Ein Zeichnung von Peter Koch © Peter Koch
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AUDIO: Urban Sketching: Den Alltag in der Stadt einfangen (6 Min)

Urban Sketching: Den Alltag in der Stadt einfangen

Stand: 03.08.2023 14:47 Uhr

Urban Sketching ist ein neuer kreativer Trend, bei dem sich Zeichnerinnen und Zeichner an einem Ort in der Stadt treffen, um ihn zu skizzieren. Auch der Hamburger Peter Koch ist so ein Urban Sketcher.

Herr Koch, wie sind Sie dazu gekommen, Ihre eigenen urbanen Eindrücke aufs Papier zu bringen?

Peter Koch: Ich hatte das große Glück, Architektur studieren zu dürfen. Damals, vor der großen Digitalisierungswelle, war das Skizzieren mit Bleistift, Füllfederhalter das Handwerk in der Ausbildung eines Architekten.

Welche Vorzüge bietet denn das Zeichnen gegenüber der Fotografie?

Koch: Das ist ein Paradoxon, dass bei den Möglichkeiten dieses ganz einfachen digitalen Fotografierens auf einmal das Zeichnen, Skizzieren und Malen so eine starke Renaissance erlebt. Ich glaube, es ist der Spaß gegenüber dem anonymen Fotografieren, wo das subjektive Erlebnis nicht transportiert werden kann. Beim Malen spielen die persönlichen Eindrücke, die Gefühle, die Impressionen, eine große Rolle. So wie ich den Augenblick im Café auf dem Platz in Siena erlebe, kann es nur ich persönlich wiedergeben mit meinen Möglichkeiten. Ich glaube, diese persönliche, kreative, schöpferische Möglichkeit ist der große Charme, warum die Kurse bei Malen oder Skizzieren so stark gebucht sind.

Beim Urban Sketching geht es aber nicht nur um die ganz ikonischen Postkartenmotive, sondern auch um Alltagssituationen und um Szenerien abseits der urbanen Schokoladenseiten. Wie finden Sie Ihre Motive?

Koch: Im Grunde stolpert man über die Motive. Man malt beim Urban Sketching nicht unbedingt die Elbphilharmonie und das Hamburger Rathaus, sondern man sucht sich die Nebenschauplätze, die auch das Bild der Stadt ausmachen. Man ist zum Beispiel auf einem Marktplatz, vor einer Tankstelle, im Treppenviertel in Blankenese, man sitzt auf der Hadag-Fähre, in der U-Bahn - da würde sich normalerweise ein klassischer Maler nicht hinsetzen. Aber der Urban Sketcher sagt: Das ist Stadt und man sieht die Breite der Schönheit und der Banalität der Stadt mit ganz anderen Augen, wenn man die Seiten, die einem nicht sofort als Postkartenidylle entgegenschreien, wahrnimmt und umsetzt.

Welche Erlebnisse haben Sie, wenn Sie da sitzen? Kommen Leute zu Ihnen und schauen Ihnen über die Schulter?

Koch: Ja, das ist für manchen Anfängern ein heikler Punkt, er ist dann hochgradig irritiert. Wenn man geübt ist, ist das eigentlich schön. Man kommt mit den Leuten ins Gespräch - und man wird fast immer gelobt.

Es heißt ja Urban Sketching - das ist aber eine selbstgewählte Beschränkung. Oder kommt es für Sie auch in Frage, mal außerhalb der Stadt, also in der Natur zu zeichnen?

Koch: Ich bin da nicht so pingelig. Wenn jemand sagt: Lass uns doch mal von dieser wunderschönen schleswig-holsteinischen Landschaft mal eine schnelle Skizze machen, dann bin ich gern dazu bereit. Aber Sie haben völlig Recht: Im Hauptthemas sind es Architektur, Menschen, Autos - alles was zur Urbanität dazugehört. Das macht eigentlich das Herzstück von Urban Sketching aus.

Was ich da auch so ein bisschen raushöre, ist, dass es eine sehr achtsam-meditative Beschäftigung ist. Wie hat Urban Sketching Ihr Leben verändert?

Koch: Ich war eigentlich früher mehr ein Reiseskizzierer, der sich immer schöne Motive ausgesucht hat. Ich habe ganz bewusst mein Köfferchen gepackt, vorher geguckt, was die Top-Sehenswürdigkeiten sind und habe die skizziert. Mit Urban Sketching haben sich meine Motive doch wesentlich verändert. Es sind mehr Motive aus dem Alltag, also auch ganz banale Situationen wie vor der Tankstelle oder vor einer Autoreparaturwerkstatt. Auch da kann ein tolles Bild entstehen. Das hat meinen Blick für die Wirklichkeit und für die Städte erheblich verändert. Wenn man das eine Stunde lang skizziert, dann nimmt man dort die Gerüche, die Stimmungen auf. Ist es heiß oder kalt gewesen, wurde man angesprochen? Das ist ein sehr intensives Erlebnis, anders als beim Fotografieren. Das bleibt wach, auch wenn man sich diese Bilder viele Jahre später wieder anschaut.

Das Interview führte Philipp Cavert.

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Dieses Thema im Programm:

NDR Kultur | Journal Gespräch | 03.08.2023 | 16:30 Uhr

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