Stand: 05.08.2016 13:23 Uhr

Freispruch für Holocaust-Leugner

von Julian Feldmann

Der NPD-Politiker Hans Püschel ist vom Vorwurf der Volksverhetzung freigesprochen worden, wie erst jetzt bekannt wurde. In zwei Instanzen war Püschel schuldig gesprochen worden, Nazi-Verbrechen verharmlost zu haben. Das Oberlandesgerichts Naumburg an der Saale urteilte im Oktober vergangenen Jahres jedoch zugunsten des Rechtsextremisten und hob damit die Urteile auf.

Hintergrund waren Äußerungen des NPD-Fraktionschefs im Burgenlandkreis (Sachsen-Anhalt), in denen er den Holocaust leugnet. So hatte er etwa in einem Beitrag mit dem Titel "Auschwitz, Majdanek - wann platzt die nächste Lüge?" geschrieben: "Für mich steht fest: Die seit Kindesbeinen gelernten deutschen Verbrechen sind Lügen!"

Holocaust als "Mär und Mythos" bezeichnet

Den Holocaust bezeichnete Püschel in einem Gedicht als "Mär" und "Mythos". Die Naumburger Richter sprachen den 67-Jährigen frei, weil diese Äußerungen aus ihrer Sicht auch eine Interpretation zuließen, der kein volksverhetzender Charakter beigemessen werden könne. Wer etwas als "Mär" und „Mythos“ bezeichnet, würde es nicht zwangsläufig als unwahr darstellen, heißt es in der Urteilsbegründung.

VIDEO: Wohltäter Hitler: Besuch bei Auschwitz-Leugnern (10 Min)

 

Weitere Informationen

Holocaust-Verharmloser: Freispruch für NPD-Funktionär Hans Püschel

Hans Püschel relativiert den Holocaust, indem er die Zahl jüdischer Opfer infrage stellt. Sachsen-Anhalts oberste Richter sehen darin "kein verharmlosendes Herunterrechnen". Historiker sind empört. extern

Eigenwillige Auslegung des Volksverhetzungs-Paragraphen

Laut des Volksverhetzungs-Paragraphen ist es verboten, nationalsozialistische Verbrechen zu leugnen und zu verharmlosen. Die eigenwillige Auslegung von Püschels Holocaust-Relativierungen durch das höchste Gericht Sachsen-Anhalts wird daher mit Sorge betrachtet. Josef Schuster, Vorsitzender des Zentralrats der Juden, hält die Entscheidung für gefährlich, weil damit der Volksverhetzung freier Raum gegeben werde. Rechtsextremismus-Experten wie David Begrich vom Verein "Miteinander" sehen ein "fatales Signal an das Milieu der Holocaust-Leugner und -Verharmloser". "Wer wie Püschel den Holocaust als Mythos bezeichnet, verfolgt ganz offenkundig das Ziel, diesen zu verharmlosen oder zu leugnen", so Begrich.

Vor laufender Kamera NS-Verbrechen relativiert

Panorama hatte über eine Veranstaltung von Püschel mit der Holocaust-Leugnerin Ursula Haverbeck berichtet. Auch bei NPD-Veranstaltung in Naumburg-Saaleck hatte Püschel wie auch Haverbeck die Verbrechen der Nationalsozialisten relativiert - vor laufender Kamera. Die Staatsanwaltschaft Halle hatte daraufhin Ermittlungen gegen Püschel und Haverbeck aufgenommen, stellte die Strafverfahren gegen Püschel und Haverbeck aber Ende vergangenen Jahres ein.

Weitere Informationen
Ursula Haverbeck vor Anhängern © NDR

Holocaust-Leugnerin Haverbeck macht weiter

Obwohl gerade zu einer Freiheitsstrafe verurteilt, hat die Rechtsextremistin Haverbeck erneut den millionenfachen Mord an den Juden geleugnet. Im Publikum waren auch NPD-Politiker. mehr

Haverbeck mit Hennig © Screenshot

Holocaust-Leugner: Verboten - und trotzdem aktiv

Immer wieder wurden rechtsextreme Vereine, die Nazi-Verbrechen verharmlosen, verboten. Doch es besteht nach wie vor ein internationales Netzwerk von Holocaust-Leugnern, zu denen auch Haverbeck gehört. mehr

Ursula Haverbeck © Screenshot

Plattform für Holocaust-Leugner?

Für Ursula Haverbeck hat die Massenvernichtung der Juden nicht stattgefunden. Panorama dokumentiert hier umfangreich die Weltsicht einer Holocaust-Leugnerin. Warum? mehr

Norbert Frei

"Da kann man eigentlich nur den Kopf schütteln"

Wie kommen Rechtsextremisten dazu, eine seriöse Quellenedition als Beleg für die Nichtexistenz des Holocaust zu nehmen? Historiker und Herausgeber Norbert Frei im Gespräch mit Panorama. mehr

Hans Püschel und Ursula Haverbeck

Wohltäter Hitler: Besuch bei Auschwitz-Leugnern

Holocaust-Leugnerin Ursula Haverbeck und NPD-Politiker Hans Püschel versuchen mit bizarren Schlussfolgerungen und zynischen Kommentaren die Massenvernichtung der Juden zu negieren. mehr

Der ehemalige SS-Mann Oskar Gröning vor Gericht.

Holocaust-Leugner missbrauchen Gröning-Prozess

Ja, das Grauen ist wahr und es hat stattgefunden - so der ehemalige SS-Mann Gröning im Auschwitz-Prozess. Seine Aussagen sind eine schallende Ohrfeige für alle Holocaust-Leugner. mehr

Hans Püschel

Nach Holocaust-Äußerungen: NPD-Politiker Püschel freigesprochen

Das Oberlandesgericht Naumburg hat den NPD-Politiker Hans Püschel vom Vorwurf der Volksverhetzung freigesprochen. extern

Dieses Thema im Programm:

Das Erste | Panorama | 23.04.2015 | 21:45 Uhr

Panorama 60 Jahre: Ein Mann steht hinter einer Kamera, dazu der Schriftzug "Panorama" © NDR/ARD Foto: Screenshot

Das Panorama-Archiv

Alle Panorama-Beiträge seit 1961: Stöbern im Archiv nach Jahreszahlen oder mit der Suchfunktion. mehr

Kalender © Fotolia.com Foto: Barmaliejus

Panorama-Geschichte

Als erstes politisches Fernsehmagazin ging Panorama am 4. Juni 1961 auf Sendung. Die Geschichte von Panorama ist auch eine Geschichte der Bundesrepublik Deutschland. mehr