There will be blood: Forscherinnen und das Problem Menstruation
Im Frauensport ist das Thema Menstruation kein Tabu mehr, aber in der Wissenschaft wird darüber kaum geredet. Das macht es für menstruierende Forschende oft schwer, auf Exkursionen zu gehen und wichtige Feldstudien zu betreiben. Doch es scheint einiges in Bewegung zu kommen.
Ein Gletscher auf Spitzbergen. Ein Regenwald in Malaysia. Oder auch eine Moorlandschaft in Schottland: Spannende Orte für Feldforschung - und alles Orte ohne Möglichkeit, einen Tampon zu wechseln, eine Menstruationstasse auszuspülen oder blutige Hosen und Finger zu waschen. "Das war sehr basic, ich hätte meine Periodenbinden gar nicht entsorgen können. Die Binden hätten gerochen, und eventuell Tiere angelockt", berichtet die Schweizer Tropenökologin Nadine Keller, die lange im Dschungel von Borneo geforscht hat und um die Schwierigkeit der Regeldiskussion weiß. Vielen fällt es schwer, mit einer sehr viel älteren, oft männlichen vorgesetzten Person über ihre Periode, Hygieneprodukte und Toilettenstopps zu sprechen.
"Wir brauchen weibliche Vorbilder auf Exkursionen"
"Dieses Tabu führt dazu, dass zum Beispiel in Anleitungen für Feldforschung nicht erwähnt wird, dass Toilettenstopps wichtig sind für Frauen, die ihre Periode haben", kritisiert Mia Wroe, Doktorandin in Cambridge. Sie hat vor einiger Zeit eine Art Manifest verfasst. "Unsichtbare Barrieren für die Feldforschung: Das Periodentabu brechen", heißt es.
Wroe erzählt von Kommilitoninnen, die während Forschungstrips nichts getrunken haben, weil keine Toilettenstops vorgesehen waren, von anderen, die ihre Teilnahme abgesagt haben, weil sie nicht wussten, wo sie ihre Periodenprodukte wechseln konnten. So konnten sie den Kurs nicht bestehen und haben schlussendlich ihr Studienfach gewechselt. "Da muss noch einiges geschehen, wir brauchen da auch weibliche Vorbilder auf solchen Trips", sagt die Wissenschaftlerin.
Ein typisches Henne-Ei-Problem
In Großbritannien seien nur 22 Prozent der MINT-Jobs, also der Berufe aus den Bereichen Mathematik, Informatik, Natur- und Ingenieurswissenschaft und Technik, weiblich besetzt, sagt Wroe. In Deutschland sind es laut der vergangenen Frühjahrsumfrage des Instituts der deutschen Wirtschaft sogar nur 16 Prozent. Und weil in dem Feld größtenteils Männer arbeiten, für die das Thema Menstruation nicht vorrangig oder aber unangenehm ist, ergibt sich ein typisches Henne-Ei-Problem: Wo wenig über ein Anliegen geredet wird, ändert sich auch wenig.
"Solche Gespräche sollten nicht schwierig sein, mehr als die Hälfte der Bevölkerung hat Perioden. Wenn wir darüber nicht reden können, ist das das größere Problem", meint Timothy Lane, Gletscherforscher von der Universität Liverpool, der gemeinsam mit seiner Kollegin Sarah Dalrymple im Januar einen Artikel im Fachmagazin "nature" veröffentlicht hat, der viele positive Rückmeldung ausgelöst hat.
Es sei wohl anscheinend ein Thema, über das Menschen "nicht laut reden, nur viel denken" würden, erläutert Dalrymple: "Dass wir es mit der Frage verbunden haben, ob Feldforschung ein Hindernis darstellen kann, das hat bei sehr vielen Menschen Widerhall gefunden." Lane ergänzt: "Viele Wissenschaftler*innen haben berichtet, dass sie selbst oder ihre Studierenden während des Studiums schreckliche Erfahrungen gemacht haben oder immer noch machen."
Die Periode als Karriere-Hindernis? Wohl bald Vergangenheit
Dalrymple hatte darauf bestanden, den Artikel mit einem männlichen Kollegen zu verfassen, um zu demonstrieren, dass Männer einen Teil der Last tragen können - das potenzielle Karrierehindernis der schlecht geplanten, nicht periodenfreundlichen Feldforschung könne so eingerissen werden.
"Es gab Reaktionen aus den USA, überall aus Europa, auch aus Australien. Momentan arbeiten wir mit der Society for Conservation Biology zusammen, die eine Anleitung für inklusive Feldforschung verfassen will", berichtet Dalrymple. Die Periode als Hindernis sollte dann bald der Vergangenheit angehören.