Ein Käse-Igel steht auf einem Buffet für eine Party © picture alliance / Schoening Foto: Schoening
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AUDIO: "Käse-Igel" und "blümerant": Bedrohte Worte (3 Min)

"Käse-Igel" und "blümerant": Wörter, bedroht vom Aussterben

Stand: 15.01.2024 14:07 Uhr

Wann haben Sie zuletzt "Kokolores", "Kleinod" oder "blümerant" gesagt? Alles Worte, die immer seltener benutzt werden und vom Aussterben bedroht sind. Eine Glosse über das Artensterben in der Sprache.

von Juliane Bergmann

Ich bin eine, die clevere Leute "keck" und freche "kokett" findet. Eine, die die "Bude" "picobello" aufräumt, Schmutzwäsche in den "Puff" wirft, in der "Stube" "Puschen" trägt und in SMS-Dialogen Zustimmung am liebsten mitteilt über ein "tippitoppi" oder "alles paletti". Ich erledige Dinge gern "flott". Und Versagensängste heißen bei mir stets: "Muffensausen". Ich schäme mich nicht für solche Formulierungen. Alles sicher auch untrügerische Indizien dafür, dass ich ein Kind der späten 80er bin. Immerhin: ein "Futschikato" käme mir nicht über die Lippen. Das wäre ja peinlich.

Von "Petitessen" und "Kapaiken"

Juliane Bergmann betrachtet eine ausgeschnittene Figur © NDR
Juliane Bergmann hat über das Artensterben in der Sprache nachgedacht.

Als Journalistin in einer Kulturredaktion bin ich umgeben von Sprachverliebten. Unter ihnen auch nostalgische Temperamente. Wenn hier jemand meine Texte redigiert, sind die Korrekturen oft nur "Petitessen". "Verve" benutzte eine meiner ehemaligen Chefinnen mit ausdrücklicher "Verve". Ein Literaturredakteur nennt geschätzte männliche Kollegen "Kapeiken". Ja, es gibt sogar eine Person, die verwendet tatsächlich den Konjunktiv II perfekt. Da endete eine Mail mal mit den Worten: "Ich wünschte, wir kennten uns schon." Was davon vom Aussterben bedrohte Wörter sind und was gängiger Feuilleton-Sprech - entscheiden Sie selbst!

Wenn man zur Chefin "geilomatski" sagt

Sprache ist lebendig, veränderlich und subjektiv bis ins letzte i-Tüpfelchen. Wissen wir alle. Wer nicht stromlinienförmig spricht, kann auch mal anecken. Ich habe mal einen Mann, den ich gut fand, "Schlawiner" genannt. Fand er ganz und gar nicht gut. Ist jetzt gestrichen, der Begriff. Die Chefin, die "Verve" so liebte, lobte mich mal in einer Konferenz. Meine Reaktion damals war nicht ideal, weiß ich heute: Ich sagte zur ihr "geilomatski". Das Wort benutze ich trotzdem noch. Wenn auch in geeigneterem Rahmen.

Verbindung zu Menschen, die bestimmte Worte verwendet haben

Was die einen altmodisch nennen, ist für die anderen liebevolle Vokabel-Frickelei. Ich sympathisiere mit Team zwei. Wir verbinden mit Worten Menschen, die diese Worte benutzt haben. Mein Opa dichtete mir "Fisimatenten" an, als ich pubertiert habe. Meine Oma erklärte mich in dieser Lebensphase - sobald es mein Zustand rechtfertigte - für "duhn" oder "angeschickert". Worte, die ich heute noch aus purer Verneigung vor den Großeltern unterbringe. Vor Kurzem habe ich von einem Hörer ein interessantes Feedback zu einem Stück von mir bekommen: "Einen großen Wortschatz haben Sie."

Aussterbende Worte kann man wiederbeleben

Ich mag alte Worte. Neue übrigens auch. Sprache die kantig ist, rau und sich nicht festbeißt. Aussterbende Wörter zu vermissen, käme mir nicht in den Sinn. Denn ich kann ja wiederbeleben, was mir gefällt - mit Karacho. Bis mich der Ü-50-Kollege aber von dem Wort "knorke" überzeugt hat, muss noch eine Menge passieren.

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Dieses Thema im Programm:

NDR Kultur | Journal | 15.01.2024 | 16:40 Uhr

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