Millionengehälter bei VW: Politiker im Aufsichtsrat
10,3 Millionen Euro inklusive Nebenleistungen hat VW-Chef Matthias Müller 2017 verdient, das wurde kürzlich bekannt. Politiker beider Volksparteien geben sich einstimmig empört. Sogar Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) kommentierte das stattliche Gehalt im ZDF: "Ich war schon sehr erstaunt, dass es sehr hohe Zuwachsraten bei bestimmten Gehältern gibt." Der ehemalige Bundestagspräsident Wolfgang Thierse (SPD) schrieb: "Wir lesen über exorbitante Managerboni und gleichzeitig (...) über die Weigerung des VW-Konzerns, aus seinen Milliardengewinnen wenigstens teilweise die Umrüstung von Dieselmotoren zu finanzieren. Das alles zusammen macht das Spektakuläre dieses Vorgangs aus. Und das Unanständige."
Vorwurf der mangelnden Sensibilität
Besonders der neue Verkehrsminister der CSU, Andreas Scheuer, nutzte das hohe Gehalt, um sich volksnah zu geben: "Ich bin nicht der Buddy der Bosse", behauptete Scheuer im Interview mit der "Bild" vom 17. März und kritisierte die Top-Gehälter: "Nach den skandalträchtigen Jahren hätte ich mir mehr Sensibilität von den Topentscheidern und Bossen erwartet."
"Topentscheider" sind auch Politiker
Doch was die Politiker von Union und SPD verschweigen: Die "Topentscheider", die sie kritisieren, sind selbst Politiker. Seit Jahren entscheiden Politiker ihrer eigenen Parteien über die hohen Bezüge der VW-Vorstandsbosse mit. Aktuell sind etwa der niedersächsische Ministerpräsident Stephan Weil (SPD) und dessen Wirtschaftminister, Bernd Althusmann (CDU), im Aufsichtsrat von Volkswagen. Gerade erst 2017, mitten in der Dieselaffäre, beschloss der Aufsichtsrat das neue Vergütungssystem für Matthias Müller und seine Vorstandskollegen. "Wir haben jetzt dafür gesorgt, dass sie (die Vorstandsvergütung, Anmerkung der Redaktion) auf Normalmaß zurückgestutzt wird", tönte Weil damals im Landtag.
Hohe Gehälter, aber keine Entschädigungszahlungen
2016 betrug das Gehalt von Müller 7,3 Millionen Euro, rund zehn Millionen Euro sind es 2017 - Normalmaß? Eine bemerkenswerte Aussage für einen SPD-Ministerpräsidenten, besonders in einer Zeit, in der Dieselfahrer nicht entschädigt werden. Doch auf Nachfrage versucht Weil, sich vom populistischen Chor seiner Kollegen abzugrenzen. Motto: Hohe Managergehälter gehören bei einem Weltkonzern dazu, ob man das gut findet oder nicht: "Ich muss darauf aufmerksam machen, dass es eine relativ kleine Riege von internationalen Großunternehmen gibt und in deren Vergleich, da nimmt sich das dann wieder durchaus normal aus."
Aus der Opposition in den VW-Aufsichtsrat
CDU-Mann Althusmann hingegen bekräftigt die Kritik seiner Unionskollegen: "Meine Meinung dazu ist bekannt. Ich sehe das ebenfalls kritisch", sagte er im Panorama-Interview. Das tat er auch schon als Oppositionsführer. Doch jetzt sitzt er als Wirtschaftsminister im Aufsichtsrat und könnte handeln. Ob er sich dort aktiv für eine geringere Vergütung eingesetzt habe, darüber blieb Althusmann allerdings im Vagen: "Sie wissen, dass der Aufsichtsrat auch der Geheimhaltung unterliegt. Insofern bitte ich um Verständnis, dass ich zu den genauen internen Verfahren im Aufsichtsrat nichts sagen kann."
Zehn Millionen Euro - das klingt in der Tat nach einem sehr fürstlichen Gehalt, das bei vielen Dieselfahrern - und damit Wählern - Unverständnis hervorruft. So verlockend, dass mancher Politiker da gern versucht, beim Bürger zu punkten. Nur sollte man dabei besser erst erkunden, wer so ein Gehalt mit beschlossen hat.