"Bambi"-Erstausgabe im Kindheitsmuseum Schönberg
"Bambis" Botschaften für Frieden, Achtung vor der Natur und gegen Antisemitismus sind heute so aktuell wie vor 100 Jahren. Das Kindheitsmuseum Schönberg stellt eine seltene deutsche Erstausgabe des Buchs von Felix Salten aus.
Pumuckl, Alf, das Sandmännchen und Ernie - zwischen all den Helden unserer Kindheit fällt Bambi im Kindheitsmuseum erst mal gar nicht so auf. Und wenn, dann als kleine Figur aus der Zeichentrickwelt, so wie er in den 40er- und 50er-Jahren die Herzen der Kinder auf der ganzen Welt erobert hat - auch das von Bernd Haase.
Deutsche Erstausgabe von "Bambi" im Kindheitsmuseum Schönberg
Das Kinderbuch "Bambi" hat der Vorsitzende des Kindheitsmuseums Schönberg nie gelesen: "Mein Bild von 'Bambi' ist auch durch den Zeichentrickfilm geprägt gewesen. Ich habe vorher die Hintergrundgeschichte in diesem Maße nicht gekannt, aber es ist sehr spannend, weil es eine große Bedeutung auch für unser Museum hat."
Denn das Museum hat ein Exemplar des Kinderbuchs "Bambi" von 1923. Diese deutsche Erstausgabe ist heute ein seltener Schatz - einer, den wirklich kaum jemand kennt. "Beide Werke sind miteinander überhaupt nicht zu vergleichen. Der Unterschied ist immens", erklärt Haase. "Bei Disney finden wir wunderschöne Bilder. Er feiert die Natur in bezaubernder Weise. Das Buch von Felix Salten hat eine ganz andere Botschaft: Er will nämlich seine damaligen Mitbürger vor dem zunehmenden Antisemitismus warnen."
Ein Kinderbuch als Warnung vor Antisemitismus
Felix Salten ist eigentlich ein Pseudonym. Dahinter steckt der jüdische Schriftsteller Siegmund Salzmann. Sein Kinderbuch "Bambi - Eine Lebensgeschichte aus dem Walde" ist um einiges düsterer als die Disney-Geschichte und voller versteckter Anspielungen: Bedrohungen, mit denen Bambi und seine Freunde im Wald zu kämpfen haben, ihre Suche nach einem Ort, an dem sie in Frieden leben können. Unter seinen Schriftstellerkollegen konnte Salten Parallelen zum Schicksal der jüdischen Bevölkerung und zionistische Botschaften kaum verbergen.
"Die haben diese Lesart sofort erkannt, aber Kinder in diesem Sinne nicht", sagt Bernd Haase. "Man muss sich vorstellen: Zu dieser Zeit der 20er-Jahre war der Antisemitismus in Österreich, besonders in Wien, sehr groß. Diesen Antisemitismus gab es schon seit dem 19. Jahrhundert."
Verkauf der Filmrechte an Disney
Als die Nationalsozialisten an die Macht kamen, verboten sie das Buch und verbrannten 1936 sämtliche Exemplare, die ihnen in die Finger kamen. Die Erstausgabe, die das Kindheitsmuseum jetzt ausstellt, ist eine von schätzungsweise zehn, die verschont geblieben sind.
Aber wie kam "Bambi" dann zu Walt Disney? "Felix Salten verkaufte die Filmrechte an seinen Tiergeschichten - es gab drei - 1938 an Disney, für tausend Dollar. Er lebte damals im Exil in der Schweiz und durfte seiner journalistischen Tätigkeit nur noch eingeschränkt nachgehen. Er war abhängig von den Tantiemen aus den USA. Von daher war seine wirtschaftliche Lage nicht allzu rosig", erklärt Haase.
Vom Erfolg der Disney-Filme sollte Salten nicht mehr profitieren. Er klagte vergeblich. Seine Botschaften für Frieden und Achtung vor der Natur und gegen Antisemitismus sind allerdings heute so aktuell wie vor 100 Jahren. Deshalb erzählt das Kindheitsmuseum Schönberg jetzt auch Felix Saltens Geschichte von "Bambi".