AfD: Interne Mails belegen heimliche Wahlkampffinanzierung
Die AfD erhält kostenlose Wahlkampfhilfe vom "Verein zur Erhaltung der Rechtsstaatlichkeit und der bürgerlichen Freiheiten" - anders als bisher von Parteichef Jörg Meuthen behauptet. Im derzeit laufenden bayerischen Landtagswahlkampf nutzt die Partei Materialien des Unterstützervereins und hat diese auch aktiv bestellt. Das belegen Mails und Interviewaussagen, die Panorama, der Schweizer Wochenzeitung WOZ und ZEIT ONLINE vorliegen. Deshalb müsste die AfD die Spender nennen, denn die Geheimhaltung von solchen Parteispenden ist in Deutschland illegal. In den bisherigen Rechenschaftsberichten der AfD taucht die kostenlose Wahlkampfhilfe des Vereins nicht auf, und auch in aktuellen Interviews bestreiten AfD-Politiker eine solche Wahlkampfhilfe.
Kostenlose Deutschland-Kuriere für Kreisverband Rosenheim
Der Verein bzw. die gleichnamige Vorgängervereinigung hatte die AfD schon seit 2016 in verschiedenen Wahlkämpfen mit kostenlosen Wahlplakaten, Anzeigen und Zeitungen wie dem "Deutschland-Kurier" unterstützt. Werbemaßnahmen, die insgesamt mehrere Millionen Euro gekostet haben dürften. Der Vorsitzende des Vereins David Bendels gibt über konkrete Zahlen und über die Namen der Spender bisher keine Auskunft. Der AfD-Vorsitzende Jörg Meuthen hat immer wieder betont, dass die AfD mit dem Verein nichts zu tun hätte, zuletzt auch am 22. Juli 2018 im ARD-Sommerinterview: "Wir haben mit diesem Verein für Rechtsstaatlichkeit nie zusammengearbeitet. (...) Und wir sagen, wir kommen da in ein Fahrwasser rein, wo man uns den Vorwurf macht, das wäre illegale Parteienfinanzierung."
Mails belegen Wahlkampfhilfe
Die jetzt aufgetauchten Belege bringen die AfD nun aber in genau jenes Fahrwasser. Konkret geht es um Emails aus dem AfD - Kreisverband Rosenheim. Am 18. Juli 2018 etwa informiert der stellv. Kreisvorsitzende Christian Demmel seine Vorstandsmitglieder über das folgende Angebot des Vereins: "Der Herausgeber des Deutschland-Kuriers David Bendels bietet uns wie schon im letzten Jahr Wahlkampfunterstützung an: `Alle KVs [Kreisverbände, Anm. d. Red.] können gerne bei uns Gratisexemplare bestellen. Wir können Ihnen für den Landtagswahlkampf auch gerne wöchentlich 1.000 (oder mehr) Gratisexemplare zukommen lassen.´" Demmels schreibt weiter: "Ich würde hier gerne das Angebot nutzen und für unseren KV wöchentlich 1.000 Zeitungen an meine Adresse senden lassen."
Der AfD-Kreisvorsitzende Andreas Winhart aus Rosenheim wiederum bestellte schon am 28. Mai dieses Jahres den Deutschland-Kurier. "Servus Freunde, ich habe eben mit David Bendels telefoniert. Wir bekommen ab nächster Woche den Deutschlandkurier kostenlos zum Verteilen. Erst mal 500 Stück pro Woche, wenn wir mehr brauchen, müssen wir nur Bescheid geben."
Am 17. Juni 2018 orderte Andreas Winhart dann zusätzliche Exemplare: "Hallo Herr Bendels, wir würden gerne zukünftig statt 500 dann 1500 kostenlose Exemplare des Deutschland-Kurier bestellen."
Schon vergangenes Jahr kostenlose Exemplare des Deutschland-Kuriers
Andreas Winhart bestätigte im Interview mit Panorama, dass er von Ende Mai bis Ende August wöchentlich bis zu 1.500 Exemplare des Deutschland-Kuriers bestellt habe. "Wir haben das Angebot genutzt...Wir bezahlen nichts dafür, und 1.500 ist ja keine Menge, die wir als groß erachten." Die Deutschland-Kuriere seien von Ehrenamtlichen der AfD verteilt worden. Mehrere Bürger Rosenheims haben Panorama bestätigt, den Deutschland-Kurier in den vergangenen Monaten in ihren Briefkästen gehabt zu haben.
Winhart bestätigte zudem, dass der Verein den Kreisverbänden in Bayern schon im vergangenen Jahr kostenlose Exemplare des Deutschland-Kuriers angeboten hatte.
Schönberger: "Anhaltspunkte für eine Form von illegaler Parteienfinanzierung"
Für die Staatsrechtlerin Prof. Sophie Schönberger belegen die aufgetauchten Mails erstmals eine direkte Zusammenarbeit zwischen der AfD und dem Verein. "Durch diese Mails gibt es ja tatsächlich erstmals eine nachvollziehbare Verbindung zwischen dem Verein und der AfD. Das heißt nachvollziehbare Belege dafür, dass es Absprachen zur Wahlkampfunterstützung gab zwischen der AfD und dem Verein. Und das liefert zum ersten Mal sehr plausible Anhaltspunkte dafür, dass es sich um eine Form von illegaler Parteienfinanzierung handelt."
Die Unterstützung durch den Verein sei damit zumindest in diesem Fall als Spende zu werten und müsse im Rechenschaftsbericht der Partei veröffentlicht werden. Es besteht außerdem laut Prof. Schönberger der dringende Verdacht, "dass es sich hierbei um illegale Parteispenden handelt, weil es eben Strohmannspenden sein könnten." Dann müsste zum einen die Bundestagsverwaltung ermitteln, zum anderen wäre das aber auch ein Ansatzpunkt für die Staatsanwaltschaft, sagt die Staatsrechtlerin. In den bisherigen Rechenschaftsberichten der AfD taucht die kostenlose Wahlkampfhilfe des Vereins bisher nicht auf.
Meuthen: "Das sollte so nicht sein"
AfD-Parteichef Jörg Meuthen sagt zu der von Panorama belegten Zusammenarbeit zwischen Partei und Verein in Bayern: "Das sollte so nicht sein. Wenn der Kreisverband Rosenheim das gemacht haben sollte, was ich nicht weiß, ist das ein Fehler. Sie können aber davon ausgehen, dass in allen meinen Veranstaltungen, wo der Deutschland-Kurier auftaucht, ich den jeweils entfernen lasse. Weil es einen Eindruck erweckt, als würde das eine mit dem anderen zusammenhängen. Und das tut es nicht."
David Bendels, der Vorsitzende des "Verein zur Erhaltung der Rechtsstaatlichkeit und der bürgerlichen Freiheiten", wollte sich zu den Vorwürfen nicht konkret äußern: "Über unsere Empfänger und Leser geben wir aufgrund der deutschen Datenschutzgesetzgebung grundsätzlich keine Informationen heraus."
Der stellv. Kreisvorsitzende der AfD-Rosenheim Christian Demmel bestritt gegenüber Panorama, jemals Kontakt zu David Bendels gehabt zu haben und Ausgaben des Deutschland-Kuriers bestellt zu haben.
Die Bundestagsverwaltung prüft derzeit auf Anfrage die neuen Vorwürfe.