Der ewige Moslem
Parallelen zum Antisemitismus
Es ist eine alte deutsche Obsession. Der Historiker Heinrich von Treitschke freute sich im Jahr 1879 über die "tiefe Umstimmung", die durch das deutsche Volk gehe. Eine Flut judenfeindlicher Schriften "überschwemmt den Büchermarkt", schrieb er in einem berühmten Aufsatz für die Preußischen Jahrbücher mit dem Titel "Unsere Aussichten". "Antisemitenvereine" träten zusammen, "in erregten Versammlungen" werde "die Judenfrage erörtert". Der Denker aus der Oberschicht des deutschen Kaiserreiches sah hier nicht "Pöbelroheit" am Werk, sondern bescheinigte "dem Instinkt der Massen", eine "schwere Gefahr" für das "deutsche Leben" erkannt zu haben.
Nicht genug damit, dass die Juden sich in Deutschland schon eingenistet hatten. Es kamen noch mehr von außen, "aus der polnischen Wiege", wie Treitschke schrieb. Sein Gesinnungsgenosse Otto Böckel verortete östlich der deutschen Reichsgrenze gar eine "große Vagina Judaeorum".
Deutschland Ende des 19. Jahrhunderts stand also vor der "jüdischen Frage". Juden drohten das Land zu zersetzen, Fäulnisprozesse auszulösen, auszusaugen, die Herrschaft an sich zu reißen. Sagen durfte man dagegen lange nichts. Die Juden beherrschten ja die Presse. Aber der Überlebensinstinkt der Deutschen erwachte und nahm den Kampf auf.
"Antisemitismus" war positiv besetzter Begriff
Der "Antisemitismus", die "Judengegnerschaft" waren positiv besetzte Begriffe. Diese Ansichten genossen den Segen der Sachlichkeit und der Wissenschaftlichkeit. Gelehrte leiteten das Wesen des "ewigen Juden" akribisch aus dem Talmud ab. Die Juden würden ihre rechtliche Gleichstellung, die Emanzipation, ausnutzen, um die Deutschen am Ende zu unterjochen und nach der Weltherrschaft zu greifen, wurde tausendfach gewarnt. Die "jüdische Frage" nährte sich aus der Gewissheit der Deutschen, Opfer einer Überwältigung zu werden, gegen die man sich wehren müsse.
Das deutsche Bürgertum häufte "antisemitisches Wissen" an, wie es der Soziologe Jan Weyand formuliert. Gegen die Juden zu sein, gehörte schließlich zum guten Ton der bürgerlichen Gesellschaft. Der Antisemitismus wurde zum kulturellen Code, war Teil der "Bildung". Er war mit dem deutschen Nationalismus enger verbunden, als es der Islam in den kühnsten Multi-Kulti-Träumen jemals mit Deutschland sein wird.
Forscher wie Wolfgang Benz und Micha Brumlik haben bereits auf die Parallele zwischen dem deutschen Antisemitismus des 19. Jahrhunderts und der deutschen Islamkritik des frühen 21. Jahrhundets hingewiesen. Es gebe strukturelle Gemeinsamkeiten. Viele Deutsche sind wieder von Überwältigungsszenarien besessen.
Wohin führt die Islamkritik?
Wo führt das hin? Der Orientalist Paul de Lagarde, den Thomas Mann noch 1918 für einen der größten Deutschen hielt, meinte die Juden, als er 1887 schrieb: "Mit Trichinen und Bazillen wird nicht verhandelt, Trichinen und Bazillen werden auch nicht erzogen, sie werden so rasch und so gründlich wie möglich vernichtet."
Es ist unstrittig, dass der Holocaust ohne die langjährige gedankliche Vorbereitung nicht möglich gewesen wäre. Wohin wird die Islamkritik führen? Die muslimische Frage muss ja irgendwie gelöst werden. Man weiß, dass sich die Geschichte nicht wiederholt. Zumal die Geschichte jeden offenen Ruf nach "Vernichtung" unterbindet. Aber man weiß auch, dass, wo der "der Kampf ums Dasein" voll entbrennt, die ganz sachlichen Begründungen und Legitimationen für den Massenmord nicht weit sind. Der innere gesellschaftliche Zusammenhalt verträgt keine weitere muslimische Zuwanderung, so das verbreitete Credo. In den vergangenen Wochen sind schätzungsweise 1.000 Schutzsuchende im Mittelmeer ertrunken. Ein Aufklärungsflugzeug und mehrere Schiffe, die die Menschen gemeinsam hätten retten können, wurden vom europäischen Grenzschutz an ihrer Mission gehindert. Die Schuldfrage stellt sich nicht. Die überwältigende Mehrheit der europäischen Bürger ist ja von der Notwendigkeit dieses Vorgehens überzeugt.
Dieser Text erschien zuerst auf dem Webportal "qantara.de".
- Teil 1: Einwanderung bedrohe Sicherheit und Wohlstand
- Teil 2: Zum Verhältnis von Antisemitismus und Islamfeindlichkeit