Eindrücke vom Segelkino in Kiel. © NDR Foto: Anina Pommerenke

Das Kieler Segelkino: Die norddeutsche Antwort aufs Autokino

Stand: 08.09.2022 15:38 Uhr

Das Kieler Segelkino ist weltweit das erste seiner Art. Seit 2020 findet das besondere Kinoevent an den ersten beiden Septemberwochenenden statt.

von Anina Pommerenke

Eine angenehme Brise weht am Freitagabend über die Kieler Förde. Ein paar Zuckerwattewolken zieren den rosaroten Abendhimmel. Ein großes Kreuzfahrtschiff kündigt mit dröhnendem Schiffshorn sein Auslaufen an. Jana Eibisch und Hendrik Ismar lassen sich an der Kiellinie noch schnell eine Pizza auf ihr Boot liefern.

Autokino auf Norddeutsch

Eindrücke vom Segelkino in Kiel. © NDR Foto: Anina Pommerenke
Vor Vorstellungsbeginn füllt sich das Areal.

Die beiden nehmen am Kieler Segelkino teil, das im Jahr 2020 Premiere gefeiert hat und laut Veranstaltern das weltweit erste seiner Art ist. Das Konzept funktioniert ähnlich wie beim Autokino - nur eben norddeutsch, maritim interpretiert. 30 Boote können pro Abend in einem dafür ausgewiesenen Areal ankern und open air einen Film anschauen. Die Fassade des Kieler Küstenkraftwerks wird dank Hochleistungsbeamer zur Leinwand. Eine Anmeldung ist erforderlich, aber kostenlos. Sollten noch Plätze frei sein, dürfen Boote auch spontan anlegen.

Vor dem Film noch kurz ins Wasser

Dass die Teilnahme durchaus einiges an Geschick und Können erfordert, hat auch Hendrik Ismar bei seiner ersten Teilnahme im vergangenen Jahr erlebt. Da hatte sich beim Anlegemanöver die Heckleine seines Bootes in der Schraube verheddert. Doch der kleine Fauxpas ist für den Profisegler schnell gelöst gewesen: "Da musste ich vor dem Film eben noch mal kurz ins Wasser", schmunzelt er über die lustige Anekdote.

Nur die Popcorn-Maschine fehlt

Dieses Mal läuft das Manöver schnell und ohne Probleme ab. Ismar und seine gute Freundin Jana Eibisch machen es sich mit Polstern auf dem Boot gemütlich und genießen die Blaue Stunde, während die Wellen an das Boot plätschern. "Fehlt nur noch die Popcorn-Maschine", lachen die beiden. Langsam füllt sich das abgesteckte Areal mit Motor- und Segelbooten. Etwa die Hälfte aller Anlegeplätze ist gebucht. Damit alles nach Plan läuft, fährt ein Team mit Mitarbeitenden des Kieler-Woche-Büros und Kiel Marketing von Boot zu Boot, begrüßt die Gäste und beantwortet Fragen.

Den Ton empfangen die Boote per Radiofrequenz direkt an Bord

Sobald es dunkel genug ist - etwa gegen 21 Uhr - kann es losgehen mit dem Film. Eigentlich, denn heute scheint Tontechniker Oliver große Schwierigkeiten mit dem Signal zu haben. Das wird nicht über die Förde geschallt, die Boote empfangen es per Radiofrequenz direkt an Bord. Der Film "Die Farbe des Horizonts" erzählt die auf wahren Tatsachen basierende Geschichte von einem Paar, das beim Segeln in einen Sturm gerät und dann wochenlang ums Überleben kämpft. Passt eigentlich wunderbar zum Setting und zum leicht schunkelnden Boot. Doch leider macht ein lautes Rauschen das Zuhören ziemlich ungenießbar.

Kinoabend kurz vor Abbruch

Nach einer halben Stunde meldet sich Tontechniker Oliver über die Radios, er will die Vorführung abbrechen, weil er keine Lösung für das Problem finden kann. Kurz schaltet er alles ab, zur großen Enttäuschung des Publikums - doch siehe da, plötzlich läuft alles wieder. Allein bei lauten Sequenzen hapert es noch, ansonsten sind die Tonprobleme behoben. Oliver mutiert zum heimlichen Helden des Abends. Gut eingekuschelt in warme Jacken und Decken geht der Kinoabend weiter.

Sternschnuppen über der Kinoleinwand

Mittlerweile ist es so dunkel, dass sich sogar einige Sternschnuppen im Nachthimmel über der Kinoleinwand beobachten lassen - was für ein Setting! Auch der Film trägt zu der einmaligen Stimmung bei, das packende Drama hält eine große Überraschung parat. Jana Eibisch und Hendrik Ismar sind am Ende des Abends von der Stimmung und dem Konzept begeistert! Sie wollen wiederkommen!

 

 

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Dieses Thema im Programm:

NDR 1 Welle Nord | Guten Abend Schleswig-Holstein | 02.09.2022 | 16:46 Uhr

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Spielfilm

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