Archäologen suchen nach Resten der Bornplatzsynagoge
Auf dem Platz der alten Bornplatzsynagoge im Hamburger Grindelviertel soll eine neue Synagoge gebaut werden. Aber bevor die Architekten loslegen können, war die große Frage: Was ist eigentlich noch da?
Die Bornplatzsynagoge im Hamburger Grindelviertel war eine der größten Synagogen in ganz Deutschland. In der Reichspogromnacht 1938 haben Nazis die Synagoge in Brand gesetzt - und ein Jahr später musste sie komplett abgerissen werden.
Geschichtsunterricht zum Anschauen
Mitten im Grindelviertel gibt es gerade Geschichtsunterricht zum Anschauen: An mehreren Stellen auf dem Joseph-Carlebach-Platz, direkt neben der jüdischen Schule, graben im Moment die Archäologen: drei viereckige Schächte, ungefähr 15 Quadratmeter groß, mit weißen Zelten überspannt. Laut alten Plänen sollten sich hier die Kellerwände der Bornplatzsynagoge befunden haben. "Und tatsächlich überall da, wo noch welche sein sollten, sind noch Kellerwände vorhanden", sagt Ausgrabungsleiter Kay-Peter Suchowa. "Und so gehe ich eigentlich auch im ganzen Bereich davon aus, dass der Keller noch vorhanden ist. Man hat die Synagoge 1939 obertägig abgerissen, und den ganzen Bauschutt in den Keller geschoben."
Bornplatzsynagoge hatte bunte Fenster
Suchowa findet mit seinem Team so viel mehr, als sie zuerst vermutet haben: nicht nur schöne alte Bauteile, sondern auch Ofenkacheln, Vorratsgefäße, alte Pfeifenstiele und Teile von Flaschen. Die Funde zeigen, dass die Bornplatzsynagoge so viel mehr war als nur ein Gotteshaus. "Die Synagoge wurde mit verschiedenen Öfen beheizt. Das ist auch spannend, dass man so die Alltäglichkeit finden kann", so Suchowa.
Die Funde werden für immer unser Bild von der Synagoge verändern. Der Grund: Lauter bunte Scherben. Wir kennen nur die Schwarzweiß-Fotos mit den großen runden Fenstern, sogenannten Rosettenfenstern. Und das ist die Entdeckung für Kay-Peter Suchowa und sein Team: Diese Fenster waren bunt! "Jetzt kann ich mir den Innenraum der Synagoge viel besser vorstellen. Wenn das Sonnenlicht reinscheint, in buntesten Farben den Gebetssaal erleuchtet - das finde ich zauberhaft", schwärmt Suchowa.
Ein Thema, das die Menschen bewegt
Es ist für die Archäologinnen und Archäologen aber noch aus einem anderen Grund eine besondere Ausgrabungsstätte: Viele Passanten bleiben stehen und fragen: Was habt ihr schon gefunden? Wie geht’s hier weiter? Das Thema bewegt die Menschen sehr. Manche wollen die Steine berühren, weil ihre Familie dort früher in die Synagoge gegangen ist. Fast jeden Tag trifft er jemanden mit einer persönlichen Geschichte, sagt Kay-Peter Suchowa: "Den Neffen einer Großmutter, die sogar für die Synagoge Dinge genäht hat. Der konnte mir noch Fotos geben von früher, wie die Synagoge drinnen aussah. Das heißt, es ist sehr viel mehr Bürgernähe da, als sonst bei vielen Grabungen. Die Menschen sind auch sehr berührt, einige vergießen Tränen. Die sind natürlich hier auch willkommen, das mit aufzunehmen, was hier ist."
Es ist eine emotionale Arbeit, die die Archäologen da gerade machen - mitten im Grindelviertel, zwischen schlimmer Vergangenheit und hoffnungsvoller Zukunft.