wisconsin. Ein neuer Bildband vom Verlag Hatje & Cantz stellt die Künstlerin vor.
Alles ist hellgrau. Ein schmaler dunkler Streifen zieht sich oben von links nach rechts. In der unteren Bildhälfte: ein monumentalschwarzes Viereck. Ein Abgrund aus Dunkelheit. Darunter, einer breit-gestrichelten Linie gleich, hellgraue Vierecke. "Meine letzte Tür", hat Georgia O’Keefe dieses Bild aus dem Jahr 1954 genannt. Sie sagt: "Die Malerei ist wie ein roter Faden, der sich durch alle Dinge zieht, die ein ganzes Leben ausmachen."
Aus dem ländlichen Wisconsin geht Georgia als junge Frau nach Chicago, dann nach New York an die Art Students League. Sie sucht nach ihrem ureigenen Ausdruck. Als Kunstlehrerin in Texas beginnt sie zu zeichnen, abstrakt mit Kohle: schwarze Umrisse, Pflanzen vielleicht, organisch ineinanderfließende Schatten. Eingerollte Farne, Wasserfontänen, alles atmet. Eine Formensprache nimmt hier ihren Ursprung, die ihr Werk nie wieder verlassen wird. Linie und Fläche - ganz nah und ganz fern.
Alfred Stieglitz: "Endlich eine Frau auf Papier"
Und dann kommt der Zufall in Spiel. Diese Zeichnungen schickt sie ihrer Freundin, der Suffragette und Feministin Anita Pollitzer. Und die? Geht damit geradewegs in die unerhört angesagte New Yorker Galerie 291 des Fotografen Alfred Stieglitz. Der wiederum ist begeistert und soll gesagt haben: "Endlich eine Frau auf Papier."
1917 stellt er Georgia O’Keeffes Bilder zum ersten Mal aus. Es folgt eine Ausstellung ihrer Werke pro Jahr bis zu seinem Lebensende. Die beiden werden ein Paar und heiraten.
Am Anfang der Beziehung zu Stieglitz steht ein Skandal. Er stellt Aktfotografien von ihr aus - und fortan sieht die Kritik in O’Keeffes Blumen und abstrakten Formen den puren Ausdruck weiblicher Sexualität. Eine Deutung, die ihr zeitlebens fremd ist: "Was die Kritiker da alles schreiben, klingt so merkwürdig und ist so weit von dem entfernt, wie ich mich selbst fühle."
Ghost Ranch wird O’Keeffes neues Zuhause
Eine Reise nach New Mexico Ende der 1920er-Jahre verändert alles. Sie hat den Ort gefunden, den sie malen, an dem sie leben will: Ghost Ranch. Sie schläft auf dem Dach, verbringt Stunden in der Sonne und malt, malt, malt. "Ich dachte, irgendjemand könnte mir sagen, wie man eine Landschaft malt. Aber diesen Menschen habe ich nie gefunden. Ich musste es also selbst versuchen", sagt die Malerin in einem Dokumentarfilm von Allen Charlton.
Ghost Ranch wird zu einer Verkörperung des Lebens und Arbeitens von Georgia O’Keeffe. Sie malt die Berge, die Ebenen, den Himmel, die verblassten Tierknochen in der Wüste. Rostrot, lila, schwarz und blau sind ihre Berge, grün die Bäume, ganz unten am Bildrand. Das Gebirge legt sich in Falten wie Tücher, die Wind und Regen, Sonne und Frost in Formen gegossen haben.
"Wenngleich O’Keeffe nicht die erste Künstlerin war, die in New Mexico Anregungen und neue Bildthemen fand, prägte sie wie keine andere in den USA die öffentliche Wahrnehmung dieser Region", schreibt Julia Keller in dem wunderbar gestalteten Bildband, der die wegweisende Kraft dieser Malerin zwischen zwei Buchdeckel bannt.
Georgia O'Keeffe
- Seitenzahl:
- 208 Seiten
- Genre:
- Bildband
- Zusatzinfo:
- 170 Abbildungen
- Verlag:
- Verlag Hatje & Cantz
- Bestellnummer:
- 978-3-7757-5194-0
- Preis:
- 58,00 €