Rechter Schulterschluss: Der Grenzgang der AfD
Die Forderung aus Politik und Öffentlichkeit nach einer Beobachtung der AfD durch den Verfassungsschutz wird lauter. Die AfD zeigt sich entrüstet, liefert aber selbst immer wieder neue Argumente, die eine Beobachtung rechtfertigen könnten.
Rechtes Netzwerk
In Chemnitz marschierten zuletzt führende AfD-Politiker gemeinsam mit Pegida-Chefs und knallharten Neonazis. Seit vergangener Woche stufen die Verfassungsschützer in Niedersachsen und Bremen die Jugendorganisation der AfD als rechtsextrem ein, in Thüringen wird die AfD als "Prüffall" vom Verfassungsschutz beobachtet. Auch die Behörden anderer Bundesländer schauen derzeit ganz genau hin, ob die Partei nicht ein Fall für den Verfassungsschutz ist. Vor allem die Vernetzung mit anderen rechten und rechtsextremen Gruppen bereitet den Sicherheitsbehörden Sorgen - sie prüfen, ob die Partei verfassungsfeindlich auftritt. "Wir gucken uns sehr genau an, ob irgendwann die Schwelle dazu überschritten sein wird", sagt Anja Domres vom Hamburger Verfassungsschutz. Derzeit führt die Behörde in Hamburg die AfD nicht als extremistische Organisation.
Empörung bei der AfD
Doch Verbindungen ins rechtsextremistische Lager gibt es auch im Norden. Als in der vergangenen Woche knapp 180 Menschen zu einer Versammlung unter dem Motto "Merkel muss weg" in Hamburg kommen, sind auch AfD-Mitglieder dabei. Die Veranstalter der Kundgebung werden vom Verfassungsschutz der rechtsextremen Szene zugerechnet. Das hindert auch Funktionäre der Partei aus Mecklenburg-Vorpommern nicht, an der Kundgebung teilzunehmen. Einer der beiden AfD-Chefs aus Mecklenburg-Vorpommern, Dennis Augustin, steht sogar als Redner auf der Bühne. Ob seine Partei vom Verfassungsschutz beobachtet werde, sei ihm gleichgültig. "Denn als Landessprecher der AfD in Mecklenburg-Vorpommern kann ich ruhigen Gewissens sagen: Sollen sie uns bespitzeln, sollen sie uns doch aushorchen. Sie werden nämlich nichts anderes feststellen, als dass wir auf dem Boden des Grundgesetzes stehen."
Auch der mecklenburgische AfD-Landtagsabgeordnete Christoph Grimm ist zu der Kundgebung, die von Rechtsextremisten organisiert wird, angereist. Schon in Chemnitz beim "Trauermarsch" von Pegida und AfD war er dabei. Neonazis habe er dort nicht gesehen, sagt Grimm. Es störe ihn nicht, dass der Verfassungsschutz vor der "Merkel muss weg"-Kundgebung warnt. Er habe das Gefühl, dass der Verfassungsschutz "instrumentalisiert" werde, "um die Leute abzuhalten, zu dieser Demo zu gehen".
Rechtsextreme mit dabei
Viele Demonstranten bei der "Merkel muss weg"-Kundgebung wollen nicht als rechtsextrem gelten. Unter den Teilnehmern kann Panorama 3 jedoch mehrere bekannte Rechtsextremisten ausmachen. So nahm etwa der ehemalige Hamburger NPD-Chef Torben Klebe an der Kundgebung auf dem Gänsemarkt teil. Auch die Rechtsextremistin Imke Barnstedt aus Oldenburg kam zur "Merkel muss weg"-Kundgebung. Barnstedt saß in der Führung einer Organisation, die zu einem Vereinsgeflecht gehörte, das das Bundesinnenministerium 2008 als "Sammelbecken organisierter Holocaust-Leugner" verboten hat. Außerdem sind bei der "Merkel muss weg"-Kundgebung in Hamburg mehrere stadtbekannte Neonazis aufgetaucht. Einer dieser Rechtsextremisten greift am Ende sogar einen Reporter von Panorama 3 an. Auf dem Hamburger Gänsemarkt standen AfD-Mitglieder Seite an Seite mit gewaltbereiten Neonazis. Angesichts solcher Bilder sollten Verfassungsschützer eine mögliche Beobachtung der AfD ernsthaft prüfen.
Die AfD in Mecklenburg-Vorpommern habe "zum Teil rechtsextremistische Züge", warnt Ministerpräsidentin Manuela Schwesig von der SPD. Die Funktionäre würden sich nicht klar von der rechtsextremen Szene abgrenzen, so Schwesig am Dienstag gegenüber Panorama 3. Vielmehr würden sie - wie bei der Hamburger "Merkel muss weg"-Kundgebung - "gemeinsame Sache" mit Verfassungsfeinden machen. Diese Nähe von Rechtsextremisten und AfD-Funktionären sei gefährlich.