Stand: 14.06.2019 10:30 Uhr

Rechte im EU-Parlament nur an fünfter Stelle

von Ben Bolz und Katharina Schiele

Unter der Führung des italienischen Lega-Politikers Marco Zanni und der Beteiligung der deutschen AfD hat sich am Donnerstag eine neue Fraktion rechter Parteien im Europaparlament gegründet. Das Bündnis hat sich den Namen "Identität und Demokratie", kurz ID, gegeben und hat 73 von 751 Sitzen.

VIDEO: Vereinigte europäische Rechte: Wunsch oder Wirklichkeit? (8 Min)

Große rechte Fusion gescheitert

Die angekündigte große Fusion der rechten Parteien im EU-Parlament ist damit gescheitert. Im Wahlkampf erklärten Matteo Salvini und Jörg Meuthen noch, sie wollten die anti-europäischen Kräfte im Europäischen Parlament in einer neuen großen Gruppe vereinen. Die neue Fraktion ist zwar größer, da vor allem die Lega in Italien und die AfD ihr Ergebnis deutlich verbessern konnten, die Zersplitterung der europäischen Rechten aber bleibt bestehen. Parteien wie die ungarische Fidesz von Viktor Orban, die polnische PiS, die Brexit Partei von Nigel Farage, das niederländische Forum für Demokratie und auch die spanische VOX sind bislang nicht Teil der neuen Fraktion. So werden sich auch im neuen Parlament die rechten Parteien wohl auf mindestens drei verschiedene Fraktionen verteilen. Auch Salvinis Ziel, drittstärkste Fraktion zu werden, hat das Bündnis nicht erreicht. Die rechte Fraktion ist hinter den Grünen an fünfter Stelle.

Die neue Fraktion "Identität und Demokratie" entspricht im Kern der ehemaligen Fraktion "Europa der Nationen und der Freiheit" (ENF), deren größte Mitgliedsparteien Marine Le Pens Rassemblement National, die italienische Lega von Matteo Salvini sowie die österreichische FPÖ waren. Die einzige größere Partei, die nun neu dazu gestoßen ist, ist die AfD mit ihren elf Abgeordneten. Daneben sind noch einige kleine Parteien mit je ein oder zwei Sitzen dazugekommen. Insgesamt besteht die ID derzeit - genau wie die Vorgänger-Fraktion ENF - aus neun Parteien.

Inhaltliche Gräben

Der neue Fraktionsführer Marco Zanni erklärte auf der Pressekonferenz am Donnerstag, die Tür für interessierte Parteien sei weiterhin offen. Man gehe davon aus, dass noch weitere Partner dazu kommen. Und selbst wenn diese Parteien zu anderen Fraktionen gehörten, wolle man bei bestimmten Projekten zusammenarbeiten.

Die politische Zusammenarbeit jedoch könnte sowohl in der eigenen Fraktion als auch über Fraktionsgrenzen hinweg schwierig werden. Bei zentralen politischen Fragen wie der europäischen Finanzpolitik, Außenhandelspolitik, aber auch der außenpolitischen Ausrichtung gehen Gräben quer durch das rechte Lager.

Weitere Informationen
Ingeborg Gräßle © NDR Foto: Screenshot
2 Min

"Sie werden Krawall machen, aber inhaltsleer sein"

CDU-Politikerin Ingeborg Gräßle redet über die inhaltlichen Konflikte rechter Parteien. Die Erfolgschancen eines neuen Bündnisses schätzt sie als gering ein. 2 Min

Marcus Pretzell © NDR Foto: Screenshot
2 Min

"Es gab ein Zeitfenster, das ist vergangen"

Marcus Pretzell über die "nicht ganz neue Idee" einer geeinten europäischen Rechten und die Gründe für die Sprachlosigkeit zwischen ihm und seinen ehemaligen Parteikollegen von der AfD. 2 Min

Email aus dem AfD-Kreisverband Rosenheim © Screenshot

AfD-Wahlkampfhilfe: Neue Fälle aus Bayern

Wie von Panorama berichtet, erhält die AfD von einem Verein kostenlose Wahlkampfhilfe. Recherchen von "Kontrovers" vom Bayerischen Rundfunk belegen nun weitere Fälle. mehr

Plakat des "Verein zur Erhaltung der Rechtsstaatlichkeit und der bürgerlichen Freiheiten"

AfD: Interne Mails belegen heimliche Wahlkampffinanzierung

Illegale Parteienfinanzierung? Die AfD erhält kostenlose Wahlkampfhilfe vom "Verein zur Erhaltung der Rechtsstaatlichkeit und der bürgerlichen Freiheiten" - anders als von Parteichef Meuthen behauptet. mehr

AfD-Chefin Frauke Petry äußert sich in einer Videobotschaft

Vor dem Parteitag: Schlammschlacht bei der AfD

Interner Machtkampf in der AfD: Die Führungsebene kommuniziert fast nur noch über Videobotschaften, die Wähler müssen als Publikum für öffentlich ausgetragene Schlammschlachten herhalten. mehr

Angela Merkel beim EU-Gipfel am 8. März 2016 in Brüssel © picture alliance / dpa Foto: Stephanie Lecocq

Merkel will Europa retten: Wozu überhaupt?

Stacheldraht und Tränengas oder offene Grenzen - die Meinungen, wie Europa mit den Flüchtlingen umgehen soll, gehen auseinander. Die europäische Solidarität steht auf dem Spiel. mehr

Parteichef Bernd Lucke

Kandidat und Basis: Die AfD und ihre zwei Gesichter

Zuwanderung und ungerechte Lastenverteilung in Europa: Damit beschert Parteichef Lucke der AfD regen - und vor allem rechten - Zulauf. Doch davon will er nichts hören, sieht sich als Medienopfer. mehr

Rechtsnational aus ganz Europa treffen sich im im thüringischen Kirchheim

Europawahl: Rechte machen mobil

Seit die Drei-Prozent-Hürde für die Europawahl gefallen ist, macht sich die NPD Hoffnung auf den Einzug ins Europäische Parlament - zusammen mit gleichgesinnten Rechtsnationalen. mehr

EU-Flaggen vor dem Verwaltungsgebäude der EU-Kommission in Brüssel. © CC BY 2.0 Foto: Sébastien Bertrand

Fürstlich: Die Privilegien der EU-Beamten

Wer bei der EU arbeitet, kommt in den Genuss zahlreicher Privilegien. Doch selbst die EU-Kommission merkt, dass die Fürsorge für ihre Beamten den Rahmen zu sprengen droht. mehr

Downloads

Vereinigte europäische Rechte: Mehr Wunsch als Wirklichkeit?

Der Panorama-Beitrag vom 25. April 2019 als PDF-Dokument zum Download. Download (113 KB)

Dieses Thema im Programm:

Das Erste | Panorama | 25.04.2019 | 21:45 Uhr

Schlagwörter zu diesem Artikel

Europa-Politik

Rechtsextremismus

AfD

Panorama 60 Jahre: Ein Mann steht hinter einer Kamera, dazu der Schriftzug "Panorama" © NDR/ARD Foto: Screenshot

Das Panorama-Archiv

Alle Panorama-Beiträge seit 1961: Stöbern im Archiv nach Jahreszahlen oder mit der Suchfunktion. mehr

Kalender © Fotolia.com Foto: Barmaliejus

Panorama-Geschichte

Als erstes politisches Fernsehmagazin ging Panorama am 4. Juni 1961 auf Sendung. Die Geschichte von Panorama ist auch eine Geschichte der Bundesrepublik Deutschland. mehr